Horror im Amerikanischen Bürgerkrieg - eine Mephisto Rezension
Das Weinen der Frau aus den Hügeln
Auch wenn die 1920er das Standardsetting für Cthulhu sind, wird der Kampf gegen die Großen Alten und ihre Diener in vielen Epochen ausgetragen. In Das Weinen der Frau aus den Hügeln wird daher der übliche Hintergrund durch einen Ausflug ins Amerika zur Zeit des Amerikanischen Bürgerkriegs ersetzt. Das Abenteuer vor diesem Hintergrund besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil geht es darum, dass die Spielercharaktere per Schiff von Europa aus die amerikanischen Südstaaten erreichen. Im zweiten Teil besuchen sie mit Freunden deren Plantage und treten der Armee der Südstaaten bei, um erste Gefechte gegen den Norden auszufechten. Das dritte Abenteuer führt zu einer weiteren großen Schlacht mit stark veränderten Bedingungen und konfrontiert die Spielercharaktere sehr konkret mit dem cthuloiden Grauen, das zuvor eher im Hintergrund gelauert hat. Mehr soll über den Inhalt nicht verraten werden.
Interessanterweise warnt bereits das Vorwort, dass dieser Abenteuerband für Cthulhu untypisch ist und als Experiment auch die historische Simulation des Amerikanischen Bürgerkriegs versucht. Im Kern des Abenteuers steckt außerdem eine interessante Idee, die den Mythos über irischen Aberglauben mit dem Bürgerkrieg verbindet. Zudem liefert das Buch in der Einleitung ein paar Hinweise, wie die Charaktere für diese ungewöhnliche Epoche zu modifizieren sind. Während der grundsätzliche Verlauf des Abenteuers stimmig ist, sind insbesondere in den ersten beiden Teilen die Mythos-Aspekte eher zufällig und stehen gegenüber dem Bürgerkriegssetting sehr im Hintergrund. Dafür wird im dritten Teil der Mythos recht brachial entfesselt. Tatsächlich gehen die Abenteuer sehr detailliert auf einzelne Aspekte des Bürgerkriegs und dessen Schlachten ein. Der Fokus liegt oft auf diesen Kampfszenarien. So steht im Grunde genommen im Mittelpunkt jedes Abenteuers eine Schlacht – mal eine Seeschlacht und dann eine Feldschlacht, die extrem detailliert und mit komplexen Regeln ausgearbeitet sind. Im dritten Szenario werden die Vorbereitungen auf eine Schlacht, die sich über einige Tage hinziehen, auf insgesamt acht Seiten beschrieben. Zudem habe ich als Leser oftmals das Gefühl gehabt, dass die Spielercharaktere eher Zuschauer bzw. Statisten in den historischen Ereignissen sind. Entsprechend erscheint ihr Handlungsspielraum begrenzt– oder hängt komplett von ihrer Eigeninitiative ab.
Auch wenn ich die Idee des Settings und auch die Grundidee der Kombination mit dem Mythos durchaus interessant fand, liegt das Thema Bürgerkrieg und insbesondere die Details der Schlachten und beteiligten Personen mir so fern, dass mich die Ausarbeitung nicht in den Bann ziehen konnte. Zu haarklein werden die Kämpfe in historische Details heruntergebrochen, und zu oft hatte ich das Gefühl, dass ich erwähnte Personen besser kennen sollte, um den Kontext zu verstehen.
Wie das Vorwort dieses Buch schreibt, ist dieses Abenteuer ein Experiment, was für mich allerdings nicht funktioniert hat. Hier darf man die Warnung durchaus ernst nehmen: Wer mit dem Amerikanischen Bürgerkrieg nichts anfangen kann, wird auch mit diesem Band nichts anfangen können. Ich vermute allerdings des Bürgerkriegsenthusiasten in dieser Ausarbeitung genau die historischen Details finden, die sie suchen.
(Björn Lippold)
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