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Root: The Roleplaying Game €23,09
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Root: The Roleplaying Game
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Root: The Roleplaying Game
Verlag: Magpie Games
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 01/27/2022 02:56:45

https://www.teilzeithelden.de/2022/01/10/ersteindruck-root-the-roleplaying-game-magpie-games-gar-nicht-so-niedlich/

Ein geheimnisvoller Wald, bevölkert von putzig ausschauenden Fabelwesen - das erscheint wie das Setting eines Rollenspielsystems für Kinder. Doch in Root, basierend auf dem gleichnamigen Brettspiel, gibt es knallharte Abenteuer zu erleben, finstere Intrigen aufzudecken und sogar die Fraktionen eines Bürgerkriegs gegeneinander auszuspielen.

Das Brettspiel Root - A Game of Woodland Might and Right von Leder Games hat seit seinem Erscheinen 2018 etliche Preise gewonnen. Fans mögen das Strategiespiel wohl auch wegen seiner narrativen Elemente und dem bildschönen Artwork. Jetzt hat der Verlag in Kooperation mit dem Rollenspielverlag Magpie Games nach einer erfolgreichen Kickstarter-Kampagne 2020 ein Rollenspielsystem in der gleichen Spielwelt herausgebracht. Es heißt Root – The Roleplaying Game und kann bereits als PDF erworben und als Hardcover vorbestellt werden. Ich habe es mir für euch angesehen.

Die Spielwelt

Im Brettspiel zu Root- The RPG konkurrieren die Spielenden um die Kontrolle des so genannten "Waldlandes", das auch den Schauplatz für das darauf basierende Rollenspiel bietet. Das Waldland ist ein ausgedehntes Forstgebiet, das von anthropomorphen Tieren bewohnt wird: Vögeln und Eichhörnchen, Dachsen, Waschbären und anderen kleinen Wesen des Waldes. Sie sind dabei allerdings ausgestattet mit menschlicher Intelligenz, der Fähigkeit, Werkzeuge und Waffen zu benutzen, Kleidung und Rüstungen zu tragen und eine mehr oder weniger komplexe Kultur aufrechtzuerhalten. Menschen gibt es in dieser Welt nicht. Wir befinden uns im Bereich der Fabeln: Die Frage, ob ein Vogel Hände hat oder wie ein Fuchs eine Armbrust bedienen kann, ist im Zweifelsfall nicht allzu wesentlich. Die Tiere leben in den sogenannten Lichtungen, kleinen Städtchen oder Dörfern, die miteinander durch in den Wald geschlagene Pfade verbunden sind.

Trügerische Niedlichkeit: Auf die Charaktere in Root warten knallharte Abenteuer.

Man kann diese Welt als "Mittelalter mit einem Hauch von Steampunk und Fantasy" beschreiben: Im dichten, düsteren Forst jenseits der Lichtungen stehen zwar überwucherte Ruinen, die uralte Geheimnisse bergen und es lauern Gefahren, die nicht immer von dieser Welt erscheinen, aber er strotzt keinesfalls so vor Magie wie man es von High-Fantasy-Settings gewöhnt ist. Eher muss man sich dort vor Banditen und wilden Bären fürchten. Ebenso gibt es zwar schon Institutionen und Individuen, die mit Geschick und den richtigen Materialien hochkomplexe Maschinen bauen können, aber im Industriezeitalter ist die Gesellschaft des Waldlandes allgemein noch nicht angekommen. Ein Setting mit technologischen und fantastischen Grenzen also, die im Spiel auf vielfältige Art ausgelotet werden können.

Die Niedlichkeit der Illustrationen (siehe unten) ist trügerisch: Der Hintergrund, vor dem Root spielt, ist eine vom Bürgerkrieg zerrissene Gesellschaft, in der Zivilist:innen nur Spielball der Mächtigen sind, die miteinander um die absolute Kontrolle des Waldlandes ringen. Auf einer Seite stehen die "Dynastien der Eyrie", verschiedene Clans von Vögeln, die einst die Herrscher waren, sich aber immer wieder durch Putsche und Revolten gegenseitig vom Thron stießen und letztlich in internen Machtkämpfen untergingen. Nun planen sie ihre Rückkehr an die Macht. Auf der anderen Seite eine Invasion von technisch fortgeschrittenen, kolonialistischen Katzen, die es auf die Ressourcen des Waldlandes abgesehen haben. Dazwischen stehen eine Fraktion selbsternannter Freiheitskämpfer:innen, die ihre eigene Agenda verfolgt, und die Zivilbevölkerung, die unter all dem natürlich am meisten leidet.

Auch die SC sind nicht im klassischen Sinne Held:innen. Vielmehr sind sie Ausgestoßene, Abenteuersuchende und Heimatlose. Sie fühlen sich keiner der sich bekriegenden Fraktionen zugehörig, passen aber auch nicht in die zivile Gesellschaft. Sie haben besondere Fähigkeiten, die sie prädestinieren, außergewöhnliche und gefährliche Aufträge für verschiedene Seiten zu erledigen, dabei möglicherweise zwischen die Fronten zu geraten und dennoch mit heilem Pelz, Schuppen oder Federn herauszukommen - eine gewisse Ähnlichkeit dieser Prämisse zu der von Shadowrun sticht trotz der gänzlich unterschiedlichen Spielwelt ins Auge.

Ein Wald voll putziger Tierwesen und ein von ständigem Bürgerkrieg geplagter, gescheiterter Staat, in dem zähe Antiheld:innen teilweise zweifelhafte Abenteuer erleben: Die beiden kontrastierenden Seiten des Settings sind nur scheinbar unvereinbar. Allgemein ist die Spielwelt stimmig beschrieben und die Fabelumgebung nimmt dem doch recht düsteren Bürgerkriegsszenario soweit die Schärfe, dass man Lust bekommt, darin zu spielen.

Die Regeln

Das Regelsystem von Root ist narrativ. Die Spielleitung ist angehalten, Situationen zu beschreiben und den Spielenden die Gelegenheit zu geben, ihre Aktionen und Reaktionen entsprechend zu gestalten. Das Regelbuch nennt dies "Die Konversation". Es wird detailreich und teilweise an Beispielen beschrieben, was eine Rollenspielsituation ausmacht und wie sie gelöst werden kann. Das ist für "alte Hasen" zwar etwas ermüdend zu lesen, aber für Rollenspielneulinge, die etwa vom Brettspiel zu Root - The RPG gekommen sind, kann das nützlich sein. Wenn doch einmal gewürfelt werden muss, was nur dann passiert, wenn Spielende eine unsichere Aktion ansagen - die SL würfelt nicht, sondern entscheidet, was passiert - kommen 2W6 zum Einsatz, deren Augen zusammengezählt werden. Grundsätzlich zählt jedes Ergebnis ab 7 oder höher als Erfolg, jedoch ist auch hier ein narratives Element dabei: Man kann die Ergebnisse auch eher als eine Art Spektrum begreifen, wobei gilt, je höher die geworfene Augenzahl, desto besser ist auch das Ergebnis für die würfelnde Person.

Die verschiedenen Aktionen, die Spielende ansagen können, um eine Situation zu lösen, werden "Moves" genannt. Jeder Charakter hat einige Moves, die ihm speziell liegen (und die in den zugehörigen "Playbooks" zu finden sind, siehe unten), es gibt aber auch allgemeinere, wie etwa "einen NSC täuschen" oder "eine Situation einschätzen". Obwohl die meisten Situationen narrativ gelöst werden, liegt doch eine recht ausführliche Liste von Moves als Handreichung für die Spielleitung bei. Somit wäre das Regelwerk auch für Neu-SLs geeignet.

Die Regeln sind allgemein verständlich und nachvollziehbar beschrieben, auch wenn manche davon in der Charaktererschaffung schon vorgegriffen werden, was unnötiges Blättern verursacht.

Charaktererschaffung

Jeder SC im Spiel basiert auf einem so genannten "Playbook", einem individuell vorgegebenen, zweiseitigen Charakterblatt. Jedes Playbook entspricht einer Art Archetyp, von denen neun im Buch vorgegeben sind. Jedes Playbook darf nur einmal verwendet werden, damit die "Vagabund:innen" also die Charaktere, sich in der Gruppe optimal ergänzen. Über diese Aufgabenverteilung hinaus können die Charaktere aber durchaus individualisiert werden. Die Playbooks bieten die Möglichkeit, nicht nur Name, Spezies, Geschlecht und Aussehen des Charakters festzulegen, sondern auch individuelle Eigenschaften, Fähigkeiten, Motive und Beziehungen. Jeder Charakter hat fünf Eigenschaften: Charm (Charme), Cunning (etwa: Schlauheit), Finesse (Geschick), Luck (Glück) und Might (etwa: Stärke), von denen je eine einen Bonus von +2, eine einen von +1 und eine einen Malus von -1 bekommt, je nachdem, welches Playbook gespielt wird. Dazu wird noch ein weiterer +1 Bonus auf eine Eigenschaft nach Wahl vergeben. Diese Boni bzw. Mali werden dann wichtig, wenn im Spiel die 2W6 gewürfelt werden. Die Spielleitung entscheidet, welche Eigenschaft für die Aktion der:des Spielenden passend ist.

Das Buch empfiehlt, bei der ersten Sitzung ein bis zwei Stunden Zeit für die Charaktererschaffung einzurechnen. Dies erscheint allerdings ziemlich großzügig, zumindest für Rollenspiel-Erfahrene. Hier zeigt sich wieder, dass das System auch für Neuzugänge in der Rollenspielwelt entworfen zu sein scheint - etwa für Fans des Brettspiels, die sich dadurch haben inspirieren lassen. Dafür gibt es allerdings einige Spezialbegriffe wie beispielsweise "Depletion" für endliche Ressourcen, die die Charaktere mit sich tragen, die sowohl neue Spielende als auch alte Häschen verwirren können.

Erscheinungsbild

Wie bereits erwähnt, sind die Hauptfiguren dieser Welt - SC wie NSC - kleine Waldtiere wie Vögel, Füchse, Mäuse, Katzen und Kaninchen, die in den Wald ziehen, um Abenteuer zu erleben, kämpfen oder Handel und Handwerk zu treiben. Daran lässt sich vielleicht erahnen, wie überaus putzig die Illustrationen von Kyle Ferrin im gesamten Regelbuch sind. Das Artwork hält sich im Stile des Brettspiels und ist im Gegensatz zu den teilweise düsteren Thematiken der Spielwelt durchgehend hell und freundlich, auch wenn die dargestellten Charaktere mit Schwert oder Armbrust hantieren. Das Buch ist nicht mit Illustrationen überfrachtet, aber ausreichend und wunderschön bebildert. Auch das textliche Layout des PDFs ist generell lesefreundlich und bildhübsch gestaltet. Es liegen einige individualisierbare Karten des Waldlandes in verschiedenen Jahreszeiten bei.

Bisher ist die Hardcover-Version nur vorzubestellen, allerdings kündigt Magpie Games bereits eine Deluxe-Ausgabe im Schuber an - und die Gestaltung macht schon Lust darauf.

Fazit

Shadowrun im Märchenwald - das mag dramatisch klingen, aber so könnte man das Rollenspiel zum mehrfach preisgekrönten Brettspiel Root tatsächlich beschreiben. Seine Charaktere mögen zwar Fabelwesen von großer Putzigkeit sein, aber die Welt, in der sie leben ist alles andere als idyllisch. Vielmehr ist sie eine Bürgerkriegszone, in der verschiedene Fraktionen erbittert um die Vorherrschaft kämpfen, und in deren dunklen Wäldern noch dazu ganz andere Gefahren lauern. Dementsprechend sind auch die SC eher Antiheld:innen, die gerne auch einmal Aufträge von zweifelhafter Moral annehmen. Wir befinden uns dabei im Land der Fabeln: Die Einwohner:innen des Waldlandes sind anthropomorphe Versionen kleiner Waldtiere, die in einer quasi-mittelalterlichen Gesellschaft leben. Allerdings sollte das niemanden aufhalten, der sich knallharte Action wünscht, denn auch die kann die Spielwelt bieten. Das Regelsystem ist narrativ und leicht verständlich und das Artwork durchgehend so schön, dass das PDF schon Lust macht, das Hardcover zu erwerben. Klare Empfehlung!

Dieser Ersteindruck basiert auf der Lektüre von Grundregelwerk und zusätzlichem Spielmaterial (Karten, Charakterbögen bzw. Playbooks). Ein Spieltest ist geplant.



Wertung:
[5 von 5 Sternen!]
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