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The Witcher Pen & Paper RPG
Publisher: R. Talsorian Games Inc.
by Roger L. [Featured Reviewer]
Date Added: 04/16/2019 15:50:13

https://www.teilzeithelden.de/2019/03/16/ersteindruck-the-witcher-trpg-abenteuer-in-der-welt-des-hexers/

Die Videospielreihe rund um Geralt den Hexer gilt als Vorzeigestück des Rollenspiel-Genres und hat die düstere Fantasywelt aus der Feder des polnischen Autors Andrzej Sapkowski weltberühmt gemacht. Jetzt wagt sich Publisher CD Project Red mit dem Witcher-Franchise auf das Pen & Paper-Parkett.

Krieg, Rassismus, Pogrome, Intrigen, Verrat, Raub, Mord und Totschlag – der Einband des Pen & Paper-Grundregelwerks zu The Witcher lügt nicht, wenn er „adventures in the dark and dangerous world of the witcher“ verspricht.

Die Spielwelt Die Welt des Hexers präsentiert sich im Buch, wie sie im letzten Teil der populären Videospielreihe, The Witcher 3 – Wild Hunt, zu sehen ist: Der dritte Nilfgaardische Krieg ist in vollem Gange und die ewig zerstrittenen nördlichen Königreiche liegen im Krieg mit dem riesenhaften Imperium, das sich von Süden her unerbittlich ausbreitet. Hunger und Not haben die Landbevölkerung fest im Griff. Kriegsbanden, Marodeure und Banditen machen das Land unsicher. Rassismus, Hass und Gewalt gegen alles, was nicht menschlich oder sonst irgendwie übernatürlich ist, grassieren. Vor allem einige Elfen und Zwerge wehren sich verbissen. Sie führen einen erbarmungslosen Guerillakrieg gegen die Menschen und machen dabei auch vor brutaler Gewalt gegen Zivilisten keinen Halt.

Die Botschaft ist deutlich: Das wahre Monster ist oft genug der Mensch (oder auch der Elf, Zwerg oder Halbling) selbst. Aber auch an wortwörtlichen Monstern herrscht inder Welt des Hexers kein Mangel: Diverse Bestien, Geister und Dämonen suchen das Land und seine Bewohner heim. Zum Schutz der Menschheit gibt es deshalb die Hexer: Zaubermächtige Mutanten, die als fahrende Monstertöter durchs Land ziehen und mit Silberschwert, Zaubertränken und Hexerei den Ungeheuern den Garaus machen – gegen Bezahlung, versteht sich.

Artwork aus The Witcher TRPG © R. Talsorian Games Es ist eine Welt der Grauschattierungen, in der echte Helden und Sympathieträger selten sind. Gerade dieser Mangel an genretypischer Schwarz-Weiß-Malerei und der oft fehlende klare moralische Kompass machen den Reiz der Witcher-Welt aus. Das Regelwerk selbst bringt es auf den Punkt: „This isn’t epic fantasy“. Wie die Geschichten um dem Hexer Geralt, Yennefer, Ciri, Rittersporn und Konsorten soll sich das Spiel hauptsächlich um das Überwinden persönlicher Probleme der Helden drehen, nicht unbedingt um die Rettung des Königreichs.

Die große Politik und Ereignisse von epischen Ausmaßen dienen der Geschichte eher als Kulisse denn als eigentlicher Inhalt. Dieser Spielstil ist allerdings nur als Empfehlung der Autoren zu verstehen, nicht als Zwang. Das Regelwerk gewährt große spielerische Freiheit – Eine Kampagne mit gänzlich anderen Schwerpunkten ist definitiv möglich.

Regeln Mit R. Talsorian Games hat sich CD Project Red (CDPR) die Spieleschmiede ins Boot geholt, die vor allem für das immer noch recht bekannte Cyberpunk 2020 berühmt ist. Dessen Videospiel-Adaption Cyberpunk 2077 ist derzeit bei CDPR in Arbeit – die Auswahl genau dieses Partners wundert daher wenig. Die Autoren Cody und Lisa Pondsmith sind Sohn und Ehefrau von Cyberpunk-Schöpfer Mike Pondsmith, der auch selbst im Layout mitgewirkt hat.

Als Regelbasis dient eine stark überarbeitete, auf das Fantasy-Setting und die Witcher-Hintergrundwelt zugeschnittene Variante des Interlock-Systems, auf dem auch Cyberpunk 2020 beruht. Dabei gibt sich das Regelwerk viel Mühe, das Flair von The Witcher 3 aufzugreifen – vermutlich vor allem, damit sich Quereinsteiger aus dem Videospiel-Bereich wohl fühlen und schneller zurechtfinden. Hier und da wirkt das System dadurch etwas videospielartig, etwa bei der Ausrüstung.

Hier gibt es, wie bei vielen Videospiel-RPGs üblich, ein steil ansteigendes Macht-Niveau. Das billigste Schwert etwa verursacht 2W6+2 Punkte Schaden, das teuerste 6W6, seltene Artefakte sogar noch deutlich mehr. Während das Belohnungssystem von Loot-Junkies und Charakter-Optimierern hier stark angesprochen wird, kommen Fans von fantastischem Realismus und ausgefeiltem Balancing eher nicht auf ihre Kosten.

The Witcher verwendet ausschließlich sechs- und zehnseitige Würfel. Selten werden mithilfe von zwei Zehnseitern auch Prozentwürfe simuliert. Das Regelsystem basiert auf neun Attributen und einer Reihe von Fertigkeiten, normalerweise jeweils mit einem Wert von 0 bis 10, die zu einem Basiswert zusammengezählt werden. Bei Proben wird ein W10 gewürfelt und zum Basiswert addiert. Die erwürfelte Gesamtsumme wird dann mit einem vom Spielleiter festgelegten Schwierigkeitswert – oder aber, bei direkter Konfrontation, mit dem Ergebnis des Kontrahenten – verglichen.

Ist der erzielte Wert höher als die festgelegte Schwierigkeit oder das gegnerische Ergebnis, gelingt die Probe. Das Talent-System in The Witcher ist breit aufgestellt und erlaubt es, alle möglichen alltäglichen Fähigkeiten abzubilden. Für eine minutiöse Alltagssimulation reicht die Auswahl nicht unbedingt, trotzdem ist das System definitiv weit mehr als ein Dungeon Crawler und es lassen sich damit alle möglichen Arten von Kampagnen gestalten.

Wie Cyberpunk 2020 ist auch The Witcher ein klassenbasiertes System mit insgesamt neun spielbaren Klassen: Barde, Handwerker, Krimineller, Arzt, Zauberer, Krieger, Händler, Priester und Hexer (jeweils sinngemäß übersetzt). Jede Klasse hat eine exklusive Fertigkeit und Zugriff auf einen kleinen Talentbaum mit weiteren zur Profession passenden Spezialfähigkeiten. Ein Klassenwechsel oder Mehrfach-Klassen sind, jedenfalls im Grundregelwerk, nicht vorgesehen.

Die spielbaren Spezies im Grundregelwerk sind Mensch, Elf, Zwerg und Hexer. Jede Spezies hat spielrelevante Eigenschaften und Boni. Die Auswahl ist frei, anders als bei anderen bekannten Systemen müssen keine Punkte oder andere Ressourcen ausgegeben werden, um eine bestimmte Spezies spielen zu dürfen. Andere Spezies oder Mischlinge wie Halbelfen sind vorläufig nicht spielbar, mit der ersten Erweiterung Lords and Lands sind aber Halblinge als neue spielbare Spezies angekündigt.

Charakterbau Die Charaktererschaffung in The Witcher ist einfach und unbürokratisch gehalten. Wenn man einigermaßen konzentriert vorgeht, ist eine Charaktererschaffung auch ohne Vorerfahrung ungefähr in einer Stunde zu schaffen. Der Spieler wählt zunächst Geschlecht, Spezies und Herkunft seines Charakters aus. Der folgende Schritt ist ungewöhnlich, macht aber einen besonderen Reiz des Systems aus: Der Spieler erwürfelt den persönlichen Hintergrund und Werdegang seines Charakters, angefangen bei der Familiensituation über die Kindheit, das Beziehungs- und Liebesleben und prägende Ereignisse seines bisherigen Lebens. Darunter können sowohl Glücksfälle als auch Rückschläge sein.

So kann ein Charakter beispielsweise mit Schulden, einem Todfeind oder auch einer Suchtkrankheit ins Spiel starten, aber auch mit Beziehungen, mehr Startkapital oder verbesserten Fertigkeiten. Der deprimierende Grundton der Witcher-Welt macht auch vor dem Lebenslauf-Generator nicht halt. Kaum ein so erschaffener Charakter kommt aus einer heilen Welt, hat zwei lebendige Eltern und nicht wenigstens eine Leiche im Keller. Oft ergibt sich daraus ganz von selbst das Grundgerüst für eine lebendige Hintergrundgeschichte und Anknüpfungspunkte für persönliche Plots und Storylines.

Es ist allerdings auch möglich und kann sehr frustrierend sein, wenn auf diese Weise ein Charakter mit nichts als Nachteilen ins Spiel startet, die sich teilweise recht stark auswirken können. Alle Schritte des Lebenslauf-Moduls sind, vielleicht gerade deshalb, optional. Wer seinen Charakter lieber etwas planvoller ausarbeiten will, kann auf das Auswürfeln einfach verzichten.

Im Anschluss folgt dann die Auswahl der Charakterklasse und die Verteilung von Attributs- und Fertigkeitspunkten. Jeder Charakter erhält festgelegte Punkte, die er verteilen kann. Welche Fertigkeiten gewählt werden können, hängt von der Charakterklasse ab. Jeder Charakter erhält aber zusätzlich auch Punkte für sonstige Fertigkeiten. Ein Händler kann so auch zum passablen Kämpfer, ein Krieger auch zum fähigen Dieb und ein Arzt auch zum passablen Handwerker ausgebaut werden.

Kampfsystem Das Kampfsystem ist schnell, schnörkellos und tödlich – Kämpfe dauern in der Regel nur wenige Kampfrunden und kommen ohne seitenweise komplexe Sonderregeln aus. Die Grundlage ist ein klassisches Hitpoint-System mit rudimentärem Trefferzonen-Modell. Ein einzelner glücklicher Treffer, selbst mit einer kleinen Waffe wie einem Dolch, kann einen Kampf bereits beenden und auch schwere Rüstung macht einen Charakter alles andere als unverwundbar. Der eigentliche Dreh- und Angelpunkt des Kampfsystems sind kritische Treffer. Wann immer ein Angriff deutlich besser gelingt als die entsprechende Verteidigung, landet der Angreifer einen kritischen Treffer.

Abhängig von der Qualität der Attacke und der getroffenen Trefferzone kann das ein verlorener Zahn, gebrochene Rippen, eine Gehirnerschütterung oder auch ein Schädelbasisbruch sein, schlimmstenfalls sogar der unmittelbare Verlust von Arm, Bein oder gar Kopf. Man erkennt den Versuch der Autoren, hier die „Finisher“-Moves aus The Witcher 3, mit denen Protagonist Geralt seine Gegner so bildgewaltig wie brutal verhackstückt, in das Spiel einfließen zu lassen.

Magie Das Magie-Kapitel ist überschaubar. Es gibt drei magische Klassen mit jeweils eigenen Zaubern: Magier, Priester und Hexer. Erstgenannte verfügen über Sprüche in verschiedenen Graden, Hexer bleiben auf die aus den Videospielen bekannten Hexer-Zeichen beschränkt. Ein Großteil der Sprüche sind Kampfzauber, es gibt aber durchaus auch eine Reihe von anderen nützlichen Zaubern wie etwa Heilung, Teleportation oder Geisteskontrolle. Darüber hinaus gibt es außerdem Rituale und „Hexes“ (Flüche), die bestimmte Vorbereitungen erfordern.

Eine Ressource wie Mana gibt es bei The Witcher nicht, gezaubert wird mit Ausdauer, die sich schnell regeneriert. Das führt dazu, dass Zauberer, verglichen mit anderen Systemen, ihre Magie sehr häufig einsetzen können. Wie beispielsweise bei Shadowrun riskiert ein Zauberer aber körperliche Verletzungen, wenn er beim Zaubern zu viel Kraft einsetzt.

Insgesamt 27 Seiten widmet The Witcher der Herstellung von Ausrüstung und alchemistischen Substanzen. Hinzu kommt, allerdings an anderer Stelle, ein kurzer Abschnitt zur Herstellung von Hexer-Ausrüstung und -Tränken und experimentellen Waffen wie Bomben und Fallen. Die Herstellungsregeln sind rudimentär und legen nur wenig Wert auf Immersion. Wie in der Videospiel-Vorlage braucht es den passenden Bauplan bzw. die Rezeptur und die nötigen Materialien, dann würfelt der Handwerker eine Probe und hat im Erfolgsfall das fragliche Ding hergestellt.

Großartige Ausführungen zu Herstellungsmethoden, Werkstätten oder ähnlichem gibt es nicht, die Spielmechanik steht im Vordergrund. Nahezu alles, was an Ausrüstung im Buch aufgeführt wird, kann etwa zu zwei Drittel des Ladenpreises hergestellt werden und das Regelwerk preist Crafting auch vor allem als Möglichkeit an, billiger an begehrte Gegenstände heran zu kommen. Außerdem können Handwerker Ausrüstungsgegenstände reparieren und auf spezielle Weise verbessern.

Durch den knappen, nüchternen Aufbau der Regeln fühlt sich das Ganze aber eher wie in einem Videospiel an: Nimm zwei Einheiten Eisen, eine Einheit Holz und zwei Einheiten Leder, würfle eine Probe und voilá, fertig ist das Schwert. Dank tragbarer Reise-Schmiede geht das sogar bequem unterwegs.

Material für Spielleiter Zusätzlich zu den Spielregeln umfasst das Grundregelwerk ein 31-seitiges Kapitel, das die Spielwelt näher vorstellt. Hier sind die wesentlichen Informationen übersichtlich und komprimiert zusammengestellt. Gerade für Witcher-Neulinge ist diese Spielhilfe sehr nützlich. Hinzu kommt auf 25 Seiten ein Leitfaden für Spielleiter, der SL-Neulinge an die Hand nimmt und eine Menge nützliche Tipps zum Leiten an sich und zum Aufbau von Abenteuern, Kampagnen und Rahmengeschichten liefert.

Die Spielleitersektion umfasst darüber hinaus eine Sammlung mit 20 ausgearbeiteten Gegnern, darunter die bekanntesten Monster, aber auch gewöhnliche Bedrohungen wie Wölfe oder Banditen. Dazu kommen einige Werte für häufige Tierarten. Auf längere Dauer dürfte diese Liste für abwechslungsreiche Abenteuer nicht ausreichen, für ein paar erste Ausflüge in die Welt des Hexers und den einen oder spannenden Hexer-Auftrag reicht die Auswahl aber allemal.

Zu guter Letzt enthält das Buch außerdem ein 7-seitiges, voll ausgearbeitetes Einsteiger-Abenteuer inklusive Karten und NPC, das gerade einer Neueinsteiger-Runde einen einfachen Einstieg ermöglichen soll.

Gestaltung und Erscheinungsbild Das Grundregelwerk von The Witcher kommt als A4-Hardcover in Vollfarbe mit 336 Seiten daher. Die Seiten sind glänzend gehalten, der Druck wirkt insgesamt wertig. Das Papier ist allerdings merklich dünner, als man es von preislich vergleichbaren Grundregelwerken gewohnt ist.

Das gesamte Buch ist randvoll mit Concept Art und Illustrationen aus den Witcher-Videospielen. Die Bilder sind fast durchweg sehr dekorativ und von guter Qualität, allerdings ist bei vereinzelten Illustrationen die Auslösung missglückt. So schön die Bilder aber sind, insgesamt wirkt die Illustration etwas sehr reichlich.

Ebenfalls enthalten sind eine rudimentäre Übersichtskarte des namenlosen Kontinents und eine leider unschön zurecht geschnittene Detailkarte der nördlichen Königreiche.

Das Layout wirkt insgesamt modern und gut strukturiert. Es gibt Randspalten mit hilfreichen Erläuterungen und farblich voneinander abgesetzte Kapitel zu den jeweiligen Themenbereichen. Außerdem hat das Regelwerk einen Index, der das Nachschlagen sehr erleichtert. Allerdings ist die Anordnung der einzelnen Kapitel hin und wieder nur schwer nachvollziehbar und Dinge, die eigentlich in einen Block gehören würden, sind auf verschiedene Stellen im Buch verteilt.

Außerdem finden sich im Layout hin und wieder größere Schnitzer, beispielsweise in der Größe verrutschte Textkästen. Wesentlich ärgerlicher ist, dass die erste Print-Auflage jede Menge inhaltliche Fehler aufweist, zu denen Talsorian bereits umfangreiche digitale Errata nachgereicht hat. Die Nutzbarkeit der Druckausgabe leidet deutlich darunter, was gemessen am Preis sicherlich Grund für Frustration ist. In der aktuellen PDF-Ausgabe des Regelwerks sind die Errata hingegen schon eingepflegt, die Layout-Fehler wurden allerdings längst noch nicht alle korrigiert.

Ausblick Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es ausschließlich das Grundregelwerk. Die Erweiterung Lords and Lands (enthält einen Spielleiterschirm, eine NPC-Sammlung, eine neue Klasse und eine neue Spezies), das Monsterhandbuch A Witcher’s Journal und die Abenteuersammlung The Witcher’s Book of Tales sind in Arbeit, haben aber alle noch kein konkretes Erscheinungsdatum.

Zum Free RPG Day am 15. Juni 2019 soll außerdem das 24-seitige kostenlose Light-Regelwerk The Witcher Tabletop Game: Easy Mode erscheinen, sowohl digital, als auch gedruckt. Eine deutsche Übersetzung des Grundregelwerks als PDF und Printausgabe ist bei Truant Spiele in Arbeit, als Erscheinungsdatum wird die RPC 2019 genannt, die mittlerweile in der CCXP Cologne 2019 aufgegangen ist. Das wäre der 27. Juni.

Fazit The Witcher ist ein solides Fantasy-Grundregelwerk, das alles enthält, was ein Grundregelwerk braucht. Die vergleichsweise geringe Komplexität macht es attraktiv für Einsteiger, und das sicherlich mit voller Absicht. Wer von den Witcher-Abenteuern am Bildschirm schon nicht genug bekommen konnte, findet hier einen guten Einstieg ins Pen & Paper-Hobby und wird sich durch die vertraute Aufmachung und inhaltliche Gestaltung schnell zurechtfinden.

Auch für alte Hasen hat das System mit seinem einfach gestrickten Regelset ohne viel Schnickschnack und dem knackigen, harten Kampfsystem sicherlich seine Reize. Das Regelwerk begünstigt wegen seiner schlanken Linie eher ein freies narratives Spiel, in dem nicht alles minutiös durch geregelt ist. Das lässt SL und Spielern zwar mehr Freiheiten – wer hohe Komplexität und Regeldichte liebt, wird hier aber eindeutig nicht zufrieden gestellt.

Wie andere Talsorian-Rollenspiele bleibt aber auch The Witcher ein ungeschliffener Edelstein mit etlichen Ecken und Kanten. Das Regelwerk lässt an vielen Stellen Fragen offen, häufig sind Formulierungen unklar und überlassen Spielleiter und Spielern die Auslegung. Wirklich unspielbare Regeln oder massive Regellücken sind bei der Sichtung und beim Testspiel zwar keine aufgefallen, wer allerdings ein Regelwerk sucht, das alle Eventualitäten abdeckt und keinen großen Interpretationsspielraum schafft, greift besser nicht zu The Witcher.

Für einige vergnügliche Abenteuer in der Hexer-Welt ist das Regelwerk eindeutig zu empfehlen. Die Grundregeln sind vollständig, größer angelegte Kampagnen sind ebenfalls vorstellbar. Allerdings wird die enthaltene Auswahl an Optionen, Charakter-Ausbaumöglichkeiten, Ausrüstung und Gegnern auf lange Sicht gesehen vermutlich für die meisten Gruppen nicht genügend Abwechslung bieten. Das System ist jedoch so einfach aufgebaut, dass sich eigene Ideen und Hausregeln leicht einfügen lassen dürften, ohne dadurch ein fragiles Balancing in Gefahr zu bringen.



Rating:
[4 of 5 Stars!]
The Witcher Pen & Paper RPG
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Das Heldenbrevier der Flusslande (PDF) als Download kaufen
Publisher: Ulisses Spiele
by Roger L. [Featured Reviewer]
Date Added: 04/16/2019 15:47:48

Das Heldenbrevier der Flusslande nimmt den Leser mit auf das Abenteuer eines ungewöhnlichen Duos, das durch die Nordmarken und den Kosch reist. Lohnt sich ein Blick in ihre Reiseaufzeichnungen, um die Region besser kennenzulernen? Teilzeithelden hat für euch durch das fleckige Büchlein geblättert.

In der fünften Edition des Fantasy-Rollenspiels Das Schwarze Auge wird jede Regionalspielhilfe von einem Band begleitet, der anhand von Ingame-Texten eine Geschichte erzählt und einen Überblick über die Region geben soll. Die Heldenbrevier genannten Bände versuchen dabei, möglichst viele relevante Themen anzusprechen und dabei repräsentative Charaktere als Ich-Erzähler zu wählen.

Das Heldenbrevier der Flusslande – Ein ungewöhnliches Duo Die Flusslande bestehen aus den Provinzen Kosch und Nordmarken im beschaulichen Zentrum des Mittelreichs. Doch dass sich nur selten eine feindliche Armee in diese Gegend verirrt, bedeutet nicht, dass die Bewohner der Flusslande nicht auch ihren Dienst auf dem Schlachtfeld verrichten müssen, wenn die Kaiserin zum Heerbann ruft. So geschah dies zuletzt beim Feldzug gegen die Fürstkomturei, bei dem auch zahlreiche Ritter aus den Nordmarken den Tod fanden.

Einer von ihnen hinterließ eine Geliebte und eine Tochter, als er im Kampf fiel. Diese Dame, eine Hexe, um genau zu sein, zieht nun aus den Nordmarken in den Kosch, um neu anzufangen. Wie und warum die beiden Protagonistinnen dieser Hexe hinterherreisen, sei an dieser Stelle allerdings nicht verraten. Die beiden Protagonistinnen, das sind zum einen die Inquisitorin Aurane von Weiseprein, die einer Quest für den nordmärkischen Herzog folgt, zum anderen die Hügelzwergin Feligra Steinlettner, die eher zufällig den Weg der Nordmärkerin kreuzt.

Praioskult und Ferdoker Helles Inquisitorin und Hügelzwergin erzählen die Geschichte abwechselnd aus ihrem Blickwinkel, eingeleitet von einem Prolog aus der Sicht der gesuchten Hexe. Aurane hält ihre Reise in Berichten und Briefen an ihre Tante fest, Feligra in einem Tagebuch, das sie am Anfang eines jeden Eintrags „liebes gutes Büchlein“ nennt. Die beiden Figuren erhalten durch diese Art der Erzählung viel Tiefe, beschreiben einige Dinge aber teilweise so ausführlich, dass es unnatürlich wirkt. So werden zu Beginn viele autobiografische Informationen und Details aus der Spielwelt von Das Schwarze Auge beschrieben, während der Leser noch darauf wartet, dass die eigentliche Handlung Fahrt aufnimmt.

Die Handlung selbst ist solide Unterhaltung. Aurane und Feligra reisen durch die Flusslande und erleben dabei so manches Abenteuer am Wegesrand, im Gegenzug aber auch einige alltägliche Probleme. Beides trägt dazu bei, dass einem die Charaktere ans Herz wachsen. Der Leser ist allerdings auch mit den beiden Reisenden und ihrem jeweiligen Erzählstil gefangen. Aurane beschreibt ihre Erlebnisse in ihren Aufzeichnungen als sachliche Nacherzählungen, während Feligras Tagebucheinträge sich dadurch auszeichnen, dass sie mit einem unerschütterlichen Optimismus durchs Leben zieht und viele Angelegenheiten sowie Personen durch Verniedlichungen abtut und nicht ganz ernst nimmt. Auch der Blick auf die Umwelt der Figuren variiert. Weiß Aurane als adlige Inquisitorin vieles über Familien von Stand und den Zwölfgötterkult zu berichten, teilt Feligra vor allem ihre Meinung zu Speis und Trank, aber auch zu mechanischen Besonderheiten mit.

Erscheinungsbild Das Heldenbrevier der Flusslande hat eine sehr schlichte Optik, die in Graustufen gehalten ist. Die skizzenartigen Innenillustrationen verstärken den Eindruck, dass es sich um die gesammelten Aufzeichnungen von Reisenden handelt. Der schmutzig-fleckige Look stört nicht wesentlich beim Lesen, ist aber auch kein Gewinn. Wie sich dies mit der gedruckten Ausgabe bei schlechteren Lichtverhältnissen verhält, konnte für diese Rezension nicht geklärt werden, da nur die PDF-Version zur Verfügung stand.

Fazit Das Heldenbrevier der Flusslande ist solide Unterhaltung für jene geworden, die nach dem Studium der Regionalspielhilfe und der Rüstkammer der Flusslande immer noch nicht genug von dieser Region haben. Für komplette Einsteiger geht dieses Buch allerdings etwas zu sehr ins Detail, auch wenn ein Glossar am Ende des Bandes bei der Orientierung helfen mag.

Die erzählte Geschichte ist beschaulich und arm an Dramatik. Dass am Ende zwei Abenteueraufhänger in die Geschichte eingearbeitet werden, die bereits durch ihre Andeutung mehr Spannung versprechen, ist bezeichnend für Das Heldenbrevier der Flusslande. Als Abenteuer wäre das Buch eher gemütliches Reiseabenteuer, denn forderndes Epos. Dadurch, dass die beiden Protagonistinnen ihre Erlebnisse immer erst im Nachhinein schildern, geht zusätzlich einiges an Spannung verloren.

Wer das aber vielleicht sogar ganz reizvoll findet und sich mit dem jeweiligen Erzählstil der beiden Protagonistinnen anfreunden kann, dürfte seine Freude mit dem Band und einige Stunden unterhaltsame Lesezeit vor sich haben. Wer sich allerdings direkt selbst ins Abenteuer stürzen möchte, ist mit Ketten für die Ewigkeit besser bedient.



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[3 of 5 Stars!]
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DSA5 - Rüstkammer der Flusslande (PDF)
Publisher: Ulisses Spiele
by Roger L. [Featured Reviewer]
Date Added: 03/25/2019 04:51:33

https://www.teilzeithelden.de/2019/03/11/kurzcheck-dsa-die-ruestkammer-der-flusslande/

Ritter, Zwerge, Lanzenreiterinnen – Die Flusslande, also die Nordmarken und der Kosch, sind trotz aller bierseligen Gemütlichkeit ein Ort, an dem gute Waffen und stabile Rüstungen sinnvoll sind. Was sich sonst noch in den Lagerräumen der Flussschiffer und Langbärte befindet? Erfahrt es in unserer Rezension!

In der fünften Edition des Fantasy-Rollenspiels Das Schwarze Auge wird jede Regionalspielhilfe von einem Ausrüstungsband begleitet, einer sogenannten Rüstkammer. Dementsprechend erscheint auch zur Spielhilfe Die Flusslande ein Heft, das sich diesem Thema widmet: Die Rüstkammer der Flusslande.

Die Rüstkammer der Flusslande – Ritter, Zwerge, Lanzenreiterinnen Die Flusslande, das sind die Provinzen Kosch und Nordmarken im Zentrum des Kontinents Aventurien, der Spielwelt von Das Schwarze Auge. Geprägt von Bergen, urigen Bewohnern und – wer hätte es gedacht – einem großen Fluss liegt hier zudem die ursprüngliche Heimat der aventurischen Zwerge.

Wer deswegen in diesem Heft hohe zwergische Schmiedekunst erwartet, Hämmer, Äxte und technisch ausgefeilte Armbrüste, der wird nicht enttäuscht werden. Ganze acht Einträge finden sich im Abschnitt zum Zwergischen Arsenal.

Die Rüstkammer der Flusslande widmet sich aber natürlich auch den Waffen der Langbeine, also der Menschen. Da die Region stark an das europäische Mittelalter angelehnt ist, finden sich hier neben Schwertern und Bögen auch klassische Ritterrüstungen und Lanzen für den berittenen Kampf. Dies ist kein Wunder, denn der Kosch ist die Heimat der aventurienweit berühmten Ferdoker Lanzenreiterinnen, einer ausschließlich weiblichen Reitereinheit.

Handwerkszeug, regional verbreitete Speisen und auch typische Kleidung der Flusslande finden in der Spielhilfe ihren Platz. Neben diesen gewöhnlichen Gegenständen befinden sich in ihr allerdings auch einige besondere Waffen und Artefakte. Vom sagenumwobenen Schwert Guldebrandt bis zu einem Talisman der Kirche des Feuer- und Schmiedegottes Ingerimm wird einiges präsentiert. Griffige Abenteueraufhänger zu diesen Gegenständen liefert die Spielhilfe jedoch nicht. Zudem scheinen einige von ihnen fest in der Spielwelt verankert und für Spielercharaktere ohnehin nur schwer erreichbar zu sein. Das Schwert Guldebrandt zum Beispiel ist fest in der Hand der nordmärkischen Herzöge und somit nicht ohne Weiteres zu erlangen. Sollte es doch dazu kommen, haben die Autoren an die entsprechenden Spielwerte gedacht, ebenso bei den anderen Gegenständen.

Unterwegs auf dem Großen Fluss Abgerundet wird die Spielhilfe von einem Kapitel zur Handwerkstradition und Schifffahrt in den Flusslanden. Nachdem bereits der Vorgänger, Die Rüstkammer der Siebenwindküste, in diesem Feld punkten konnte, ist diese kleine Erweiterung auch dieses Mal das geheime Highlight der Rüstkammer. Informationen zum Einfluss der Zünfte und zur Walz in Aventurien lassen die Spielwelt um einiges lebendiger wirken, als es ein bloßer Ausrüstungsband zu schaffen vermag.

Ebenso wird die Flussschifffahrt beschrieben, die natürlich eine wichtige Verkehrsmöglichkeit im Kosch und den Nordmarken darstellt, durchfließt doch der schiffbare Große Fluss diese Provinzen. Der allgemeine Teil hierzu ist jedoch etwas kurzgehalten. Nach wenigen Sätzen geht er in die Beschreibung eines exemplarischen Flussschiffs samt Mannschaft über. Auch zwei Abenteueraufhänger zu diesem Schiff, der Schwester der fetten Jungfer, sind enthalten. Einer davon mag sogar eine längere Kampagne einleiten, ist aber nur sehr grob gehalten.

Erscheinungsbild Optisch macht Die Rüstkammer der Flusslande einen sehr guten Eindruck. Jeder Ausrüstungsgegenstand wird mit einem eigenen schlichten, aber anschaulichen Bild vorgestellt. Im Gegensatz zu anderen Publikationen hält sich die stets gut gelaunte Beispiel-Heldengruppe mit ihren schenkelklopfenden Ingame-Kommentaren zurück, was den Lesefluss deutlich angenehmer gestaltet.

Fazit Die Rüstkammer der Flusslande ist ein sehr gutes Produkt geworden und ein weiteres Beispiel dafür, dass das Konzept der Rüstkammer-Bände für Das Schwarze Auge bisher erfolgreich aufgeht. Natürlich kann man sich über den generellen Sinn einer solchen Spielhilfe streiten, aber sie erfüllt ohne Frage den von ihr geforderten Zweck. Was sie, wie auch die beiden Vorgänger zur Siebenwindküste und den Streitenden Königreichen auszeichnet, ist der spielerische Mehrwert, der fast schon beiläufig entsteht.

Über die Beschreibung der Ausrüstung gelingt es den Autoren, losgelöst von der Regionalspielhilfe, die Flusslande lebendig darzustellen und die zentralen Elemente der Region herauszustellen. Mit den beiden Abschnitten zum Handwerk und der Flussschifffahrt wird zudem ein noch dichteres Bild möglich und Raum für eigene Abenteuer gegeben. Die Stimmung senkt allenfalls der Preis, der für ein relativ dünnes Heft vielleicht ein bis zwei Euro zu hoch ist.



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DSA5 - Rüstkammer der Flusslande (PDF)
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DSA5 - Die Flusslande
Publisher: Ulisses Spiele
by Roger L. [Featured Reviewer]
Date Added: 03/25/2019 04:50:08

„Ob ich wohl an einem Fluss lande?“, dachte sich auch Rateral Sanin, als er seine Entdeckungsreise startete. Er entdeckte den Großen Fluss und die Ländereien der heutigen Nordmarken und des Kosch und die Kultur der Zwerge. Was unser Redakteur Torben in der neuen Regionalspielhilfe entdeckt hat, lest ihr hier!

„UM AN DIE QUELLE ZU KOMMEN, MUSS MAN GEGEN DEN STROM SCHWIMMEN.“ (Konfuzius)

Mit der neuen Regionalspielhilfe Die Flusslande – Der Kosch & die Nordmarken ist neben Die Streitenden Königreiche und Die Siebenwindküste bereits der dritte Quellenband für DSA5

Eigentlich sollte diese Rezension unter Mithilfe des ortsansässigen Hügelzwergen Baldrix Sternhagel, dem ein guter Humpen Ferdoker Weizenbier versprochen wurde, entstehen. Leider muss ich an dieser Stelle aber mitteilen, dass eben jener Hügelzwerg seinem Namen alle Ehre macht und derzeit sternhagelvoll seinen Rausch in einer Taverne ausschläft. Die Rezension wird daher ohne inneraventurische Eindrücke auskommen müssen.

Inhalt Eine große Veränderung beim Aufbau der Quellenbände gibt es nicht und so setzt sich auch dieses Werk aus 11 Kapiteln zusammen. Diese beschreiben das Land und die Leute oder informieren über Mythen und geschichtliche Ereignisse. Dabei wird bereits im Vorwort auf den Umgang mit dem Buch als Quelle für Hintergrundinformationen hingewiesen. Bis auf das letzte Kapitel, welches sich mit Mysterien und somit auch mit möglichen Abenteuerideen befasst, sind alle Kapitel auch für Spieler geeignet. Wenngleich ein inneraventurischer Held immer nur einen Bruchteil des Wissens sein Eigen nennen wird. Was genau die einzelnen Kapitel beinhalten und wie stimmig sie sind, könnt ihr in den nachfolgenden Zeilen lesen.

Kapitel 1: Die Flusslande Das erste Kapitel schafft einen guten Überblick über die Region, die Geographie sowie Klima und Wetter. Dabei stehen selbstverständlich das Herzogtum Nordmarken und das Fürstentum Kosch im Fokus. Neben politischen Landkarten steht dem Leser auch eine Tabelle zur Reiseroutenberechnung zur Verfügung ebenso wie eine Auflistung hilfreicher Medien, um den jeweiligen Regionen etwas mehr Flair zu verleihen. Hier findet man neben Klassikern wie Friedrich Schillers: Wilhelm Tell oder Björn Isfelds: Soundtrack zu Ronja Räubertochter auch neuere Anregungen wie George R. R. Martins: Game of Thrones.

Die Beschreibung der Settings Tradition, Recht & Ordnung und Kontakt mit den Zwergen lässt auf den ersten Blick viel Raum für Interpretation. Die Leitmotive der Region sind allerdings klar als gegensätzliches Spiel, von versöhnlich & gemütlich auf der einen und abweisend & ordnungsliebend auf der anderen Seite, beschrieben. Im Kosch legt man viel Wert auf eine gemütliche Lebensweise, aber beklagt sich grundlegend über alles, während die Nordmarken ein strahlendes Vorbild für Ordnung und strenge Gläubigkeit sind. Hier käme niemand auf den Gedanken, die von den Göttern gegebene Ordnung zu beklagen. Jeder fügt sich in sein Schicksal.

Kapitel 2: Land & Leute Im zweiten Kapitel werden zunächst die einzelnen Landschaften beschrieben, vom Angbarer See bis zum Ferdoker Land, vom Gratenfelser Becken bis zur Elenviner Ebene am Großen Fluss. Auch das Stammland der Zwerge erhält zum ersten Mal eine detaillierte Beschreibung. Unterstützt werden die liebevollen Beschreibungen der Ländereien durch hervorragende Illustrationen, welche besonders gute Impressionen der jeweiligen Region darstellen.

41 Stadtbeschreibungen haben es in die Regionalspielhilfe geschafft, darunter detaillierte Beschreibungen von Albenhus, Angbar, Elenvina, Ferdok, Gratenfels und Xorlosch. Viele der kurzweiligen Texte werden zudem mit Stadtkarten ergänzt und bieten Anreize für Abenteuer in der Region.

Kapitel 3: Kultur & Wissenschaft In Kapitel 3 erfahren wir zum einen alles über die kulturellen Unterschiede der Region und das Verhältnis zur zwergischen Kultur. Zum anderen werden die wissenschaftlichen Errungenschaften beschrieben, welche besonders in der vom Handwerk geprägten Region des Kosch eine große Rolle spielen.

Das Kapitel geht dabei zunächst auf „Sitten und Gebräuche“ ein wie etwa das Namenswiegen zur Hochzeit oder das ständige Wehklagen der Koscher. Aber auch die Nordmärker Langsamkeit und ihre Praiosfrömmigkeit sind an dieser Stelle wichtige Themen. Immer wieder wird auch auf die unterschiedlichen Kulturen der Zwerge aufmerksam gemacht, was dieser Spielhilfe einen besonderen Fokus verleiht. Weiter geht es mit den sprachlichen Eigenarten, den Redensarten und dem Aberglauben der Flussländer. Auch an dieser Stelle ist der Einfluss der Zwerge auf diese Regionen stark zu bemerken. Nicht nur Zwerge staunen „Bei Imgerimms Bart!“ oder fluchen „Verdrachtnocheins!“.

Beschreibungen zur Gesellschaft, zu Ständen und Tracht geben einen Einblick in die Hierarchien der jeweiligen Regionen. Die detaillierte Darstellung diverser Kriegerschulen hingegen stellt die Wichtigkeit des feudalen Rittertums für die Region dar und die Wehrhaftigkeit der mächtigsten Streitkräfte des Mittelreiches.

Der Mechanik, einem Lieblingsbeschäftigungsfeld der Zwerge, ist ebenfalls Platz in diesem Kapitel eingeräumt, wohingegen die Texte über Essen & Trinken, Spiel & Sport sowie Kunst & Musik nur einen kleinen Teil ausmachen. Gerade für den Kosch, der für sein Bier oder die Sackpfeifen berühmt ist, ist es etwas bitter, dass hier nicht mehr darauf eingegangen wird.

Kapitel 4: Handel & Wandel Im vierten Kapitel stehen weniger die Waren der Region im Vordergrund, als vielmehr der Umgang mit Recht & Gesetz. Selbstverständlich findet man hier auch eine Liste der für die Region gebräuchlichen Waren, Währungen sowie Maße und Einheiten, aber deutlich mehr ist zu Zöllen & Steuern zu lesen. Dieser Fokus auf den rechtlichen Belangen, den Bestrafungen und den verwaltungstechnischen Vorgängen ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass sich in der nordmärkischen Hauptstadt Elenvina die Reichskanzlei des Mittelreiches befindet. Wer ein Abenteuer zwischen Türmen aus Papier, politischen Intrigen und ritterlicher Frömmigkeit spielen möchte, ist hier gut aufgehoben. Zum anderen sind die Nordmarken durch einen starken Glauben an Praios, den Gott der Ordnung, geprägt. Dieser beeinflusst selbstverständlich auch den Handel und den Umgang der Menschen miteinander.

Der Kosch kann an dieser Stelle mit einer neuen Berufsbezeichnung aufwarten: der Greve. Greven sind Rechtswahrer, die von Fall zu Fall durch die Lande reisen und Streitigkeiten schlichten. Auch hier verbirgt sich viel Potenzial für neue Abenteuer.

Kapitel 5: Flora & Fauna Eine Sammlung von Nutz- und Wildtieren, Chimären und Monstren, Pflanzen und Pilzen bildet das fünfte Kapitel. Die Besonderheiten der Region werden in einem kleinen Bestiarium präsentiert, zu dem sowohl Nutztiere wie der berühmte „Weiße Koscher“, eine Hundeart, oder das „Elenviner Vollblut“ gehören, als auch Wildtiere und Monster wie Wasserdrache, Basaltsalamander oder das Koschfrettchen. Alle Tiere werden detailliert beschrieben und bringen dank Wertkästen auch die Regeln für einen sofortigen Einsatz am Spieltisch mit.

Die Flora der Region ist mit nur einer Doppelseite recht überschaubar, beinhaltet aber Eigentümlichkeiten wie die Krakenseerose, Feuermoos oder den bei Zwergen und Wühlschraten gleichermaßen beliebten Pilz Felsenmilch.

Kapitel 6: Götter & Dämonen Der Glaube in den Flusslanden ist theoretisch auf zwei Gottheiten reduzierbar. Während in den Nordmarken hauptsächlich Praios verehrt wird, sind die zwergennahen Koscher Ingerimm, den die Zwerge Angrosch nennen, treu ergeben. Aber auch sonst hat der Zwölfgötterglaube einen großen Einfluss auf das Leben in den Flusslanden. Die Gastfreundschaft Travias findet man hier ebenso häufig wie Gebete zu Peraine, welche der Kornkammer des Reiches fruchtbares Ackerland schenkt. Das Rittertum ist stark in seinem Glauben an Rondra, und der Große Fluss stärkt den Glauben an Efferd.

Daneben gibt es aber auch viele Kulte, die ihren Einfluss in den Flusslanden ausbreiten. Der Glaube an den Flussvater oder an lokale Heilige ist dabei noch vertretbar, der Glaube an Satuaria und Sumu, wie ihn Hexen und Druiden praktizieren, nicht immer gerne gesehen. Kulte des Namenlosen, der Erzdämonen des Hasses Blakharaz oder des verdorbenen Handwerks Agrimoth sind hingegen nur im Geheimen existent und werden besonders von den Kirchen des Zwölfgötterglaubens vehement bekämpft.

Kapitel 7: Zauberei & Hexenwerk Das siebte Kapitel befasst sich mit der Materie der Magie, die in den Flusslanden relativ selten zu Tage tritt. Das magieunterdrückende Gestein Basalt, welches man in der Region häufig findet, soll dafür verantwortlich sein, dass es nur eine einzige Magierakademie in den Flusslanden gibt. Die weißmagische Akademie der Herrschaft zu Elenvina bildet unter den strengen Blicken der Praioskirche ihre praiostreuen Abgänger aus und befindet sich, wie mehrfach zu lesen ist, bereits seit Jahren im Niedergang.

Weit häufiger, als die ansässigen Rohalswächter oder die Heiler vom Orden der Anconiter, wird man in den Flusslanden auf Krötenhexen, Haindruiden oder gar die zwergischen Geoden treffen, welche sich in den Wäldern und Gebirgen der Länder aufhalten. (Zu Geoden und Druiden, siehe hierzu auch das neu erschienene Regelwerk: Aventurische Magie III)

Kapitel 8: Rang & Namen In diesem Kapitel sind die höchsten Würdenträger und berühmtesten Persönlichkeiten der Regionen Nordmarken und Kosch mit ihren Eigenarten und Besonderheiten beschrieben. Der Aufbau des Kapitels hält sich dabei an das bereits bekannte Konzept aus Illustration und beschreibendem Text, wie es schon aus dem Aventurischen Almanach bekannt ist. Leider findet man von den besagten Besonderheiten nicht sehr viele. Neben den beiden Herrschern der Region, die sich als junge, unerfahrene Erben erst noch beweisen müssen, ist die Auswahl an spannenden und abenteuerlichen NSC stark begrenzt. Mit Growin, Graf von Ferdok und Nirwulf, dem Kanzler des Kosch, sind immerhin zwei Zwerge dabei und mit Charissia von Salmingen sogar eine waschechte Borbaradianerin.

Kapitel 9: Mythos & Historie Neben einer ausführlichen Chronik, welche von der Frühzeit der Zwerge über die Dunklen Zeiten Bosparans bis in die Neuzeit reicht, ist insbesondere der hintere Teil des neunten Kapitels für Spieler von großer Bedeutung. Hier wird unter Zuhilfenahme von diversen Proben wie beispielsweise Etikette (Klatsch & Tratsch) oder Sagen und Legenden (Kosch oder Nordmarken) dargestellt, welches Wissen ein Held über die benannten Reiche hat. Ebenfalls bedeutungsvoll für Spieler und Spielleiter gleichermaßen ist die Aufzählung verschiedener Publikationen, die ebenfalls die Flusslande, den Kosch oder die Nordmarken im Fokus haben. Wer tiefere Einblicke in die Stadt Elenvina sucht, sollte den Roman Tagrichter von Dorothea Bergermann lesen. Abenteuer in den Flusslanden kann man hingegen in Offenbarung des Himmels oder Ketten für die Ewigkeit erleben.

Kapitel 10: Helden aus den Flusslanden Das zehnte Kapitel hat seinen Schwerpunkt auf den regeltechnischen Neuerungen, welche die Regionalspielhilfe mitbringt. Es werden neue Professionen vorgestellt, zum Beispiel die Ferdoker Lanzern, Elenviner Kriegerin, der Koscher Almgreve oder der Drachenkämpfer aus Xorlosch. Entsprechend des sehr eingeschränkten Umgangs mit Magie in den Flusslanden haben es nur der Gratenfelser Haindruide und die Elenviner Weißmagierin in die Spielhilfe geschafft. Der Ingerimmgeweihte hält stellvertretend die Stellung für alle Geweihten der Region.

Auf den ersten Blick scheint die Region nicht optimal für Abenteuer gedacht zu sein, da das ruhige und gemütliche Kosch und das praiotisch-gesittete und geordnete Nordmarken wenig Anreiz und Motivationsgründe für Abenteurer bieten. Für das Spiel eines koscher oder nordmärkischen Helden bietet daher das zehnte Kapitel auch eine fast vier Seiten lange Würfeltabelle mit Hintergründen. Zum einen werden an dieser Stelle auch die Motivationen der Helden behandelt, zum anderen macht es die Helden stimmiger und lebhafter. Der Rechtsgelehrte aus der Kanzlei in Elenvina hat als Antrieb nun nicht mehr nur seine Reise nach Gareth, ist also nicht nur auf der Durchreise im Kosch, sondern verfolgt die Spur einer Hexe, die ihm in der Kindheit seine Furcht vor Kröten eingebracht hat. Die Elenviner Kriegerin ist nach ihrer Ausbildung nicht nur auf der Suche nach einer Anstellung im Adel, sondern möchte mithilfe der herzöglichen Bezahlung einen Suchtrupp für ihre Zwillingsschwester ins Leben rufen. Diese wurde schon als Säugling von einem Borbaradianer Kult entführt.

Für all jene, die gerne kämpfen, hält das zehnte Kapitel überdies eine Sammlung typischer Waffen der Region bereit. Die Ferdoker Kriegslanze ist hier ebenso aufgeführt wie der Gratenfelser Ahlspieß oder Muroloscher Zwergenschlägel.

Wesenszüge typischer Koscher und Nordmärker, druidische Dolchrituale und Zaubersprüche sowie Ingerimm Zeremonien und Fokusregeln über Koschbasalt und Mechanische Konstruktionen runden das Kapitel ab.

Kapitel 11: Mysteria & Arcana Der Index zwischen dem zehnten und dem elften Kapitel trennt den Spielleiterteil vom Rest des Bandes. Im Kapitel über Mysterien und Arkanes werden die Geheimnisse der Region näher beleuchtet und einige mysteriöse Orte vorgestellt. Besonderes die letzten zwei Seiten, mit generischen Meisterfiguren und Abenteuerideen in den Flusslanden, sind wertvolle Hilfestellungen für den Spielleiter.

Sonstiges Neben einem ausführlichen Index rundet vor allem die beiliegende DIN A3 Landkarte (rückseitig zwei politische DIN A4 Karten) die Regionalspielhilfe ab.

An dieser Stelle möchte ich mich bei meinen treuen Lesern für den sonst so häufigen, diesmal aber fehlenden Humor, in den vorangegangen Texten entschuldigen. Um es mit den Worten von Baldrix Sternhagel zu lallen: „Der Texscht is heude abba ganschön nüchern!“ hicks

Erscheinungsbild Neben dem gelungenen Coverbild von Tia Rambaran, sind auch die Innenillustrationen explizit zu erwähnen, welche eine stimmige und atmosphärische Impression der Region vermitteln. Layout und Lektorat haben gute Arbeit geleistet, wenngleich an einigen Stellen redundante Texte entstanden sind. Besonders bei einigen ortstypischen Redensarten fällt die deutlich zu häufige Wiederholung auf.

Die Texte werden durch sinnvolle Wertekästen und hervorgehobene Informationen unterstützt und Ingame-Texte bewirken eine plastische Imagination der regionalen Begebenheiten.

Die harten Fakten:

Bonus/Downloadcontent Es ist kein offizieller Bonuscontent vorhanden. Die Redaktion von DSAnews.de hat anlässlich des Erscheinens der Regionalspielhilfe eine „Geheimakte: Charissia von Salmingen“ erstellt und zum Download angeboten.

Fazit Die Regionalspielhilfe veranschaulicht auf hervorragende Weise die Landschaft und das Leben in den Flusslanden. Unterstützt durch sinnvoll ausgewählte Illustrationen vermittelt die Publikation einen ausgezeichneten Überblick über den Kosch und die Nordmarken. Durch die Gegensätzlichkeit vom gemütlichen koscher Landleben, handwerkelnden koscher Stadtleben und frommer, ritterlicher und strenger nordmärkischer Feudalherrschaft, entsteht ein stimmiges Gesamtwerk. Passagen über den regionalen Einfluss der Zwerge sowie deren unterschiedliche Kulturen runden das Werk ab. Die einzige Unvollkommenheit des Werkes sind die redundanten Textstellen – verschwendeter Platz der für mehr Abenteuerideen hätte genutzt werden können.

Empfehlung: Guter Lesestoff, den man bei einem Humpen Angbarer Alt oder Ferdoker Helles genießen sollte, eine Bereicherung für den Spieltisch und ein klares Must-have.



Rating:
[4 of 5 Stars!]
DSA5 - Die Flusslande
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Is It a Plane!? RPG Core Book
Publisher: Psychic Cactus Games
by Roger L. [Featured Reviewer]
Date Added: 03/25/2019 04:46:41

https://www.teilzeithelden.de/2019/02/22/ersteindruck-is-it-a-plane-psychic-cactus-games-zeichne-dich-zum-helden/

Rollenspielsysteme, in denen die Spieler die Rollen von Comichelden übernehmen, gibt es bereits – in Is It A Plane!? soll jedoch die Gruppe ihr eigenes Abenteuer zeichnen, statt zu würfeln. Zeichentalent wird nicht benötigt, wohl aber Fantasie, Humor – und eine gewisse Toleranz gegenüber neu geprägten Fachausdrücken.

Wer mit einem neuen Rollenspiel als Crowdfunding-Projekt erfolgreich ist, verdankt dies oft einem Alleinstellungsmerkmal, welches das System zu etwas Besonderem macht. Im Falle von Is It A Plane!? ist dieser neue Ansatz, Plots zu lösen, indem die Spieler zeichnen, statt zu würfeln. Die Abenteuer sind nicht nur in einer klassischen Comicwelt angesiedelt, sondern es soll dadurch auch ein Comic entstehen. Zeichnen zu können, sei nicht vonnöten, beschwichtigen die Macher. Ob sich das Spiel aber auch für diejenigen unter uns lohnt, die den Kunstunterricht am liebsten geschwänzt haben und das Porträt-Kästchen auf ihrem Charakterbogen meist frei lassen, lest ihr hier.

Die Spielwelt Das Setting des Spiels ist betont vage gehalten. Wichtig ist nur, dass es sich um eine klassische Comic-Welt handelt. Die (Super-)Helden und (Super-)Bösewichte von Is It A Plane!? können einander in einer etwas, sagen wir, bunteren Variante unserer heutigen Welt bekämpfen, aber auch im Wilden Westen, in einem Dschungel voller Dinosaurier oder auf einem Raumschiff in den unendlichen Weiten des Alls. Erlaubt ist, was gefällt.

Die Regeln Zeichnen statt Würfeln ist das Motto von Is It A Plane!? Dementsprechend benötigen die Spielwilligen zur Umsetzung ihres Abenteuers erst einmal etwas anderes Material als bei den meisten Rollenspielsystemen: laminierte sogenannte „Panels“, also weiße Kärtchen, die jeweils einen Erzählkasten des späteren Comics darstellen und auf die mit abwaschbaren Whiteboardmarkern gezeichnet wird. Diese werden auf einem Untergrund von zwei DIN-A4-Seiten Größe ausgelegt, um den Storyverlauf anzudeuten.

Die Kärtchen können aus dem PDF herauskopiert und selbst laminiert oder vorgefertigt bei DriveThruRPG bestellt werden. Ganz wichtig: Nicht vergessen, etwas zum Abwischen bereitzuhalten, etwa Nagellackentferner, alkoholhaltiges Handdesinfektionsmittel, Brillenputztücher oder Ähnliches. Wer sich all das nicht leisten will, kann aber auch Post-Its oder kleingeschnittene Zettel und herkömmliche Stifte benutzen.

Visualisieren statt Punkte zählen

Das größte, das Power 1 Panel. Die wichtigste Regel von Is It A Plane!? heißt: Wer eine Aktion ansagt, muss zeichnen. Das gilt für die Phasen, in denen normalerweise gewürfelt würde, also Kampfszenen oder andere dynamische Aktionen. In Is it a Plane!? heißen diese Schlüsselszenen „visuelle Phasen“. Alle Spieler, die an der Szene teilhaben und eine Aktion durchführen wollen, zeichnen gleichzeitig. Die Panels – also die Kästchen, auf denen gezeichnet wird – gibt es in vier verschiedenen Größen. Je wichtiger die aktuelle Szene für den Spielverlauf ist, desto größer ist das Panel. Dabei muss allerdings bedacht werden, dass am Ende alle Panels noch auf eine DIN-A4-Seite passen müssen.

Wichtige visuelle Phasen können sich auch über mehrere Seiten erstrecken. Die Spielleitung sollte allerdings den Überblick über die Seitenzahl behalten, denn diese ist begrenzt. Jedes „Heft“, also jedes Abenteuer, soll in Is it a Plane!? nicht mehr als 22 Seiten haben. Danach muss der Plot gelöst sein. Ebenfalls begrenzt ist die Zeit, die zum Zeichnen zur Verfügung steht: Je nachdem, wie viel Zeit den Charakteren im Spiel zur Verfügung steht, gibt der Editor den Spielern eine, zwei, oder drei Minuten Zeit, um ihre Aktionen darzustellen. Verständlicherweise ist hier keine hohe Kunst gefragt, sondern mehr ein klares Bild davon, wie die Charaktere der zeichnenden Spieler handeln. Danach interpretieren Spielleitung und eventuelle nicht an der Szene beteiligte Spieler gemeinsam das so entstandene Werk.

Comicatmosphäre in jeder Phase

Das erste Kapitel befasst sich mit den Grundregeln. Außerhalb der visuellen Phasen beschreiben die Spieler, was sie tun, oder spielen es aus – man zeichnet also nicht permanent. Damit die Gruppe dabei aber nicht vergisst, dass wir hier in einem Comicheft sind, soll der Spielleiter – der hier „Editor“, also Redakteur oder Herausgeber, genannt wird – die Szene so beschreiben, wie sie in einem solchen aussehen würde. Die verschiedenen dramatischen Höhepunkte, die den Plot weiter untergliedern, werden Situationen genannt, denen eine Stufe zwischen 0 und 10 zugeordnet wird – Aufgabe der Spieler ist es, diese durch Zeichnen und Rollenspiel möglichst auf 0 zu reduzieren. Sollte die Situationsstufe auf 10 steigen, geht die Situation übel für die Spielercharaktere aus.

Schaden, den ein Charakter erhält, nennt das Regelwerk Pressure, „Druck“, der sowohl psychologischer wie physischer Natur sein kann. Erhält ein Charakter 10 Punkte Pressure, ist er „out of action“, wird also bewusstlos oder anderweitig handlungsunfähig. Editor und Gruppe entscheiden zu Anfang des Spiels, ob Charaktere am Anfang der nächsten Szene wieder vollkommen wiederhergestellt sind, oder ob sie länger brauchen, um sich zu regenerieren.

Konzipieren, gestalten, interpretieren Anstelle von Tabellen gibt das Buch immer wieder Spielbeispiele, teilweise mit Zeichenbeispielen, die die Anwendung der Regeln anschaulich machen sollen. Einerseits hilft das in vielen Fällen dem Verständnis, andererseits macht es das Nachschlagen und Nachlesen einzelner Regeln bisweilen recht anstrengend.

Der Spielleiter sollte sich sowohl als Gestalter des Abenteuers als auch Leser des entstehenden Comics verstehen. Die Spielleiterhinweise in den späteren Kapiteln des Buches halten den Editor dazu an, das Spiel als Gemeinschaftsprojekt zu begreifen. Die Spielleitung ist gleichzeitig Redaktion und Leserschaft des Comics, den das Abenteuer darstellt, und somit dafür verantwortlich, dass die entstehenden Zeichnungen auch sinnvoll zu interpretieren sind. Eine Gruppe sollte sich also sehr sicher sein, dass alle Anwesenden mit Kritik an der eigenen Zeichenfähigkeit umgehen können, wenn sie hier keine Konflikte erleben will.

Wieder ganz im Sinne der Comics ist das Regelwerk darauf ausgelegt, dass mehrere Kurzabenteuer zu einer zusammenhängenden Kampagne, einer Art Comicserie, zusammengefügt werden. Es ist allerdings auch möglich, One-Shots zu spielen.

Charaktererschaffung Die Spielercharaktere werden im Regelwerk Protagonisten genannt. Sie können Superheldinnen und -helden, Cowboys und Cowgirls, Pulp-, Noir- oder Fantasy-Charaktere sein, Hauptsache, es fühlt sich nach Comic an. Dementsprechend haben die Protagonisten außergewöhnliche Kräfte.

5 Spezialitäten, 3 Schwächen – die Charaktererstellung wird im zweiten Kapitel beschrieben. Die Charaktererstellung selbst ist denkbar einfach. Spieler vergeben insgesamt 5 Punkte auf die drei „Spezialitäten“ Strength (Stärke), Speed (Schnelligkeit) und Savvy (etwa: „Köpfchen“) des Charakters. Für jeden vergebenen Punkt bekommt der Charakter eine besondere Eigenschaft in dieser Kategorie, ein Manöver, das speziell diesem Protagonisten eigen ist – hier ist Kreativität seitens der Spieler gefragt! Diese Spezialfähigkeiten können entweder „menschlich“ oder „übermenschlich“ sein, je nachdem, was für eine Art Kampagne gerade gespielt wird.

Zusätzlich wählt der Spieler drei dramatische Schwächen für den Charakter aus, die während des Spiels aufkommen können, um den Ablauf einer Szene noch spannender zu machen. Sowohl für die Spezialkräfte als auch für die Schwächen hat das Buch eine Liste von Beispielen, die aber nicht als erschöpfend angesehen werden soll.

Zuletzt muss natürlich ein Porträt des Protagonisten gezeichnet werden, denn im späteren Spielverlauf sollen die gezeichneten Charaktere ja leicht wiederzuerkennen sein. Allerdings besteht auch hier ein Zeitlimit: Nicht mehr als zehn Sekunden sollen Spieler für das Porträt brauchen.

Zusätzlich zu den Regeln der Charaktererschaffung und einem Beispiel-Charakterbogen bietet das Regelwerk noch ein ganzes Kapitel mit Archetypen, Vorlagen für eine Reihe von typischen Protagonisten, die zum Spiel in verschiedenen Settings individualisiert werden können.

Beispielcharakter Prof. George Gregory: ein berühmter Astrophysiker der nach einem Wurmloch-Zwischenfall sein Gedächtnis verloren hat. Beispielcharakter Jack Hammer: ein nahkampferprobter Kriegsveteran des Zweiten Weltkriegs. Beispielcharakter Makra Kazeem: ein charakterlich dünnhäutiges, dafür physisch umso robusteres Alien. Erscheinungsbild Als Comic-Rollenspiel ist das Layout von Is It A Plane!? selbstverständlich im klassischen Comic-Stil gehalten. Die Spieler dürfen Strichmännchen kritzeln – die Illustrationen im Regelwerk sind dafür von professionellen Comiczeichnern gestaltet und runden das Gesamtbild mit einer Anzahl höchst unterschiedlicher Heldenporträts ab. Bei vielen davon handelt es sich um die Charakterideen von Kickstarter-Unterstützern der Kampagne, denen auch schon im Vorwort des Regelwerks gedankt wird.

Selbstverständlich ist die Schriftart durchgehend Comic Sans. Dessen ungeachtet ist der Fließtext gut lesbar. Zwischen den sechs Kapiteln zu Regeln, Charaktererstellung und Spielleiterhinweisen sind Abschnitte einer zusammenhängenden Geschichte eingestreut, die im Spieluniversum von Is It A Plane!? angesiedelt ist. Ein Inhaltsverzeichnis am Anfang hilft der Übersichtlichkeit des 169 Seiten langen PDF-Dokuments, die Seitenzahlen funktionieren aber leider nicht als interne Links.

Fazit Is It A Plane!? ist ein Rollenspielsystem mit dem Anspruch, etwas ganz Neues zu erschaffen. Das zeigt sich nicht zuletzt in der eigenwilligen Terminologie des Spiels: Situation, visuelle Phase, Druck, Editor, und so weiter, und so fort – beim ersten Lesen ist es leicht, den Überblick darüber zu verlieren, was all diese Begriffe zu bedeuten haben. Darüber hinaus folgt es einer klaren, ja fast schon restriktiven Form, in der die Spieler den Plot auf den 22 Seiten eines Comicheftes zu lösen haben – und das in etlichen Schritten zeitbegrenzter Zeichenaufgaben. Wer diese Herausforderung mit Begeisterung annimmt, kann mit Is It A Plane!? sicherlich großen Spaß haben.

Die Spielmechaniken führen zu einem nahezu ausschließlich narrativen Spielfluß der einem liegen muß. Ein Vorteil der Würfelalternative Zeichnen ist, dass sie Spielsituationen narrativ löst. Während manche Rollenspieler den Zufall am Spieltisch nicht missen wollen, freuen sich andere, gerade Fans von Pulp- und Comic-Spielwelten, wenn ihre Charaktere sich aus eigener Kraft aus dramatischen Zwickmühlen befreien. Gerade für diese Klientel kann Is It A Plane!? interessant sein.

Für die breite Masse der Rollenspieler ist es wohl eher nichts, zumindest nicht für regelmäßige Runden. Das ist aber auch gar nicht nötig. Durch seine eigenwillige Spielmechanik und seine tatsächlich außergewöhnliche Alternative zum Würfeln hat sich das als Kickstarter-Kampagne gegründete Spiel schon eine gewisse Fangemeinde aufgebaut. Mein Geschmack wird es wohl nicht werden – aber wer gerne zeichnet und auch unter Zeitdruck kreativ sein kann, dem kann das Produkt guten Gewissens empfohlen werden.

Dieser Ersteindruck basiert auf der Lektüre des Regelwerkes und einigen Zeichenversuchen.



Rating:
[3 of 5 Stars!]
Is It a Plane!? RPG Core Book
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DSA5 - Ketten für die Ewigkeit (PDF) als Download kaufen
Publisher: Ulisses Spiele
by Roger L. [Featured Reviewer]
Date Added: 03/01/2019 05:19:17

https://www.teilzeithelden.de/2019/02/13/rezension-dsa-ketten-fuer-die-ewigkeit-alte-vertraege-neue-probleme/

Nichts ist für die Ewigkeit, oder doch? Wenn Zwerge einen Schwur leisten, dann sollte dieser für immer gelten, möchte man denken. Doch auch vor den kurzbeinigen Bartträgern macht der Lauf der Geschichte nicht halt. Was bringen Ketten für die Ewigkeit, wenn sie niemandem angelegt werden?

Zu jeder neuen Regionalspielhilfe in der fünften Regeledition von Das Schwarze Auge gehört ein begleitendes Abenteuer. Deswegen erscheint passend zum Band Die Flusslande ein Abenteuer, das in den Landen am Großen Fluss spielt. Diese Region, zentral im Mittelreich und fernab von dessen umkämpften Grenzen gelegen, ist gleichzeitig die ursprüngliche Heimat der Zwerge Aventuriens, der Spielwelt von Das Schwarze Auge. Dementsprechend spielen diese eine prominente Rolle in Ketten für die Ewigkeit.

Ketten für die Ewigkeit – aus der Vergangenheit! Einmal mehr wird durch ein längst vergessenes Mysterium Staub aufgewirbelt. Die Anzahl alter Konflikte und Artefakte, die in den letzten Jahren die zeitgenössischen Aventurier einholten, ist bemerkenswert. Seien es das Vermächtnis der Theaterritter, verfluchte Relikte, alte Bündnisse oder bisher unbekannte Hinterlassenschaften der alten Völker – in allen Winkeln Aventuriens scheinen Zeitbomben zu ticken, die nur darauf warten, von den Helden entschärft zu werden.

Das Leben an Bord eines Flussseglers wird detailliert beschrieben und schön illustriert. Handlungsort dieses Kapitels ist Albenhus. Dort müssen die Helden zwei gleichermaßen wichtige Aufgaben in Angriff nehmen. Der detaillierte Stadtplan von Elevina. Eine der Kreaturen aus dem Kapitel Ketten der Ewigkeit. So viel sei an dieser Stelle verraten: Auch dieses Mal wird ein Schrecken der Vergangenheit die Spielercharaktere fordern. Wer mehr darüber erfahren möchte, darf einen Blick in den untenstehenden Spoilerkasten werfen. Allen anderen sei zumindest verraten, dass Ketten für die Ewigkeit eine abwechslungsreiche Mischung aus Detektiv- und Reiseabenteuer darstellt. Längst vergessene Geschichten müssen recherchiert und Mysterien gelüftet werden, aber auch in der Gegenwart lauern undurchsichtige Gegenspieler, die ebenfalls nach der verborgenen Macht gieren.

Zwerge im Rampenlicht Den Zwergen der Flusslande kommt in diesem Abenteuer eine prominente Rolle zu. Zwergische Helden können deswegen dadurch glänzen, dass sie Bräuche und Sitten ihres Volkes kennen, wodurch viele soziale Interaktionen massiv erleichtert werden. Unter anderem müssen sich die Helden gegen Ende des Abenteuers in einigen Disziplinen wie Wetttrinken, Armdrücken oder Kochen den konservativen Erzzwergen gegenüber beweisen. Dies wirkt kurz vor dem eigentlichen Finale zwar etwas deplatziert und stellt die Erzzwerge vielleicht etwas zu sehr als schrullige, aber liebenswerte Traditionalisten dar, passt aber zu der allgemein sehr gemütlichen und fast schon märchenhaft gehaltenen Stimmung des Abenteuers.

Spoiler Spoilerfrei sei noch gesagt, dass das Abenteuer seine teilweise etwas ausufernde Hintergrundgeschichte zu Beginn kompakt zusammenfasst und dadurch erfreulich übersichtlich bleibt. Positiv hervorzuheben ist auch ein relativ offener Teil vor dem eigentlichen Finale, in dem die Autorin mehrere Möglichkeiten aufzeigt, wie die Helden einen der Antagonisten loswerden können. Dies hat gegebenenfalls Auswirkungen auf den restlichen Verlauf des Abenteuers, worauf sich der Spielleiter freilich einstellen muss.

Ketten für die Ewigkeit enthält außerdem allgemeine Hinweise für das Spiel auf einem Flussschiff und bietet Ideen für eine weiterführende Kampagne, die an das Abenteuer anknüpfen kann. Das verleiht der eigentlichen Veröffentlichung einen gewissen Mehrwert, der ihr auch nach Ende des eigentlichen Abenteuers einen Nutzen gibt.

Erscheinungsbild Illustrationen und Kartenmaterial bewegen sich in Ketten für die Ewigkeit auf einem angenehm hohen Niveau. Die fast schon märchenhafte Beschaulichkeit mag nicht jedermanns Sache sein – und trifft auch nicht den Geschmack des Autors dieser Zeilen –, passt aber gut zur unkomplizierten Heldengeschichte. Zahlreiche Infokästen und gesonderte Abschnitte erleichtern es dem Leser zudem, sich im Abenteuer zurechtzufinden.

Fazit Ketten für die Ewigkeit ist ein solides Abenteuer, dessen einzige große Schwäche seine fehlende Tiefe ist. Der Einstieg ins Abenteuer erfolgt zufällig, die Motivation bleibt bis zuletzt, dass die Spielercharaktere ihren Weg schlicht aus Heldenmut weitergehen. Das mag zugegebenermaßen auf viele Abenteuer zutreffen, wird aufgrund des Aufhängers aber umso deutlicher. Der Schrecken aus der Vergangenheit ist gleichzeitig ein Schrecken aus dem Nichts. Unvermittelt betritt er die Bühne und muss direkt ausgeschaltet oder zumindest gebannt werden.

Die Darstellung der aventurischen Zwerge schwankt stellenweise außerdem ein bisschen orientierungslos zwischen engstirnigen Traditionalisten, schrulligen Exzentrikern und gemütlichen Bier-Nerds. Ins Positive umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass die Zwerge etwas vielfältiger als in früheren Abenteuern und somit auch etwas realistischer dargestellt werden. Der, trotz aller Dramatik, gemütliche Grundton des Abenteuers mag zudem nicht jedermanns Geschmack treffen, passt aber gut zu dem in der neuen Regionalspielhilfe gezeichneten Bild der Flusslande.

Ketten für die Ewigkeit ist trotz seiner Mängel ein empfehlenswertes Abenteuer mit klassischen Strukturen, die unkomplizierten Spielspaß ermöglichen. Zwar bleibt es dadurch, wie gesagt, auch etwas flach, bietet den Helden aber trotz aller Linearität genügend Freiraum, um ein spannendes Abenteuer in den Flusslanden mitzugestalten.



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[4 of 5 Stars!]
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ULTIMA RATIO - Im Schatten von MUTTER: Das Gift der Schlange
Publisher: Heinrich-Tüffers-Verlag
by Roger L. [Featured Reviewer]
Date Added: 03/01/2019 05:14:11

https://www.teilzeithelden.de/2019/02/09/kurzcheck-ultima-ratio-die-harland-chroniken-teil-1-nikolas-tsamourtzis/

Die Harland-Chroniken ist eine Abenteuerreihe im Setting des dystropischen Science-Fiction-Rollenspiels Ultima Ratio. In Teil 1: Das Gift der Schlange finden sich die SpielerInnen in der wohl eigenartigsten Kolonie des Lukeanischen Reiches zu einem großen Glücksspielturnier ein. Selbstverständlich geht es auch hinter den Kulissen um hohe Einsätze …

Die Harland-Chroniken Teil 1: Das Gift der Schlange ist ein ausgearbeitetes Abenteuer für Ultima Ratio und wie die übrigen Produkte im Heinrich Tüffers Verlag erschienen. Um das Abenteuer spielen zu können, wird natürlich das Regelwerk benötigt (Ultima Ratio – Im Schatten von MUTTER: Regelwerk 2.0), empfohlen werden noch die Quellenbände Ultima Ratio – Im Schatten von MUTTER: Harlands Loch und der Dyson Gürtel, sowie Ultima Ratio – Im Schatten von MUTTER: Protagonisten. Diese Hinweise sind gleich beim Klappentext aufgeführt.

Umfangreich ist das Abenteuer angesichts der wenigen Seiten nicht, liefert also ohne Ergänzungen rein inhaltlich Material für ein bis zwei Spielabende. Ist das schlecht? Keineswegs, denn die Geschichte über die Harland-Chroniken soll ja hiermit erst beginnen. Schon das Regelwerk ist mit seinem sparsamen, aber punktgenauen Schreibstil aufgefallen, der bei den Harland-Chroniken konsequent fortgesetzt wird.

Inhalt Wie auch im Regelwerk wird kein Platz verschenkt, daher befinden sich Inhaltsangabe und Impressum bereits auf der Innenseite des Buchdeckels. Los geht es mit einer Einleitung in die Thematik der Geschichte: Die Handlung des ersten Teils der Harland-Chroniken führt die Spielgruppe auf die im Dyson-Gürtel in System 01 befindliche zivile Kolonie S01-ZK-03, besser bekannt als Harlands Loch. Während eines großen Kartenspielturniers geraten die Protagonisten, wie bei Ultima Ratio die Charaktere genannt werden, zwischen die Fronten zweier Unterweltgrößen.

Zudem erfährt man im Rahmen der Einleitung auch, wie der Spielleiter / die Spielleiterin das Textlayout verwenden soll (Kursivtext, Kästen, Tabellen). Diese Erklärung erleichtert nicht nur das Lesen, sondern auch das Anwenden des Buches während des Spieleabends. Der Schwierigkeitsgrad ist praktischerweise frei skalierbar, was das Abenteuer für Spielgruppen aller Erfahrungsstufen öffnet.

Nach der Einleitung startet der Abenteuerinhalt, der in Prolog, Akt I bis III und Epilog gegliedert ist. Es wird nicht versäumt, stellenweise mehrere Optionen als Ideen zu liefern, beispielsweise für den Einstieg der einzelnen Protagonisten in die Story. Die Akte sind zusätzlich in Szenen unterteilt, was gerade für eher unerfahrene SpielleiterInnen sicherlich eine große Hilfe ist. Andererseits wird das Abenteuer dadurch sehr klar durchgetaktet und wirkt ohne Eigenleistung etwas unflexibel. Mit mehr inhaltlichen Wendungen und Konsequenzen für die Protagonisten wäre mehr Komplexität möglich gewesen, die jedoch dann einen Sandboxaufbau erfordert hätte.

Hinzu kommt, dass gemäß dem Hinweis in der Einleitung Kursivtext den Protagonisten, in eigenen Worten wiedergegeben, frei zugänglich sein soll. Wird das so praktiziert, entfällt stellenweise Denkarbeit für die SpielerInnen, was zwar das Gesamtspieltempo hochhält, aber die Gruppe folglich eher railroadmäßig durch das Abenteuer schiebt. Erfahrene SpielleiterInnen sollten darauf achten, der Gruppe phasenweise etwas Freiraum zu gewähren und sie ruhig ein wenig im Trüben fischen lassen. Rollenspielneulinge machen jedoch sicherlich nichts verkehrt, sich an die Anwendungsanweisung zu halten.

Mit der letzten Szene und dem Epilog kommt die Geschichte zu einem runden Schluss. Es gibt Anknüpfungspunkte, die angesichts einer geplanten Fortführung der Story deutlicher oder gar dramatischer hätten ausfallen dürfen. So endet es eher unspektakulär und die Chance eines Cliffhangers für Teil 2 wird verschenkt. Aber immerhin könnte man so Das Gift der Schlange auch problemlos als Standalone-Abenteuer spielen.

Khedras Daraskh Im Anhang werden Orte des Geschehens aufgeführt und mit kurzer Erläuterung vorgestellt. Ein Bereich, auf den auch während des Abenteuers immer wieder hingewiesen wird, nennt sich „Zusätzliche Szenen“ und soll eventuelle Skilllücken in der Spielgruppe über NPC auffangen, die hier ins Spiel gebracht werden können. Zudem wird hier auch das besagte Kartenspiel vorgestellt und mit den Regeln für ein herkömmliches Kartendeck könnte das Spiel bei Lust und Laune von der Spielgruppe am Spieltisch ausgeführt werden. Ein Muss für das Abenteuer ist das jedoch nicht.

Den Schluss des Anhangs bilden die Antagonisten und Nebenrollen. Letztere werden mit einem knappen Begleittext und Werten vorgestellt, die Antagonisten werden etwas ausführlicher behandelt und nehmen eine ganze Seite mit Bild ein. Die Widersacher hätten mehr Background vertragen, an dieser Stelle wird der vorherrschende Minimalismus leider zum Nachteil. Dafür werden reichlich Werte geliefert, die in diesem Umfang zwar vollständig sind, aber nicht benötigt werden.

Insgesamt gesehen bekommt man alles an die Hand, was man zum Spielen benötigt. Für diverse Ausschmückungen links und rechts des Abenteuerweges wird Eigenleistung nötig bzw. der erwähnte Band Ultima Ratio – Im Schatten von Mutter: Harlands Loch und der Dyson-Gürtel. Grundsätzlich handelt es sich um ein Tarnen-und-Täuschen bzw. Infiltrationsabenteuer, Kampfsituationen sind nicht vorgesehen. Die Grundidee der Story ist durch Film und Fernsehen bereits bekannt und kann hier im Ultima-Ratio-Universum erlebt werden. Etwas Neues oder zumindest ein unerwarteter Kniff in der Handlung wäre wünschenswert gewesen.

Spoiler Erscheinungsbild Das Werk ist im DIN-A4-Format, vollfarbig und hat dreiundzwanzig Seiten. Der Einband sowie die Buchseiten sind stabil und fassen sich gut an. Das Textlayout ist tadellos und das Schriftbild ist klar zu lesen. Mittels Textfettung, Kursivtext und Kästen werden Inhalte gut separiert und strukturiert. Die enthaltenen Illustrationen sind bis auf die erste, die etwas unsauber und übertrieben bearbeitet aussieht, tadellos und tragen zum Ambiente des Abenteuers bei. Ein Index liegt nicht vor, wird aber hier nicht benötigt. Der Band ist wie ein Heft gebunden und wirkt dadurch nicht wie ein Buch. Die Metallklammerheftung wirkt solide und verspricht Langlebigkeit.

Bonus/Downloadcontent Auf Ultima-Ratio-RPG.de gibt es neben dem Shop auch Einblicke in die Welt, Spezies und Regeln. Unter dem Schlagwort Ultima Ratio finden sich mittlerweile einige Artikel bei den Teilzeithelden.

Fazit Mit Ultima Ratio: Die Harland-Chroniken Teil 1: Das Gift der Schlange erhält man ein Tarnen-und-Täuschen-Kurzabenteuer ohne Action im Glücksspielmilieu und hinter dessen Kulissen. Die Strukturierung ist sowohl für unerfahrene Rollenspieler als auch alte Hasen geeignet. Inhaltlich bekommt man einen überwiegend geradlinigen, wenig komplexen Verlauf einer in Grundzügen durch Film und Fernsehen vertrauten Geschichte präsentiert. Unerwartete Wendungen oder originelle Storyaspekte fehlen und müssen bei Bedarf in Eigenleistung hinzugefügt werden. Die Antagonisten werden zwar mit Bild vorgestellt, bleiben aber hinsichtlich ihres Backgrounds leider zu knapp beschrieben. Das in der Einleitung erklärte und angewendete Textlayout mit Kästen, Tabellen und Kursivtext funktioniert und strukturiert den Inhalt sehr gut.

Der Schluss bringt Das Gift der Schlange zu einem runden Ende, hätte aber hinsichtlich einer offensichtlich geplanten Fortführung der Harland-Chroniken offener oder gar dramatischer ausfallen dürfen. Die Möglichkeit eines packenden Cliffhangers für Teil 2 wird nicht genutzt. So ist es aber auch als Standalone-Abenteuer bestens geeignet. Das Werk ist hochwertig produziert, Papier, Textlayout und Illustrationen sind tadellos. Der Preis erscheint hier vollkommen angemessen.



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[4 of 5 Stars!]
ULTIMA RATIO - Im Schatten von MUTTER: Das Gift der Schlange
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DSA5 - Aventurische Magie 3 (PDF) als Download kaufen
Publisher: Ulisses Spiele
by Roger L. [Featured Reviewer]
Date Added: 03/01/2019 05:09:52

Bereits in der Vorweihnachtszeit lag Magie in der Luft – Aventurische Magie III. Mit geheimnisvollen Druiden, zwergischen Geoden und uralter Zauberei der Elementar- und Beherrschungsmagie lockte der dritte Magie-Band. Ob es wirklich für zauberhafte Weihnachten gereicht hat oder nur eine Illusion war, hat Redakteur Torben für euch herausgefunden.

„ACH, DA KOMMT DER MEISTER! HERR, DIE NOT IST GROSS! DIE ICH RIEF, DIE GEISTER WERD‘ ICH NUN NICHT LOS.“

(Der Zauberlehrling – J.W.v.Goethe) Bereits in den Bänden Aventurische Magie I und Aventurische Magie II konnten sich Spieler über neue Fokusregeln, magische Traditionen, Sonderfertigkeiten, Zauber und magische Professionen erfreuen. Aventurische Magie III stellt nun die Regeln für Beherrschungs- und Elementarmagie vor und ergänzt die genannten Sammlungen. Dabei werden nicht nur die Druiden erneut aufgegriffen, sondern mit den Animisten, Geoden und Zibilja auch gänzlich neue Traditionen im Licht der DSA5-Regeln beleuchtet.

Inhaltsverzeichnis [zeigen]

Inhalt Der Aufbau des Werkes ist an seine Vorgänger angepasst und beinhaltet neben einem Vorwort und einem Anhang sechs Kapitel. Das Vorwort beschreibt in bekannter Manier die wesentlichen Merkmale von Fokusregeln und die Unterschiede zwischen Regeln, Crunchund Fluff.

Kapitel 1: Traditionen Es werden neue Traditionen beschrieben

Das erste Kapitel beschreibt die neuen Traditionen der Animisten, Geoden und Zibiljas, sowie die bereits bekannten Druiden und einige Gildenmagier. DSA-Veteranen erkennen an dieser Stelle sicherlich eine deutliche Neuerung, da die Zauberer der Stammeskulturen (Animisten) sich nunmehr von den Schamanen (mit karmalen Kräften) abheben. Bislang wurden auch die Rituale der Schamanen als Magie angesehen, mit DSA5 sind sie aber auf die Seite der Götterdiener gewechselt, was durchaus Sinn ergibt. Wie alle anderen magischen Traditionen dürfen auch die Animisten auf Traditionsartefakte zugreifen, die in diesem Kapitel detailliert dargestellt werden. Regeln zu den Animistenfähigkeiten und Animistenwaffen zeigen ein stimmiges Konzept. Neben nivesischen Wolfskindern, Gjalsker Tierkriegern, mohischen Geisterkriegern, Trollzackern und Ferkina-Besessenen wirken nur die Fjarninger-Zauberschmiede etwas gewöhnungsbedürftig.

Ein wirklich schöner Einfall sind die Animistenkräfte der Patrone, mit denen die Animisten in einem Schnellritual die Kräfte von Wesenheiten in ihren Körper rufen können, um davon zu profitieren. Warum jedoch die gewählten Patrone (primärer und sekundärer) nicht aus derselben Kategorie stammen dürfen, erschließt sich aus den vorliegenden Texten nicht.

Die Druiden, welche man bereits durch den Quellenband Die streitenden Königreiche kennengelernt hat (wir berichteten) oder in Abenteuern wie Ewiger Hass und Neue Bande &Uralter Zwist kennenlernen kann, wurden um ein Sichel-Traditionsartefakt und die zugehörigen Sonderfertigkeiten erweitert. Auch der rituelle Dolch der Druiden wurde mit neuen Kräften ausgestattet und erlaubt nun Opfer- und Blutrituale, welche das Spiel mit Druiden um einen gehörigen Thriller-Faktor erhöhen. Wer wollte nicht schon einmal 100 Lebenspunkte innerhalb von 24 Stunden durch das Töten von Lebewesen vergießen, um sich eine Zone mit gesenkten Zauberkosten zu erschaffen?

Die Geoden wirken da auf den ersten Blick schon etwas harmloser und erhalten neben ihren Geodenritualen und dem Traditionsartefakt Lebensring auch den Zugriff auf die, durch Hexen bekannt gewordenen, Vertrautentiere. Auf den zweiten Blick entpuppt sich das Geodenritual „Gestalt aus Rauch“ als eine der gefährlichsten Kampfbeschwörungen ganz Aventuriens.

Die Auswahl der gildenmagischen Traditionen beschränkt sich selbstverständlich auf Institutionen der Beherrschungs- und Elementarmagie. Darunter befinden sich alte Bekannte, wie Drakonia, Mherwed und Olport, aber auch die neue Akademie Wagenhalt und das Rommilyser Informationsinstitut profitieren von den neuen Stab-, Bannschwert- und Kugelzaubern.

Die Zibiljas, die Zauberinnen der norbadischen Sippen, wirken recht stimmig. Ihr Traditionsartefakt ist die Sippenchronik oder SefferManich, welches ihnen zum Beispiel ermöglicht, Bienenschwärme zur Hilfe zu rufen. Ob die Rituale jedoch gut ausbalanciert sind, muss sich erst im Spiel noch zeigen. Wer für 16 Astralpunkte eine Wächtermumie über Jahrhunderte in ein Grab stellen kann, der hält viel Macht in Händen.

Kapitel 2: Erweiterte Magieregeln Dieses Kapitel befasst sich ausgiebig mit diversen Fokusregeln zu Unterrichtsplänen der hinzugekommenen Akademien, Denkschulen und Prägungen der Traditionen, der Erschaffung von Chimären, dämonischen Pakten, Limbus- und Sphärenmodellen und der Magie der Zeit.

Nicht jeder Magier gleicht zwingend dem anderen, selbst wenn beide dieselbe Akademie besucht haben. Die Lehrpläne geben den Spielern die Möglichkeit, eine professionelle Variante für ihre Magier zu wählen und neben Zaubern auch andere Fertigkeiten anzupassen. Ein Inspektor aus Rommilys hat schließlich eine bessere Menschenkenntnis als ein Kryptograph aus gleichem Hause, und ein Golembauer aus Rashdul lernt eher den Zauber „Totes handle“, während sein Mitschüler in der Ausbildung zum Totenbeschwörer den „Geisterruf“ vorzieht.

Die Erschaffung von Monstrositäten ist ein Teil des zweiten Kapitels, der eher durchwachsen wirkt. Um Chimären, Untote und Golems zu erschaffen, bedarf es verschiedener Zauber- und Sonderfertigkeiten, welche sich von der Beschwörung elementarer und dämonischer Wesen stark unterscheiden. Beispielsweise wird das starre Konstrukt der QS (Qualitätsstufen) durch eine Loyalitätsprobe ersetzt, um die Beherrschung des Wesens zu gewährleisten. Eine durchaus sinnvolle und gut umsetzbare Idee.

Weniger sinnvoll scheint die Einschränkung zu sein, die nur dem Erschaffer eines Wesens auch die Kontrolle des selbigen ermöglicht. Auch eine dauerhafte Erschaffung (das Pendant zur Jahrhunderte alten Wachsmumie der Zibiljas) ist schon auf Grund der immensen Kosten permanenter Astralenergie nicht möglich.

Bei der Auswahl der Wesensfähigkeiten (erweiterte Erschaffungsregeln) haben sich die Autoren viel Mühe gegeben, dennoch fällt neben Rechtschreibfehlern besonders die „Fortpflanzungsfähigkeit“ ins Auge. Es wird mal wieder Zeit für eine Säbelzahnkaninchenplage!

Wer sich auf den drei Seiten über Sphären im falschen Buch wähnt, der wird in den darauf folgenden Themen über Limbus, Globulen und Feenwelten verstehen, warum eine Grundlagenerklärung notwendig ist. Anders jedenfalls ist der sehr klerikale Beitrag über das Zwiebelschalenmodell und die allgemeine Sphärenbeschreibung nicht zu rechtfertigen. Limbus-, Globulen- und Feenweltbeschreibungen hingegen laden den Leser zu einem Ausflug ein und bieten den ein oder anderen Abenteueranreiz. Lediglich das Fehlen von inneraventurischen Texten oder Zitaten ist schade.

Das Kapitel „Erweiterte Magieregeln“ stellt sich auch dem häufig mit Skepsis betrachteten Thema der Zeitmagie. Die zwei Buchseiten, welche sich hauptsächlich mit temporalen Auswirkungen und „satinavschen Störungen“ (unvorhersehbare Ereignisse) beschäftigen, hätten getrost weggelassen werden können, zumal jede zehnte Zauberprobe temporaler Magie zu ungefähr 25 Prozent tödlich endet oder abenteuerbeendende Auswirkungen hat. Die zwei Buchseiten, welche sich hauptsächlich mit temporalen … ach, blöde Zeitschleife! Von deutlich höherem Interesse sollten dagegen die nachfolgenden Seiten über Dämonenpakte sein. Im Fokus stehen die Themen Seelenpakt, Minderpakt, karmale Objekte (Textkopie aus Aventurisches Götterwirken I und aus dem Kontext gerissen), der Paktbruch und die begehrten Paktgeschenke.

Für das Bild, welches Abenteuer, Quellenbücher und Romane von DSA bisher zeichneten, ist es ungewöhnlich, dass Dämonenpakte neuerdings (DSA5) einen starken Willen des Paktierers voraussetzen. Die „Paktprobe“, eine erschwerte Willenskraftprobe, muss dabei den Erzdämonen überzeugen, dass der Paktierer starken Willens ist ihm zu dienen. Das Konzept ähnelt dem eines Geweihten, der seinen Gott um ein Wunder bittet, jedoch nicht mehr dem bekannten, willensschwachen und verzweifelten Aventurier, der den Einflüsterungen des Dämons verfällt. Der Paktierer-von-morgen WILL seine Seele verkaufen und freut sich vermutlich schon auf die ewige Verdammnis.

Nun gut, ihm wird mit den Paktgeschenken auch einiges dafür geboten. Als Charyptoroth-Paktierer im zweiten Kreis der Verdammnis mit einem Augenzwinkern 4 Wasserleichen zu erheben ist ebenso möglich wie die Wiederauferstehung von den Toten, wenn man die „Neun Leben“ von Aphasmayra einfordert.

In Zukunft werden paktierende Antagonisten möglicherweise zu (über-)mächtigen Gegnern. Wem ein Pakt allerdings nicht mehr gefällt, der kann sich dank Paktbruch-Regeln auch wieder davon trennen. Zumindest in der Theorie und bei Minderpakten ist dies der Fall. Der Paktbruch eines Seelenpaktes bringt schon einige Probleme mit sich. Nicht nur, dass der Ort des Paktbruches außerhalb eines Tempels stattfinden muss, da sein Dämonenmakel den Paktierer sonst vorzeitig umbringen würde.

Nein, der Exorzist muss auch tief in die Taschen seiner permanenten Karmapunkte greifen. Das für ein sinnfreies Unterfangen, da der Seelenmakel in der Regel vollkommen erhalten bleibt und regeltechnisch nur die für Paktgeschenke ausgegebenen Abenteuerpunkte zurückerstattet werden. Einmal Paktierer, immer Paktierer! Es sei denn die Götter haben ein Einsehen, aber warum sollten sie? Der Paktierer hat ja schließlich um den Pakt gebettelt.

Dem Minderpaktierer geht es da schon besser, er wird sein Dämonenmal wieder los, dafür stehen ihm aber auch nur begrenzt Paktgeschenke zur Verfügung. Bemerkenswert ist die Neuerung, dass Paktbrüche auf drei Arten möglich sind: profan, also durch den eigenen Willen (Willenskraftproben); karmal, mit Hilfe eines geweihten Exorzisten; magisch, mittels exorzistischem Ritual. Damit ist das Paktbrechen oder Exorzieren nicht mehr nur den Geweihten in Aventurien vorbehalten.

Fokusregeln zu Prägungen und Zauberstilen bilden den Übergang zum dritten Kapitel. Hier findet man verschiedene Darstellungsformen und Denkschulen, ähnlich der Hexenschwesternschaften aus Aventurische Magie II. Spieler erhalten somit die Möglichkeit, noch kleinteiliger ihren Helden zu individualisieren und regeltechnisch aufzubessern. Beispielsweise können Spieler eines Animisten darüber entscheiden, ob sie als „Geisterseher“ ihre Animistenkräfte leichter einzusetzen vermögen oder als „Klingenmeister“ Kosten für die Waffenzauber einsparen und mehr Schaden anrichten.

Kapitel 3: Magische Sonderfertigkeiten Zahlreiche neue Sonderfertigkeiten (SF) führt das dritte Kapitel auf, welches in drei Abschnitte gegliedert ist. Im ersten Abschnitt lassen sich „Allgemeine Sonderfertigkeiten“ finden, welche beispielsweise Nekromanten oder Chimärenmeister bei ihrer Arbeit unterstützen. Die im zweiten Abschnitt genannten „Zauberstilsonderfertigkeiten“ beziehen sich auf die Prägungen des vorangegangenen Kapitels und erweitern diese (Die Prägung ist allerdings keine Voraussetzung für einen Zauberstil).

Der dritte und letzte Abschnitt „Erweiterte Zauberstilsonderfertigkeiten“ baut wiederum auf den Zauberstilen auf und gibt eine Auswahl an speziellen Fähigkeiten. Der druidische Zauberstil „Hüter des Hains“ senkt beispielsweise nicht nur die Kosten für Zauber des Merkmals Heilung, sondern ermöglicht auch den Erwerb der erweiterten Zauberstilsonderfertigkeit „Magische Kräuterheilkunde“. Eine doppelseitige Übersicht der neuen magischen Sonderfertigkeiten rundet das regellastige Kapitel ab.

Kapitel 4: Zauber Da noch immer kein Pendant zum Liber Cantiones (Zauberbuch aus DSA4.1) erschienen ist, sind die über 50 Zauber und Rituale auf den Seiten des vierten Kapitels eine willkommene Ergänzung. Nach einigen Zeilen Reglement zum Umgang mit Zaubern erblickt man zunächst die „Zaubertricks“, welche seit der fünften Edition existieren. Gerade solche Zaubertricks, die keine immensen Auswirkungen haben, wie „Hundekeks“, „Wechselschein“ oder „Übergangen“, machen das Spiel lebendig und sind eine Bereicherung für den Spieltisch. Leider scheint es unter den Zibilja und Animisten keine Zaubertricks zugeben.

Die Zauber sind wie erwartet auf die Merkmale Einfluss und Elementar begrenzt. Sie scheinen meistens gut durchdacht. Von „Aquafaxius“ bis „Zwingtanz“ ist für jeden Magiewirker etwas dabei. Auch die länger dauernden Rituale bringen mit „Applicatus“, „Planastrale“, „Meister der Elemente“ oder den Zeitzaubern ein paar Klassiker zurück. Für DSA-Veteranen ist der Wechsel einiger Merkmale und Verbreitungsgebiete sicherlich gewöhnungsbedürftig. Auch, dass Zauber, die ehemals Varianten anderer Zauber waren, nun als selbstständige Zauber in den Auflistungen erscheinen, ist nicht immer nachvollziehbar, wenngleich keine Neuheit mehr.

Zu den weniger gut durchdachten Zaubern zählt vor allem der „Meister der Elemente“ (zu dem nicht nur die Werte für Elementare Meister fehlen – siehe Bonuscontent), welcher als Grundvoraussetzung die Zauber „Manifesto“, „Elementarer Diener“ und „Dschinnenruf“ erfordert. Geoden und Druiden müssen also zunächst Zauber fremder Traditionen lernen, um Elementare Meister zu beschwören. Ebenfalls unausgereift scheinen die Zauber „Panik überkomme euch“ und „Angst auslösen“ (aus Aventurische Magie I). Während erster Zauber eine Stufe des Zustandes Furcht für unglaubliche 32 Astralpunkte auslöst, kostet letzterer gerade mal die Hälfte und bietet dafür gleich zwei der Zustandsstufen Furcht. Löblich sind die Tabellen und die sinnvoll sortierten Übersichten am Ende des Kapitels, welche einen schnellen Überblick über die neuen Zaubertricks, Zauber und Rituale ermöglichen.

Kapitel 5: Professionen Mit mehr als 30 Professionen bietet das fünfte Kapitel jedem Spieler eine große Auswahl an Zauberkundigen aus der Welt der Beherrscher, Beschwörer und Elementaristen. Wenngleich die Abenteuerpunkte der einzelnen Professionspakete erst durch die Errata korrigiert wurden, lässt sich doch von einer guten Zusammenstellung von Zaubern und Sonderfertigkeiten sprechen. Die begleitenden Texte sind angenehm zu lesen, wenngleich die Darstellungen der Magier etwas zu häufig vom vermittelten Bild abweichen. Während einige Professionen Einblick in das magische Wirken ihrer Tradition vermitteln, wie etwa die mohischen Geisterkrieger, bleibt die Herkunft der magischen Zauberschmiede der Fjarninger ein gut gehütetes Geheimnis.

Kapitel 6: Archetypen Die acht Archetypen im sechsten Kapitel sind sicherlich eine gute Möglichkeit für Einsteiger. Die Gildenmagier aus Brabak, Olport und Drakonia werden aber nicht überzeugend genug dargestellt, und auch die „gesponnenen Fäden“, welche als umfassende Geschichte die Archetypen einrahmen sollen, sind in dieser Publikation eher fade – schade!

Der Anhang Im Anhang lassen sich neben einigen groben Schnitzern auch ein paar kleine Schmankerl finden. Wie bereits erwähnt sind die „Elementaren Meister“ verschollen und mussten erst mit dem Bonuscontent beschworen werden. Die etwas schwächeren Dschinne haben mit Copy-Paste-Fehlern zu kämpfen, wenn sie nicht verbrennen wollen. Bei den Dämonen gibt es (im Westen) – nichts Neues!

Gleichwohl dürfen sich Spieler von Nivesen über Wolfsblut-Vorteile freuen und damit auch über eine weitere Spezies der Ahnenblütigen. Für Beschwörer, Chimärologen, Besitzer von Vertrautentieren, Nekromanten und Golembauern bietet der Anhang zudem 35 Kreaturen und deren Spielwerte. Dass auch hier fortpflanzungsfähige Chimären dabei sind, sollte am besten genauso übersehen werden, wie die unglaublich putzige Darstellung des gefürchteten und einschüchternden Steingolems.

Erscheinungsbild Neben dem gelungenen Coverbild von Christof Grobelski wirken viele der Innenillustrationen schlecht ausgewählt. Die Autoren, welche die Beschreibungen von Professionen und Gegenständen erstellen, sollten hier mit den Gestaltern näher zusammenarbeiten. So lassen sich Fehler, wie beispielsweise beim Lebensring des Geoden („Dabei handelt es sich um einen Halsreif aus Gold …“), der in Silber dargestellt ist, vermeiden. Insgesamt lässt das Layout diesmal stark zu wünschen übrig, wenngleich eingeräumt werden muss, dass Ulisses bereits eine Errata hierfür angekündigt hat. Während Druck und Schrift wie immer gut leserlich sind, hat auch das Lektorat diesmal wohl unter Beeinflussung böser Zauber gestanden. Doppelungen, Copy-Paste-Fehler oder Fehler in Groß- und Kleinschreibung sind leider keine Seltenheit.

Bonus/Downloadcontent Wie bereits kurz nach Erscheinen des Werkes von Ulisses angekündigt, wurde die versprochene Errata (inkl. der fehlenden Elementaren Meister) am 22.12.2018 zur Verfügung gestellt. Außerdem kündigte Ulissesan, in diesem Jahr ein zweites Dokument bereitzustellen, welches sowohl die Korrekturen des Layouts (Wertekästen etc.), als auch weiteres Bonusmaterial enthalten soll (z.B. die Kultur der Brobrim).

Fazit Leider sind nicht aller guten Dinge drei. Aventurische Magie III kann zwar die Erwartungen an neue Zauber im Bereich Beherrschungs- und Elementarmagie erfüllen und bringt mit den Traditionen der Animisten, Geoden und Zibilja tolle neue Möglichkeiten an den Spieltisch, weist aber zugleich auch viele Mängel auf. Übereinstimmungen von Illustrationen und Beschreibungen sind Glückssache, Layout und Rechtschreibung fehlerhaft. Neben einigen hervorragenden Fokusregeln und Ideen, wie beispielsweise dem Traditionsartefakt „Sichel“ oder dem Zaubertrick „Pflanzenempathie“, sind leider auch einige nicht zu Ende gedacht worden. Für Spieler und Spielleiter, die sich mit genannten Magiethemen auseinandersetzen, ist die Publikation durchaus lesenswert. Wer keine Angst vor Zeitaufseher Satinav hat, sollte aber am Rad der Zeit drehen und auf eine überarbeitete zweite Auflage hoffen oder die angekündigte zweite Errata abwarten.



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POLARIS RPG - Core Rulebook: 1 - ENGLISH
Publisher: Black Book Editions
by Roger L. [Featured Reviewer]
Date Added: 03/01/2019 05:02:51

https://www.teilzeithelden.de/2019/02/02/rezension-polaris-in-der-tiefe-des-meeres-ist-nicht-alles-friedlich/

Eine Zukunfts-Dystopie, die in den Tiefen der Ozeane spielt. Stadtstaaten, politische Verwicklungen, unerklärliche Fähigkeiten, verlorene Technologie und natürlich: U-Boote! All das bietet das französische Rollenspiel Polaris. Wir haben einen Blick auf die englische Übersetzung geworfen, um zu sehen, ob das Spiel hält, was der Hintergrund verspricht.

Das Grundregelwerk von Polaris erstreckt sich über zwei Bücher, welche auf DriveThruRPG angeboten werden. Die beiden Bücher gehören zusammen, und in der Printausgabe werden sie auch zusammen im Schuber verkauft. Insofern erscheint es etwas verwunderlich, dass DriveThruRPG die PDFs einzeln zum Kauf anbietet. Diese Rezension behandelt das komplette Regelwerk.

Das erste Buch beinhaltet die komplette Spielwelt sowie die Charaktererschaffung. Am Ende erfolgt noch eine Einführung in die Grundregeln. Das zweite Buch beinhaltet die komplette Ausrüstung, Fahrzeuge, das Bestiarium, erweiterte Regeln und jede Menge Optionen.

Die englische Übersetzung liest sich bei beiden Büchern angenehm flüssig, was bei Übersetzungen aus dem Französischen nicht immer der Fall ist.

Die Spielwelt Nach einer nicht näher beschriebenen Katastrophe hat sich die Menschheit wieder in die Meere zurückgezogen. Wann dies stattfand, wird ebenso im Unklaren gelassen wie die Frage, ob die Menschen überlebt haben oder von Genetikern mit übernatürlichen Kräften wieder neu erschaffen wurden. Die Genetiker selbst gelten als ausgelöscht, seit sich die Azure Alliance formiert hat, um die Menschheit von deren Herrschaft zu befreien. Trotzdem sollen sich noch einzelne Genetiker versteckt halten – aber von denen kennt man nicht mehr als den Namen. Nach dem Sieg zerfiel die Azure Alliance in einer Reihe von Kriegen. Zurück blieb die Welt, in der Polaris spielt.

Die moderne Welt hat mit einigen harten Einschränkungen zu kämpfen, mal abgesehen von dem Fakt, dass die Bewohner nahezu alle unter Wasser leben. Im Laufe der Zeit ist viel Wissen verlorengegangen, sodass zwar einiges an Technik vorhanden ist, aber nur noch wenige exakt wissen, warum diese Technik funktioniert. Außerdem hat ein Großteil der Menschheit ihre Fruchtbarkeit verloren. Einige Städte halten deshalb die wenigen noch fruchtbaren Personen in „Hausarrest mit allen Annehmlichkeiten“. Fruchtbar zu sein und dies nicht zu melden, ist ein Verbrechen. Die großen Konzerne versuchen, die Ursache für die Unfruchtbarkeit zu ergründen und ein Gegenmittel zu finden, wobei sie auch vor Experimenten am unfruchtbaren Teil der Bevölkerung nicht zurückschrecken.

Namensgebend für das Rollenspiel ist der Polaris-Effekt. So nennen sich Psi-Kräfte, die ein wenig vom Warhammer-Universum beeinflusst scheinen. Seine Anwender können unglaubliche Dinge vollbringen, aber dabei auch unglaubliches Tohuwabohu anrichten. Der Einsatz kann für Anwender und Umstehende durchaus tödlich enden. Zudem haben die Anwender Zugang zu einer Paralleldimension, für den Fall, dass ihnen ihr normales Leben mit dem Polaris-Effekt noch nicht kompliziert genug ist.

Ein vorgefertigter Charakter, Seite 1 Ein vorgefertigter Charakter, Seite 2 Das Setting an sich ist sehr beeindruckend beschrieben, ruft aber an der einen oder anderen Stelle Verwunderung hervor, sobald es an die Wissenschaft dahinter geht. Der Autor beschreibt selbst, dass er sich anfangs eher auf die möglichen Geschichten als auf die Wissenschaft konzentriert hat, und mit Letzterer bei der Überarbeitung etwas Hilfe von außen hatte. Trotz des Fantasy-Charakters der Welt scheint es hier keinen roten Faden zu geben, was die Menschen noch bauen können und was nicht mehr. Freunde der Wissenschaft sollten beispielsweise nicht allzu sehr über den Themenkomplex „Salzwasser und Süßwassergewinnung“ und alles, was da dranhängt, nachdenken. Auch ist verwunderlich, wie die Menschen tagtäglich eingesetzte Technologien oder deren Voraussetzungen vergessen konnten.

HUMANKIND WAS BORN IN THE SEAS AND IS NOW COMING BACK HERE TO DIE.

– Vulrick the Mad, einer der namentlich genannten Genetiker (Zitat vom Buchrücken)

Die Regeln Die Regeln von Polaris sind sehr einfach. Gewürfelt wird mit einem W20 unter einen modifizierten Wert. Eine 1 ist immer ein Erfolg, eine 20 immer ein Patzer. Wenn gegeneinander gewürfelt wird, gewinnt der höhere Wurf, der kein Fehlschlag war.

Der Spielleiter kann auch entscheiden, nicht würfeln zu lassen. Dann wird der Modifikator direkt mit dem Fertigkeitswert verglichen, um abzuschätzen, ob der Charakter etwas vollbringen kann oder nicht.

Initiative im Kampf ist statisch und bestimmt sich aus dem Basiswert und einem von der geplanten Aktion abhängigen Modifikator. Treffer und Schaden benutzen eine Kombination aus Wundschwellen und Trefferzonen, wodurch auch einzelne Körperteile zerstört werden können.

Der Polaris-Effekt wird eingesetzt, indem man ihn erst ruft und dann formt. Dies sind zwei Aktionen mit eigenen Würfen. Scheitert der erste, gibt es einen Backslash mit allen möglichen zufälligen Auswirkungen. Scheitert der zweite, oder wird der Anwender durch irgendetwas unterbrochen, passiert einfach nichts. Nach dem Einsatz muss der Anwender einen Schock-Test würfeln, um zu sehen, ob der Polaris-Effekt ihn kurzzeitig ausschaltet.

Charaktererschaffung Polaris-Charaktere haben acht Attribute mit je einer „Natural Ability“, ähnlich dem Attributs-Modifikator von D20-Spielen wie beispielsweise Pathfinder, und einen Glückswert. Diese Werte werden mit Punkten gekauft, beziehungsweise im Falle des Glückes vom Spielleiter zugewiesen. Danach bekommt man neue Punkte, von denen diverse Vor- und Nachteile und auch Mutationen gekauft werden können. Dann beginnt die eigentliche Arbeit.

Ein Großteil des Charakterbogens steht für Fertigkeiten zur Verfügung, und davon gibt es buchstäblich hunderte. Die Fertigkeiten selbst sind hoch spezialisiert, und teilweise braucht man mehrere Spezialisierungen, um die Fertigkeit überhaupt vernünftig einsetzen zu können. Die Fertigkeitswerte bestimmen sich aus einem Basiswert und dem erlernten Rang. Die Ränge bekommt der Charakter durch seinen Werdegang. Ein paar Tabellen liefern seine Vorkenntnisse, dann folgen die Berufe, in denen er bereits gearbeitet hat: Für einen Charakterpunkt hat der Charakter ein Jahr in einem Beruf gearbeitet. Für jedes Jahr erlernt er Fertigkeiten auf Basis dieses Berufes.

Der Mercenary als Beispiel für einen Beruf Der Mercenary als Beispiel für einen Beruf Dabei sind Voraussetzungen zwischen den Berufen zu beachten. Pro Jahr in dem Beruf darf man aus den gebotenen Fertigkeitsverbesserungen auswählen. Dabei muss man wiederum ein Auge darauf haben, dass manche Fertigkeiten nur in bestimmten Berufen überhaupt angeboten werden. Und man muss ein Auge auf die schon erreichten Fertigkeitswerte halten, denn diese werden mit zunehmender Höhe auch teurer. Zusätzlich bekommt man pro Jahr noch spezielle Berufsfähigkeiten, welche wieder ein Blättern im Buch erfordern. Man wünscht sich hier das Hardcover-Buch, in das man Klebezettelchen auf die gerade relevanten Seiten kleben kann.

Die Charaktererschaffung erinnert in ihrer Komplexität an Das Schwarze Auge und dauert auch in etwa so lange. Allerdings kommen auch sehr gut abgerundete Charaktere dabei heraus. Diese werden im Zuge der Charaktererschaffung auch stark in der Welt verankert, weil sie beispielsweise Kontakte, Gegner, Fahrzeuge, Werkstätten oder anderes ansammeln können.

Für einen schnelleren Einstieg stehen mehrere vorgefertigte Charaktere zur Verfügung. Diese sind allerdings auch nicht spielbar, ohne sich erst einmal in sie einzulesen und beispielsweise zurückzuverfolgen, welcher Wert jetzt woher kommt.

Spielbarkeit aus Spielleitersicht Es macht Spaß, sich in die komplexe Spielwelt hineinzudenken. Die Vermischung von Technik, Psi (Polaris-Effekt) und Endzeit bildet eine gute Basis, und die Geflechte zwischen den politischen Gruppierungen bieten viel Stoff für interessante Abenteuer.

Die Charaktererschaffung liefert die Vorgeschichte der Charakter direkt mit und gibt dem Spielleiter viele Ansatzpunkte für spätere Abenteuer.

Das Core Rulebook 2 bietet viele Regeln für Ausrüstung. Diese sind direkt bei den jeweiligen Ausrüstungsgegenständen angeordnet und damit leicht zu finden, was zum Nachschlagen beim Spiel nützlich ist. Die Ausrüstung ist in verschiedene Tech-Level unterteilt, da nicht alle Enklaven der Menschheit gleich viel Technologie bewahrt haben. Gleiches gilt für Fahrzeuge, Waffen und Rüstungen. In vielen Fällen lohnt sich der Blick in diese Kapitel auch schon während der Charaktererstellung, damit man weiß, welche spezialisierten Fertigkeiten die Spieler benötigen, um die angestrebten Besitztümer auch nutzen zu können.

Außerdem bietet das zweite Buch eine gute Auswahl an Crittern, von einfachen Geschöpfen bis hin zu Monstern, bereit, auf die Spielercharaktere losgelassen zu werden.

Spielbarkeit aus Spielersicht Die komplexe Charaktererschaffung hat Vor- und Nachteile. Die Spieler kommen bei der Charaktererschaffung mit vielen Teilen der Spielwelt in Berührung, und der Charakter wird fest in der Welt eingebettet. Dafür kostet sie aber leider auch viel Zeit. Am besten ist es, wenn sich der Spielleiter mit jedem Spieler einzeln für die Charaktererschaffung trifft und den Charakter zusammen mit dem Spieler ausformt.

Das Spiel selbst geht schnell und flüssig, allerdings ärgert man sich hier und da, wenn dem Charakter eine spezielle Fertigkeit fehlt, von der man dachte, sie sei durch eine andere mit abgedeckt, und man deshalb eine Aktion nicht ausführen kann.

Erscheinungsbild Beide PDFs glänzen mit einem hervorragenden Layout. Der Text ist auf jeder Seite gut lesbar, Tabellen sind übersichtlich angeordnet. Die Seiten sind als Text realisiert, wodurch das Regelwerk durchsuchbar wird.

Grafisch ist Polaris ein wahrer Augenschmaus. Gedruckt gehört es zu den Regelwerken, die man sich auch nur für das Artwork ins Regal stellen kann. Die Cover sind fast schon fotorealistisch, und die Grafiken im Inneren bewegen sich zwischen realistisch und gut gemachtem Comic-Stil. Doppelseitige Karten vorne und hinten in jedem Buch helfen, sich in der Spielwelt zu orientieren. Die Grafiken schlagen sich allerdings auch in den Dateigrößen nieder: 63MiB respektive 47MiB bringen manche Lesegeräte an ihre Grenzen, vor allem, wenn man beide Bücher gleichzeitig braucht.

Leider wurde auf anklickbare Seitenzahlen im Inhaltsverzeichnis und auf anklickbare Verweise im Text verzichtet, sodass man hier die Sprungfunktion des Readers nutzen muss. Thumbnails und eine Gliederung in der Seitenleiste sind aber verfügbar, wenn der Reader diese unterstützt.

Bonus/Downloadcontent Über DriveThruRPG kann ein kostenloses Quickstart-Abenteuer bezogen werden. Des Weiteren gibt es auf der Homepage von Polaris Charakterbögen zum Herunterladen.

Fazit Polaris bietet ein komplexes und gut ausgearbeitetes Alternate-Earth-Setting, gut spielbare Regeln und eine sehr detaillierte Charaktererschaffung. Einsteigern werden gut ausgearbeitete Beispielcharaktere geboten.

Die Charaktererschaffung per PDF ist sehr holprig, da viel „geblättert“ werden muss. Die Lesezeichen, so der Reader welche anbietet, werden schnell selbst unübersichtlich und stoßen an die Grenzen der Nutzbarkeit.

Das Layout ist lesbar und funktional, die Grafik ist sehr gut und stimmungsvoll. Der Text ist komplett durchsuchbar, was bei der Charaktererstellung wiederum ein Pluspunkt ist. Die Übersetzung ist gut gelungen.

Die beiden PDFs Core Rulebook 1 und Core Rulebook 2 gehören zusammen und sollten, auch als PDF, nicht getrennt verkauft werden. Der Preis von 40 USD ist happig, bedenkt man, dass man für etwas mehr als das Doppelte bereits die Print-Ausgabe bekommt.

Ein Manko: Das Regelbuch deutet in den Texten alle möglichen Geheimnisse an, die es zu ergründen gilt – gibt dem Spielleiter allerdings keine weiterführenden Informationen, sodass er sich selbst überlegen muss, was der Genetiker mit seiner Aussage gemeint haben könnte.

Insgesamt ist Polaris ein gutes und vollständiges Basisset, allerdings sorgen der hohe Preis der PDFs sowie das zu zergliederte Fertigkeitssystem für Abzüge in der Bewertung. Die etwas mehr als doppelt so teure Printausgabe bietet ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis.



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[4 of 5 Stars!]
POLARIS RPG - Core Rulebook: 1 - ENGLISH
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Kids on Bikes: Core Rulebook
Publisher: Hunters Entertainment
by Roger L. [Featured Reviewer]
Date Added: 02/18/2019 05:48:04

https://www.teilzeithelden.de/2019/01/30/ersteindruck-kids-on-bikes-kleine-staedte-grosse-abenteuer/

Seltsame Geschehnisse und bizarre Gestalten: In manch einer Kleinstadt verbirgt sich mehr als das, was das menschliche Auge sieht – das wissen vor allem die Jüngsten unter uns. Das moderne US-amerikanische Mystery-Rollenspiel Kids on Bikes erschien 2018 bei den Renegade Game Studios und verbindet urbanes Legendentum mit einer Idee kindlicher Neugier.

Neben Kindern können auch Jugendliche oder Erwachsene gespielt werden Free Leagues Tales from the Loop hat gezeigt, dass viele spaßige und spannende Spielstundenauf diejenigen warten, die in die Rolle von Kindern schlüpfen und sich auf Entdeckungstour begeben. Ziel einer solchen sind u. a. mysteriöse, gar unheimliche Orte, Personen und Gerüchte. Kids on Bikes fokussiert sich auf verschlafene amerikanische Vorstädte und gestattet neben kindlichen SC auch jugendliche oder gar erwachsene Charaktere. Was kompakte 80 Seiten Grundregelwerk mitbringen und was sonst noch so zwischen den Buchdeckeln steckt, wird im Anschluss genau unter die Lupe genommen.

Die Spielwelt Im Kontrast zu Fantasy- oder SciFi-Szenarien ist die Welt von Kids on Bikes realitätsnah gestaltet. Obgleich die Spieler gemeinsam mit dem SL die Spielwelt vor Beginn des Spiels nach Belieben formen können, so ist das US-amerikanische suburbane bzw. kleinstädtische Setting fundamental. Zeitlich sind keine festen Vorgaben vorhanden, jedoch stehen den SC keine Smartphones, Tablets etc. zur Verfügung. Darüber hinausgehende vorgegebene Details sind kaum bis gar nicht vorhanden, Spielern und SL werden viele Freiheiten zum Weltenbau gelassen.

Fahrrad, Taschenlampe, Rucksack: Es geht auch ohne Hightech Die Spieler nehmen die Rollen von Kindern, Jugendlichen oder sogar Erwachsenen ein, die aus ihren eher verschlafenen Alltagen gerissen werden, als sie Begegnungen mit dem Mysteriösen oder sogar dem Unheimlichen machen. Atmosphärisch lehnt sich Kids on Bikes damit u. a. an Netflix' Stranger Things an. Solche Assoziationen wie auch die Ähnlichkeit zur Welt jenseits des Spieltisches schaffen eine stimmige, in sich schlüssige Atmosphäre.

Als problematisch ist die zumindest teilweise vorhandene Eindimensionalität eines wiederkehrenden Kleinstadtsettings anzusehen; ein solches kann bei wiederholtem Bespielen und Ausschöpfen unterschiedlicher Aspekte und Variationen repetitiv werden. In diesem Fall wären nur eine beschränkte Wiederspielbarkeit und eine nur bedingte Kampagnenfähigkeit von Kids on Bikes gegeben.

Die Regeln

Je höher der zugeordnete Würfel ist, desto besser beherrscht der jeweilige SC den jeweiligen Stat Die Grundlage der SC bilden die sechs Attribute, die sogenannten Stats. Diese beschreiben, worin ein Charakter begabt ist und worin eher weniger; es existieren unterschiedliche Schwerpunkte je nach Charakterkonzept.

Brains Dieses Attribut beschreibt, über wie viel Wissen ein Charakter verfügt sowie seine Kompetenz im Erkennen logischer Zusammenhänge. Brawn Brawn beschreibt die Stärke eines Charakters: Wie viel kann er heben und wie viel physischen Schaden kann er einstecken? Fight Mit Fight wird festgelegt, ob ein Charakter sich gut oder schlecht in einem Gefecht schlägt. Bekannte Waffen können effektiv eingesetzt werden; der Umgang mit neuen Waffen wird rasch gelernt. Flight Wie schnell ist der Charakter – körperlich, aber auch die verbale Schlagfertigkeit betreffend? Diese Frage wird mit dem Stat Flight beantwortet. Charm Für einen Charakter mit einem hohen Wert in Charm ist es ein Leichtes, mit den richtigen Worten den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, wenn es einmal brenzlig wird. Auch empathische Fähigkeiten werden mit diesem Stat abgedeckt. Grit Grit beschreibt die Willensstärke eines SC. Wie schwer ist es, ihn emotional zu brechen? Darüber hinaus beschreibt Grit die Fähigkeit, einen kühlen Kopf zu bewahren, und definiert die Straßenschläue eines Charakters. Die Stats verfügen über keine festen numerischen Werte. Vielmehr ist es so, dass jedem einzelnen eine bestimmte Art Würfel zugeordnet wird: Das beim jeweiligen SC am geringsten ausgeprägte Charakteristikum erhält den W4 als zugeordneten Würfel, das am stärkten ausgeprägte hingegen den W20. Die übrigen Würfelgrößen – mithin W6, W8, W10, W12 – werden auf die Stats dazwischen verteilt.

Die klassische Fertigkeitsprobe Im Rahmen des Spiels, welches einen narrativen Schwerpunkt aufweist, gelangen die Spieler immer wieder in Situationen, in welchen sie zur Erreichung eines Wunschzustandes eine Probe ablegen müssen. Hierfür legt der SL eine Schwelle fest, die für eine erfolgreiche Probe erreicht werden muss. Im zweiten Schritt entscheidet der SL, welcher Stat genutzt wird. Er legt darüber hinaus eine Schwelle, einen Mindestwurf, fest, der für ein erfolgreiches Bestehen der Probe ge- oder übertroffen werden muss.

Der höchste Wert, der natürlich gewürfelt werden kann, ist eine 20. Der niedrigste eine 1. Allerdings gibt es in Kids on Bikes das Prinzip der explodierenden Würfel. Dies bedeutet, dass beim Würfeln des Höchstwertes des jeweiligen Würfels noch einmal gewürfelt werden darf – sofern die Probe noch nicht erfolgreich war. Dies darf solange wiederholt werden, bis nicht mehr der Höchstwert gewürfelt wird oder die gesetzte Schwelle übertroffen wurde.

Beispiel: Ein SC wird von Feinden bedrängt. Er könnte mit Flight der Situation entfliehen, müsste aber aufgrund der aktuellen Situation (von mehreren Gegnern umzingelt) eine vom SL festgelegte Schwelle von 13 übertreffen. Alternativ könnte der betroffene SC eine Brawn-Probe ablegen, um die Feinde einzuschüchtern. Hier läge die Schwelle allerdings bei 17, da der SC keinesfalls von eindrucksvoller Statur (und darüber hinaus in der Unterzahl) ist.

Der Spieler entscheidet sich für eine Probe auf Flight.

Für diesen Stat darf der SC einen W8 würfeln. Er würfelt eine 8. Dank des Prinzips des explodierenden Würfels darf der Spieler noch einmal würfeln. Er würfelt eine 6. Insgesamt entsteht ein Wert von 14. Die Probe war damit erfolgreich, der SC kann der Situation entkommen.

Je höher der Wurf hierbei ausfällt, desto einfacher gelingt die beprobte Handlung bzw. desto mehr positive Nebeneffekte sind möglich. Dies gilt andersherum auch für das Nichterreichen der Schwelle. Je weiter diese unterschritten wird, desto negativer fallen die Konsequenzen aus.

Darüber hinaus erhält der Spieler beim Scheitern einer Probe einen sogenannten Adversity Token. Dieser kann zu einem späteren Zeitpunkt zum Modifizieren einer anderen Probe eingesetzt werden.

Die Probe im Kampfkontext Kommt es zu einer Kampfhandlung, werden reguläre Proben (z. B. Fight) ausgeführt. Dann jedoch, wenn gegen einen anderen Charakter angetreten wird, findet eine konkurrierende Probe statt.

Die Auswirkungen der vergleichenden Würfe sind in einer Tabelle auf Seite 36 zusammengefasst Beispiel: Der Angreifer attackiert mit Fight. Nun kann sich der Angegriffene entweder mit Brawn zur Wehr setzen oder mit Flight fliehen. Die beiden Proben werden vom jeweiligen SC/NSC gewürfelt.

Je nachdem, zu wessen Gunsten und in welcher Höhe die Differenz ausfällt, wird das Spiel fortgesetzt. Ist ein SC die siegreiche Partei, erhält er temporären erhöhten Einfluss auf den narrativen Fortgang der Handlung.

Interessant ist an dieser Stelle, dass es in Kids on Bikes keine Lebenspunkte gibt. Leben und Sterben liegen laut Grundregelwerk dicht beieinander; eine erfolgreiche Attacke gegen einen Feind kann, wenn der Wert der Angriffsprobe über dem Wurf des Verteidigers liegt, tödlich ausgehen.

Planned Actions vs. Snap Decisions Planned Actions erlauben das Durchführen einer Handlung mit keinem oder wenig Zeitdruck in passenden Bedingungen und mit geeigneten Utensilien. Hier kann auf Wunsch des Spielers statt zu würfeln auch einfach die Hälfte des maximalen Würfelwerts des jeweiligen Stats eingesetzt werden. Hat der Spieler einen W20 zur Verfügung, kann er die Probe – ohne tatsächlich zu würfeln – im Rahmen einer geplanten Handlung mit dem Wert 10 abschließen. Auch Adversity Token, die für fehlgeschlagene Proben vergeben werden, können eingesetzt werden; dies von allen helfenden SC, um das Ergebnis der Probe zu verbessern. Darüber hinaus können die SC hier zusammenarbeiten.

Bei den sogenannten Snap Decisions, also Entscheidungen oder Handlungen, die wesentlich spontaner sind und oft unter Zeitdruck stehen, muss gewürfelt werden. Ein Zusammenarbeiten entfällt und lediglich eigene Adversity Token können die Probe aufwerten. Die Handlung steht unter Zeitdruck oder anderen Negativprämissen.

Dank der detaillierten Erklärungen, Beispiele und Tabellen innerhalb des Regelwerkes sind die Regeln zugänglich. Die nicht gerade umfangreiche Ausführung von Kids on Bikesermöglicht ein schnelles Nachschlagen; komplexe Rechnungen zum Nachprüfen der Proben sind zu keiner Zeit nötig.

Positiv ins Auge fallen die Bemühungen der Autoren, dass SL und Spieler sich zu jeder Zeit wohl in der Spielwelt und mit ihren Charakteren fühlen. An unterschiedlichen Stellen im Regelwerk wird betont, dass der Abbruch einer Situation immer möglich ist, sofern jemand sich in dieser nicht gut fühlt. Gleiches gilt für Charakterkonzepte oder Aspekte innerhalb der gemeinsam gestalteten Spielwelt. Gefallen sie nicht jedem bzw. sorgen sie dafür, dass das Wohlergehen eines Spielers nicht gewährleistet ist, wird von ihnen Abstand genommen.

Charaktererschaffung Entgegen des Namens des Systems, Kids on Bikes, können auch Jugendliche und sogar Erwachsene gespielt werden. Je nach Altersstufe gibt es verschiedene Vorteile, Kinder erhalten z. B. + 1 auf Charmsowie +1 auf Flight. Interessant ist die Diversität innerhalb der Charaktererstellung: Herkunft, Ethnie, sexuelle Ausrichtung können einen Charakter ebenso auszeichnen wie eine körperliche Einschränkung oder Verhaltensweisen jenseits eines neurotypischen Verständnisses.

Die Erstellung eines SC gestaltet sich wie folgt:

Jede Trope weist festgelegte Stats und mögliche Stärken/Schwächen auf Eine Trope, d. h. der klischeehafte Stereotyp eines Charakterkonzepts wie beispielsweise das des beliebten Kindes oder des Verschwörungstheoretikers, wird ausgewählt. Sodann werden das Alter, die Stärken ("strengths") und Schwächen ("flaws") festgelegt. Ergänzend hinzu kommt der Vorname des SC und es erfolgt eine Definition der Verhältnisse des Charakters zu übrigen SC. Hierzu werden Fragen im Regelwerk angeboten, die die Festlegung solcher Verbindungen kreativ und abwechslungsreich gestalten.

Anschließend sollten die Motivationen ("motivations") und Ängste ("fears") festgelegt werden. Der SC erhält außerdem einen Nachnamen sowie eine erste rucksackgeeignete Ausrüstung. Final sind zwei Fragen zu beantworten, die je nach gewählter Trope variieren.

Alternativ kann ein SC auch von Grund auf gebastelt werden. Hier wird dann keine Trope ausgewählt, sondern ein leerer Charakterbogen (Seite 75) zur Hand genommen und eine Verteilung der Stats erfolgt. Eine solche ist bei der oben beschriebenen Version der Charaktererstellung bereits in der Trope mit inbegriffen. Diese Methode nimmt mehr Zeit in Anspruch, gestattet aber mehr Individualität als der Charakterbau auf Basis der Tropen.

Der einseitige Charakterbogen besticht durch Übersichtlichkeit und Minimalismus Die SC sind allesamt weltlich. Es gibt jedoch innerhalb des Systems auch Charaktere mit besonderen Fähigkeiten („poweredcharacters“). Ein solcher wird laut Regelbuch seitens des SL etabliert, aber mithilfe von Karteikarten, die unterschiedliche Eigenschaften und Fähigkeiten aufzeigen, auch von den Spielern gesteuert. Ein solcher Charakter ist in der Lage, übernatürliche Fähigkeiten wie beispielsweise Telepathie und Wetterkontrolle einzusetzen.

Die Charaktererstellung ist kurzweilig und auch für Einsteiger bzw. Neulinge leicht verständlich. Dem Zufall wird kein Einflussbereich eingeräumt; die Spieler können den Charakter ohne risikobehaftetes Auswürfeln kreieren. Am Ende des Erstellungsprozesses stehen primär junge Menschen, die mehr mit sehr weltlichen und weniger mit absonderlichen Fähigkeiten zu überzeugen wissen. Sie stehen realweltlichen Personen in nichts nach.

Erscheinungsbild Die PDF-Version von Kids on Bikes, die in diesem Artikel betrachtet wird, ist übersichtlich gestaltet: Absätze, Zwischenüberschriften und Hervorhebungen in Kursivschreibung und/oder Fettdruck sorgen für eine angenehme Leseerfahrung. Zu keiner Zeit sieht sich der Leser mit Textblöcken konfrontiert, die nur mit Mühe zu bewältigen sind. Immer dann, wenn ein Beispiel zum besseren (Regel-)Verständnis aufgeführt wird, ist dies farbig hervorgehoben. Kleine oder auch ganzseitige Illustrationen werten die Optik von Kids on Bikes auf und sorgen für Abwechslung,

Sprachlich weist das Regelwerk nur an wenigen Stellen nennenswerte Komplexität auf, sodass es sich durchaus auch für Leser eignet, die Englisch als Zweit- oder Drittsprache gelernt haben.

Kids on Bikes ist sowohl als PDF- als auch als Softcover-Variante erhältlich. Darüber hinaus gibt es eine Hardcover-Version, die neben zusätzlichen Illustrationen auch einen Comic sowie ein Beispielabenteuer enthält. Die Hardcover-Version ist auf der Website der Renegade Game Studios erhältlich.

Mit 80 Seiten, die die PDF- sowie die Softcover-Variante aufweisen, ist das Regelwerk zu Kids on Bikes alles andere als umfangreich. Das Fehlen eines Indexes kann somit allein vom Inhaltsverzeichnis aufgefangen werden. Ergänzend hierzu und zum Aspekt der Lesefreundlichkeit ist der Inhalt bzw. das Setting nahe genug an unserem Alltag dran, um die Einstiegshürde in das Rollenspiel niedrig zu halten.

Bonus/Downloadcontent Auf der offiziellen Website der Renegade Game Studios stehen neben den Charakterbögen (Kind, Jugendlicher, Erwachsener sowie Universalbogen) die sogenannten “Ashcan” Rules zur Verfügung, die einen frühen Regelentwurf darstellen, welcher die Kickstarter-Kampagne von Kids on Bikes angekündigt bzw. beworben hat. Darüber hinaus wird der Download des Playbooks angeboten, welches in Teilen vorgefertigte Charaktere bzw. Tropen anbietet, sodass ein schneller Spieleinstieg möglich ist.

Fazit Das verfluchte leerstehende Haus am Ende der Straße, Aliensichtungen im Kornfeld oder ein gruseliger Nachbar – möglicheAufhänger für ein Abenteuer in Kids on Bikes gibt es viele. Die Spieler finden sich als kindliche, jugendliche oder erwachsene Charaktere innerhalb eines klassischen US-amerikanischen Kleinstadtszenarios wieder. Von ihrer eigenen Neugier getrieben geht es auf Entdeckungstour.

Das klassische US-amerikanische Kleinstadtszenario Die Lektüre des kompakten Regelwerks bildet die Grundlage dieses Ersteindrucks. Das Regelwerk ist ansprechend gestaltet und lässt sich inhaltlich leicht erschließen. Dies auch aufgrund des zugänglichen Regelsystems. In Verbindung mit einer realitätsnahen Settingidee sowie einer raschen Charaktererstellung entsteht eine nur sehr niedrige Einstiegshürde, die Kids on Bikes auch für Einsteiger attraktiv macht. Es eignet sich überdies aus den gleichen Gründen als spontaner Zeitvertreib, denn viel Leseaufwand zum Spielen ist nicht gegeben.

Das Bestreben der Autoren, dass jeder Spieler sich zu jeder Zeit wohl in seiner Rolle fühlt, ist an dieser Stelle lobend zu erwähnen – ebenso wie der hohe Grad an Diversität im Rahmen der Charaktererstellung.

Negativ zu bedenken ist die verringerte Wiederspielbarkeit des Systems, denn die Grundzüge des Settings dürften sich rasch wiederholen. Die Kampagnentauglichkeit erleidet deswegen ebenfalls Einbußen. Einige Fans des Settings verweisen auf die inhaltliche Ähnlichkeit zu Modiphius' Tales from the Loop, die zwar nicht als Kritikpunkt per se anzusehen ist, jedoch eher dazu führt, dass entweder das eine oder das andere System gespielt wird und somit eine grundlegend kleinere Zielgruppe vorhanden ist.

Wer eine spannende, mit gruseligen und mysteriösen Aspekten gespickte Abwechslung zu fantasy- oder scifi-lastigen Systemen sucht, kann bedenkenlos einen Blick zwischen die Buchdeckel von Kids on Bikes werfen. Das Regelwerk, welches des Öfteren reduziert bei DriveThruRPG zu erhalten ist (und beispielsweise Halloween 2018 kostenlos im Rahmen eines Suchspiels angeboten wurde), verspricht viele Stunden gemeinsame Freude, ohne SL und Spielern vorab umfangreichen Leseaufwand aufzuzwingen.

Also, prüft die Fahrradketten und packt Ersatzbatterien für die Taschenlampe ein – wir treffen uns um acht am alten Rathaus.



Rating:
[4 of 5 Stars!]
Kids on Bikes: Core Rulebook
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Capers Rpg
Publisher: NerdBurger Games
by Roger L. [Featured Reviewer]
Date Added: 02/18/2019 05:46:45

https://www.teilzeithelden.de/2019/01/31/rezension-capers-kanadischer-whisky-und-superkraefte/

Wirtschaftlicher Aufschwung, Alkoholverbot, Verbrechen und … Superkräfte? Die Roaring Twenties bzw. Goldenen Zwanziger, in denen sich der Jazz verbreitete, Art Deco en vogue war und Al Capone zu einer großen Nummer der Mafia wurde - CAPERS mixt all das mit neuen Elementen, und wir haben einen Schluck dieses Drinks probiert.

Es gibt viele interessante Zeitabschnitte in der Geschichte, die Goldenen Zwanziger sind einer davon. Zwischen Weltkrieg und großer Depression entspann sich eine Zeit voller Überfluss, besonders in Amerika. Der Tonfilm entwickelte sich, das Automobil löste nach und nach den Pferdewagen ab, und die neuen Radios spielten allgegenwärtig Jazz. Neue Architekturstile spiegelten den Aufschwung wider, und das organisierte Verbrechen hatte überall seine Finger drin. Man denkt an berühmte Mafiosi, große Partys wie bei The Great Gatsby, Mode, Musik, Tanz und soziale Revolution.

Die Spielwelt Von den neuen alten Zwanziger Jahren CAPERS spielt in den USA der 1920er Jahre, behält sich aber vor, einige Fakten zu ändern. So werden Themen wie Rassismus oder die sozialen Unterschiede zwischen Männern und Frauen abgeändert. Auch Homosexualität ist kein Tabu, sondern akzeptierter Bestandteil der Spielwelt. Um das glaubhaft umzusetzen, verleiht das Spiel einigen berühmten Persönlichkeiten ein neues Geschlecht, eine andere sexuelle Ausrichtung oder es wird ethnische Varianz eingeführt, wo realhistorisch keine war. Das romantische Ideal der Zwanziger Jahre wird angestrebt und durch moderne Wertvorstellungen ergänzt.

Eine weitere Änderung sind die namensgebenden Capers. Der Begriff geht auf einen Vorfall in der Spielwelt zurück, bei dem ein Mann mit außergewöhnlichen Fähigkeiten bei einem Verbrechen erwischt wurde: der „Daring Caper in Omaha“. Kurz gesagt sind Caper Menschen mit teils spektakulären Fähigkeiten. Darunter fallen übernatürliche Stärke, ein Greifschwanz oder die Möglichkeit, einen Strahl aus Eis zu entfesseln. Insgesamt stehen 40 dieser Kräfte zur Verfügung, jede davon mit verschiedenen Variationen. Wann immer eine solche Fähigkeit eingesetzt wird, begleitet sie ein spektakulärer Effekt. Natürlich versucht das Militär seit Bekanntgabe des Vorfalls, diese „Ressource“ für sich nutzbar zu machen.

In dieser romantisierten Version der echten Welt stehen die USA im Mittelpunkt, obwohl die Autoren darauf hinweisen, dass auch andere Länder der Erde bespielt werden können. Ausgearbeitet sind sie aber nicht. Im Kern geht es um Verbrecher und Ermittler, die besonders durch die Prohibition immer wieder aneinandergeraten. Spieler können beide Seiten wählen: Entweder verkörpern ihre Charaktere die Verbrecher oder das Gesetz. Es geht um Whisky-Schmuggel und Schwarzbrennerei, um Untergrundclubs und Bestechungsgeld – und alles dazwischen.

Ist die Spielwelt trotzdem glaubhaft? Das Regelwerk bietet einen guten Einblick in die USA der Zeit, hilft an vielen Stellen mit Begriffen oder durch Illustrationen. Besonders hervorzuheben sind die Hintergrundinformationen zu wichtigen Städten der Zeit, denn dieser Aspekt umfasst beinahe ein Viertel des Gesamtumfangs von CAPERS. Zu Atlantic City, Chicago und New York City gibt es die meisten Informationen, Plot Hooks und sehr schön gestaltete Karten. Atlanta, Boston, Cincinnati, Detroit, Kansas City, Louisville, Miami, Milwaukee, New Orleans und Philadelphia erhalten weniger Aufmerksamkeit, aber wie bei den ersten drei Städten, erfährt man neben einer allgemeinen Beschreibung auch hier etwas über wichtige Organisationen und Personen, die teils mit Werten versehen wurden.

Alles in allem, hat man die Prämissen akzeptiert, dass die Menschen der Zeit moderneren sozialen Ansprüchen folgen und es Caper gibt, ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild einer Spielwelt, die zugänglich und offen dargestellt wird. Durch viele bekannte Filme und Bücher ist die Schwelle aber auch nicht besonders hoch. Das Gefühl der idealisierten 1920er wird durch das Regelwerk trotzdem sehr gut transportiert. Das Regelsystem verstärkt diesen Eindruck.

In der GM-Toolbox finden sich zusätzliche Ideen und Veränderungen für CAPERS. So könnte man unter anderem Androiden einbauen, Tiere mit Kräften zulassen oder als besonderes Setting das „Stone Beach Prison“ einbauen, in dem sich Spieler zurechtfinden müssen.

Die Regeln CAPERS benötigt keine Würfel, sondern Spielkarten. Genauer gesagt ein Poker Deck. Noch genauer gesagt benötigt jeder Spieler und der Spielleiter ein eigenes Poker Deck. Wenn Proben anfallen, werden Karten von einem Stapel gezogen. Der Stapel wird immer auf Ansage des Spielleiters gemischt, spätestens aber am Ende einer Szene, oder wenn keine Karten mehr übrig sind.

An dieser Stelle sei ein Hinweis gegeben: Da es zwischen englischem und deutschem Vokabular eklatante Unterschiede gibt, sollte man sich im Vorfeld auf eine einheitliche Ausdrucksweise einigen. Wir haben uns für die deutsche Variante entschieden, um eine bessere Lesbarkeit zu gewährleisten. Suit wird im Folgenden als Farbe bezeichnet und meint Pik, Herz, Karo und Kreuz. Rot und schwarz heißen Color und werden in diesem Artikel als Kartenfarbe betitelt. Als Value werden die auf den Karten stehenden Werte benannt, also die Zahlen zwischen 2 und 10, Bube, Dame, König, Ass und die Joker. Auf Deutsch nennen wir das den Wert. 

Mit Karten ziehen zum Erfolg

Beispiel für eine Probe Die Charaktere in CAPERS haben sechs traits (Attribute) und eine unterschiedliche Anzahl an skills (Fertigkeiten). Die Attribute Charisma, Agility, Perception, Expertise, Resilience und Strength sind für Rollenspielkenner in einer seltsamen Reihenfolge angeordnet, aber nicht zufällig ergeben sie mit ihren Anfangsbuchstaben zusammen den Titel des Regelwerkes.

In der Regel liegen sie zwischen eins und drei und zeigen an, wie viele Karten vom Stapel gezogen werden dürfen, wenn eine Probe ansteht. Hat man eine passende Fertigkeit, darf eine Karte mehr gezogen werden. Die Anzahl an Karten, die man ziehen darf, bildet den Card Count. Dabei kann man jederzeit stoppen und die momentan gezogene Karte als Endergebnis werten lassen. Als Zielwert gelten feste Schwierigkeitsgrade oder die Defensivwerte des Gegenübers.

Beispiel 1: Roger möchte einen Kistenstapel umstoßen. Die Kisten sind schwer, deswegen ist es eine herausfordernde Aufgabe und erfordert eine Karte mit dem Wert 10 oder höher. Er hat einen Stärkewert von 2 und keine passende Fertigkeit, darf also zwei Karten aufdecken. Als erstes deckt Roger eine 4 auf und hätte diese Probe nicht bestanden. Glücklicherweise zieht er danach einen Buben, der einer 11 entspricht, und ihm gelingt sein Vorhaben.

Beispiel 2: Es kommt zu einem Faustkampf und Roger möchte seinem Kontrahenten eine verpassen. Er hat immer noch 2 Strength und die Fertigkeit Fisticuffs, die den unbewaffneten Kampf darstellt. Er darf also drei Karten aufdecken. Sein Gegner hat einen Verteidigungswert von 9. Wenn Roger eine 9 oder höher aufdeckt, gelingt sein Schlag.

Von Freiheiten und Glücksspiel Es können weitere Modifikatoren die Anzahl an zu ziehenden Karten verändern, sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. Attribute und Fertigkeiten können beliebig kombiniert werden, solange es einen logischen Zusammenhang gibt. So kann man beispielsweise mit Charisma/Guns eine Bühnenshow mit Waffen veranstalten, mit Agility/Guns schießen, mit Strength/Guns damit zuschlagen oder mit Expertise/Guns diese zerlegen oder zusammensetzen.

Stellt der Wert einer Karte dar, ob man Erfolg hat oder nicht, so legt die Farbe fest, wie gut der Erfolg war. An dieser Stelle wird das System das erste Mal kompliziert. Das liegt nicht nur an den Schwierigkeiten mit den Begriffen. Grundsätzlich kann man festhalten, dass Erfolge und Fehlschläge mit roten Farben keine zusätzlichen Effekte haben.

Ein Erfolg mit Pik verschafft dem Spieler einen Boon, also einen Vorteil. Beispiele dafür werden ausführlich beschrieben und reichen von Bonusschaden bis hin zum Erhalt von zusätzlichen Informationen bei einer Befragung. Bei einem Misserfolg mit Pik, erhält er Motivation, die ihm die Sonderressource Moxie für den nächsten Zug gewährt (und nur für den).

Pokerchips können dem Spieltisch noch mehr Ambiente verleihen Gelingt eine Probe und die Karte zeigt Kreuz, hat man Pech, denn eine Komplikation entsteht. Der Erfolg wird nicht beeinträchtigt, aber vielleicht verliert der Charakter einen Gegenstand, während er über den Abgrund balanciert oder verletzt sich aus Versehen. Noch schlimmer trifft es einen, dem eine Probe mit einer Kreuzkarte misslingt. Das Resultat ist ein Botch (zu Deutsch etwa Pfusch oder Murks), durch den vielleicht eine Person verärgert wird, die man betören wollte, oder man wird sogar ohnmächtig.

Schaden berechnet sich je nach Waffe nach der aufgedeckten Karte mit eventuellem Bonus. Waffenlose Schläge machen Schaden nach Kartenfarbe, stärkere Waffen dann auch mal nach Farbe oder sogar Farbe+1. Pik hat einen Schadenswert von vier, Herz von drei, Karo von zwei und Kreuz von eins. Die Kartenfarbe Schwarz steht für zwei und Rot für einen Schaden.

Beispiel: Roger, der seinen Gegner jetzt lange genug studiert hat, holt aus und schlägt zu. Er deckt von seinen drei möglichen Karten die erste auf, und es ist eine Kreuz 9. Die Verteidigung des fiesen Gesellen auf der Gegenseite ist 9 und Roger würde ihn treffen, aber eine Komplikation in Kauf nehmen. Jetzt kann sich Roger entscheiden, ob er es riskieren will, eine weitere Karte zu ziehen, oder den Erfolg trotz der Komplikation zu akzeptieren. Bleibt er bei der Kreuz 9, verursacht er mit seinem Faustschlag Schaden in Höhe der Kartenfarbe (schwarz), also in diesem Fall zwei.

Spezialfälle können alles verändern Es gibt zwei Arten von Sonderkarten: Asse und Joker. Asse bescheren einen sofortigen Erfolg und einen Boon. Das Pik Ass gewährt somit sogar zwei Boons, einen für das Ass und einen, weil es Pik ist. Joker müssen vor dem Spiel markiert bzw. bestimmt werden. Es gibt einen guten und einen bösen Joker. Der gute Joker sorgt für Erfolg und Boon und zusätzlich darf man noch einmal handeln. Der böse Joker verkündigt den sofortigen Fehlschlag, einen Botch und das Ende des Zuges.

Die Sonderressource Moxie erhalten Spieler zu Beginn der Sitzung, für gutes Rollenspiel, Charakterentwicklung und ähnliche Dinge. Mit Moxie kann man zum Beispiel seinen Card Count erhöhen, erlittenen Schaden verringern oder noch einmal in seinem Zug handeln.

Insgesamt funktionieren die Regeln gut. Nach einer Eingewöhnungsphase sind Proben schnell und mit gewisser Spannung abgehandelt, denn die Karten bringen den Aspekt des Glücksspiels an den Tisch und schaffen so eine Verbindung zur Spielwelt. Die Unterschiede zwischen den Charakteren sind aber eher gering, da sich die Card Counts nur marginal unterscheiden.

Charaktererschaffung Spieler sind immer außergewöhnlich Es dauert nicht lange, einen Charakter zu erschaffen. In wenigen Schritten hat man den Charakterbogen gefüllt und kann losspielen. Vor der eigentlichen Erschaffung muss man sich jedoch einigen Entscheidungen stellen: Will man Krimineller oder Gesetzeshüter sein? Möchte man ein Caper sein, mit allen Vor- und Nachteilen, oder ein Exceptional, also ein herausragender Mensch ohne magische Fertigkeiten. Exceptionals können zum Ausgleich so genanntes Trem-Gear erhalten, das sind Waffen oder Gegenstände, die die Fähigkeiten der Caper imitieren. Außerdem wählen sie besondere Perks (Vorteile).

Lügen hilft jetzt wohl nicht mehr Dann bestimmt man ein Konzept (Fluchtwagenfahrer, Gangster, Scharfschütze, …), das frei ausgedacht sein kann und als Richtlinie für die Erstellung dient, Name, Aussehen und die drei Charakteranker Identity, Virtue und Vice (Identität, Tugend und Laster). Die Anker spiegeln wichtige Charaktermerkmale wider und sind für den Zugewinn von Moxie mit entscheidend. Sie können auch bestimmt werden, indem man Karten zieht.

Bei den harten Zahlen werden zuerst die Attribute festgelegt: Ein Attribut muss den Wert 1 haben, eines den Wert 3 und der Rest erhält den Wert 2. Die festen Verteidigungswerte errechnen sich aus den Werten der Attribute: je höher das Attribut, desto besser die Verteidigung. Daraufhin werden Skills (Fertigkeiten) vergeben. Jeder Charakter bekommt aus einer Liste von 18 Fertigkeiten mindestens drei. Je höher der Expertise-Wert ist, desto mehr Fertigkeiten hat man.

Ist das erledigt, kommt der spannende Teil, denn jetzt wählen Caper ihre Powers und Exceptionals ihre Perks und eventuelles Trem-Gear. Das System erlaubt eine hohe Flexibilität an diesem Punkt der Erstellung. Es gibt Minor Powers und Major Powers, die in der Regel noch mehrere Stufen haben und verschiedene Varianten (so genannte Buffs) erlauben. Es gibt Perks, die das Tempo erhöhen oder besondere Widerstände gewähren. Die Auswahl ist leider recht klein.

Anschließend berechnet man die körperliche und mentale Widerstandskraft, die Trefferpunkte und das Lauftempo. Den Abschluss bilden Moxie, wovon man zu Beginn drei hat, das abstrakte Level, welches natürlich eins ist und weitere Ausrüstung, die man für seine 150 Dollar kaufen kann.

Anschaulich dargestellter Charakterbogen mit Farbmarkierungen zur Erläuterung Wenn man sich nicht mit allen Powers einzeln befassen will, dauert die Erstellung im günstigsten Fall unter 20 Minuten, und man hat nicht das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Sie ist einfach zu verstehen, übersichtlich und durchaus gelungen. Wählt man die drei Anker aber zufällig, indem man Karten zieht, kommen oft seltsame, sich gegenseitig ausschließende oder wenigstens behindernde Eigenschaften heraus, weshalb das nicht zu empfehlen ist.

An dieser Stelle sei noch ein Wort zur Charakterentwicklung gesagt: Das Regelwerk geht von einem Stufenaufstieg alle zwei bis drei Spieleabende aus, wobei der höchste gelistete Charakter im Buch Stufe 5 hat. Diese Stufe ist also recht schnell erreicht, was darauf schließen lässt, dass lange Kampagnen mit diesem System nicht möglich sind.

Spielbarkeit aus Spielleitersicht Dem Spielleiter werden viele Hilfen an die Hand gegeben. So finden sich eine ganze Menge NSC, darunter Tiere, normale Bewohner, Exceptionals und Caper verschiedener Bekanntheitsgrade und Level vollständig ausgearbeitet in den verschiedenen Kapiteln. Die Plot Hooks und Karten eignen sich wunderbar, schnell ins Spiel einzusteigen, und das ganze System lädt zum Improvisieren ein. Durch das Aufdecken der Karten kann man eine dynamische und schnelle Welt darstellen, ohne lange Würfel zählen oder Panzerungswerte vergleichen zu müssen. Die 1920er Jahre eignen sich gut als Setting, doch sind weder die Powers, noch die Perks oder das Trem-Gear wirklich notwendig für das Setting. Manche Informationen fehlen aber einfach. So gibt es zum Beispiel keine Angaben zu Fahrzeugwerten und -geschwindigkeiten in Relation zu anderen. Hier stellt sich heraus, dass das System viele Freiräume lässt, was man gutheißen kann oder nicht.

Spielbarkeit aus Spielersicht Als Caper setzt man seine Fähigkeiten eher selten ein, da das im schlimmsten Fall Probleme mit sich bringen kann, wenigstens aber Aufmerksamkeit. Vielleicht ändert sich das nach einiger Zeit. Die Spieler empfanden das System als spannend und angenehm, vermissten aber Unterschiede zwischen den Charakteren. Charaktere, die in bestimmten Bereichen besonders stark sind, können diese Stärken nicht unbedingt zeigen, was schade ist.

Erscheinungsbild Der Comicbuchstil von CAPERS ist einheitlich, gut gemacht und bereichert das Setting. Kapitelüberschriften im Art Deco-Stil und viele sinnvolle Zwischenüberschriften machen das Lesen angenehm und das Regelwerk übersichtlich. Der Text wird durch kleine Geschichten, Tabellen und Illustrationen aufgelockert. Lange Suchphasen während des Spiels entfallen durch das geordnete Inhaltsverzeichnis, ein Glossar und weitere Appendizes inklusive umfangreichem Index. Für Spieler gibt es eine Regelzusammenfassung auf einer Seite, und der Charakterbogen ist ebenso kurz. Letzteres sorgt für beengte Verhältnisse auf dem sonst schönen Blatt.

Bonus/Downloadcontent Das Kernsystem des Spiels wurde unter der Creative Commons Lizenz veröffentlicht und ist damit auch frei verfügbar. Nähere Informationen dazu finden sich auf der Seite von NerdBurger Games.

Es gibt eine Vielzahl an Zusatzmaterialien. Darunter ein kostenloses Abenteuer mit dem Titel "Rivals", digital ausfüllbare Charakterblätter und viele weitere Hilfen und Zusätze. Auch einige nicht kostenlose Ergänzungen wie zum Beispiel Spielkarten mit dem CAPERS-Motiv auf der Rückseite sind bereits erschienen.

Fazit Beim CAPERS RPG handelt es sich um ein in den idealisierten Goldenen Zwanzigern angesiedeltes Rollenspiel, in denen Charaktere Superkräfte haben können. Das Setting wird übersichtlich und anschaulich beschrieben sowie mit Illustrationen im Comic-Stil unterstrichen, und die Atmosphäre wird gut vermittelt. Einfache und funktionale Regeln erleichtern den Einstieg und durch das Poker Deck, das die Würfel ersetzt, wird ein schönes Element an den Spieltisch gebracht.

Ein Charakter ist schnell erstellt, aber leider ist das System nicht auf lange Kampagnen ausgelegt. Dem Autor lag offensichtlich am Herzen, alle fesselnden Merkmale der 1920er darzustellen, ohne auf moderne soziale Errungenschaften verzichten zu müssen, und stellt den Spaß in den Vordergrund. Mit vielfältigen Ergänzungen kann das Spiel variiert werden, und zahlreiche Hilfsmittel erleichtern das Leben des Spielleiters. Für einen geringen Preis erhält man kein perfektes, aber lohnenswertes Rollenspiel, das wirklich Spaß macht, wenn man keine langwierigen Kampagnen plant.

Die Rezension basiert auf der ausführlichen Lektüre des Regelwerkes und Planung sowie Durchführung eines OneShots.



Rating:
[4 of 5 Stars!]
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Blackwind - Core Rulebook
Publisher: Blackwind RPG
by Roger L. [Featured Reviewer]
Date Added: 02/18/2019 05:44:46

https://www.teilzeithelden.de/2019/01/26/ersteindruck-blackwind-core-rulebook-krieg-der-punkte/

Mit FATE und Savage Worlds befinden sich bereits zwei Vertreter universeller Regelsysteme für Pen&Paper in vielen Regalen und auf vielen Spieltischen. Das Indie-System Blackwind versucht ebenfalls in diese Kerbe zu schlagen. Ob man damit tatsächlich Spaß haben kann, verrät euch unser Ersteindruck.

Indie-Systeme zu bewerten ist selten einfach. Einerseits versucht man als Rezensent möglichst objektiv zu bewerten. Auf der anderen Seite muss man sehen, dass man es nicht immer mit Profis zu tun hat. Gerade letzteres merkt man dem Indie-System Blackwind und speziell seinem Grundregelwerk an vielen Stellen an.

Blackwind soll sich in die Reihe von Universal-Regelwerken einreihen, welche lediglich ein regeltechnisches Grundgerüst liefern. Mit diesem Grundgerüst können sich dann die jeweiligen Spielgruppen ihre eigenen Welten und Settings bauen. Prominente und erfolgreiche Vertreter dieser Art von Rollenspiel-Regelwerken sind zum Beispiel FATE Core und Savage Worlds. Abseits dieser beiden findet man auch weitere Systeme, zum Beispiel das Cypher System von den Numenera-Erfindern. Blackwind hat sich also in diesem Genre mit großen Namen zu messen, und leider scheitert es dabei nahezu komplett. Aber der Reihe nach.

Die Regeln Das Grundregelwerk zu Blackwind beginnt nicht wie die meisten Rollenspielsysteme mit der Erstellung der Spielwelt oder mit einer Kurzübersicht der Regeln, sondern mit der Gruppenzusammensetzung. Dies ist ein wichtiges Thema im ersten Teil des Regelwerks, und das aus einem guten Grund: Entscheidungen zur Spielwelt oder zum Aufbau des anstehenden Abenteuers werden bei Blackwind gemeinsam getroffen! Auch wenn es einen Spielleiter gibt, hier „Director“ genannt, so ist dieser letztendlich lediglich die ausführende Hand des gemeinsamen Willens der Spielgruppe. Dies klingt auf dem Papier im ersten Moment absolut löblich und nachvollziehbar. Schließlich wollen alle Spieler Spaß in der Runde haben. Leider bringt Blackwind dann aber ein Punktesystem ins Spiel, welches am Ende das genaue Gegenteil erreicht.

Einblick ins Artwork des Regelwerkes Während der Erstellung der Spielwelt, und eigentlich auch während des gesamten anstehenden Abenteuers, hat jeder Spieler und auch der Director ein Punktekonto. Hier werden den jeweiligen Spielern Punkte gutgeschrieben. Diese Punkte können zum Beispiel für besonderes Engagement und besondere Ideenvielfalt bei der Erstellung der Spielwelt verteilt werden. Die Punkte werden später im Spiel immer wichtiger. Sie definieren die Reihenfolge, in der sich Spieler Charaktere erstellen, sie bestimmen, welche Würfel man als Spieler im Spiel einsetzt und vieles mehr. Sie sind ohne jeden Zweifel ein wichtiger Bestandteil des ganzen Spiels. Dies ist grundsätzlich als System gedacht, um die Spieler immer wieder zu motivieren, sich einzubringen.

Dieses Vorgehen ist durchaus üblich. In vielen Rollenspielgruppen wandern Bonus-Erfahrungspunkte oder andere Belohnungen für gutes Rollenspiel über den Tisch. In solch einem kleinen Rahmen ist dies auch meistens kein Problem. Wenn man aber dieses System zu einem Grundgerüst des Regelwerks erklärt, so wie Blackwind es macht, werden schnell die Probleme deutlich. Spieler, die vielleicht etwas zurückhaltender sind, oder die vielleicht auch einfach mal nur einen schlechten Tag hatten, werden bestraft. Nicht nur, dass sich diese Spieler erst später eine der vorher gemeinsam definierten Charakterklassen auswählen dürfen, es ist für sie zudem auch noch schwerer, Würfelwürfe zu bestehen, da die Fähigkeiten des eigenen Charakters direkt mit dem eigenen Punktekonto zusammenhängen. Wie soll so jemand motiviert werden?

Zugleich ist das Punktekonto auch während des Spiels aktiv und hat weiterhin Einfluss. Eigentlich steht man sogar in ständiger Konkurrenz zu seinen Mitspielern, denn wer in einer Situation die meisten Punkte hat, hat auch die besseren Würfel zur Verfügung und schafft damit seine Proben besser. Dies kann in einer gut eingespielten Gruppe sicherlich funktionieren, oft wird es aber eher für Missgunst und Neid sorgen. Zwei Emotionen, die man am Spieltisch einfach nicht gebrauchen kann.

Das Würfelsystem von Blackwind kann man relativ simpel als eine heruntergebrochene Variante von Savage Worlds bezeichnen. Jedem Spieler stehen insgesamt sechs Würfel mit einer unterschiedlichen Anzahl an Seiten zur Verfügung; von einem vierseitigen Würfel bis zu einem 20-seitigen Würfel mit vier weiteren Abstufungen. Bei einer Probe kommt jeweils nur einer dieser Würfel zum Einsatz.

Allerdings versucht man bei Blackwind nicht, einen bestimmten Wert zu übertreffen, sondern ausnahmsweise sind die niedrigeren Werte die besseren Werte. Allgemein empfiehlt das Regelwerk eine Sechs oder niedriger für eine einfache Aufgabe als Schwierigkeit. Welche Würfel geworfen werden, entscheidet sich je nach Charakter. Die einzelnen Charakterkonzepte haben jeweils sogenannte „Role“- und „Off-Role“-Fähigkeiten, für die entsprechend festgelegt ist, welche Würfel bei einer Probe geworfen werden. Dazu aber später mehr.

Was beim Studieren der Regeln relativ schnell auffällt, ist die Tatsache, dass die Autoren wirklich alles aufgeschrieben haben. Dies meine ich leider nicht im positiven Sinne. Jede Eventualität wird genaustens festgelegt, und selbst die Wahl eines Gruppensekretärs, welcher die Punktekonten festhält, ist bis ins kleinste Detail beschrieben. Gleichzeitig ist das gesamte Buch aber weniger wie ein klassisches Regelbuch geschrieben, sondern ist eher ein dramaturgischer Leitfaden für Abenteuer. Von den Grundlagen eines guten Plots über die Beschaffenheit von Charaktergeschichten und deren Länge bis hin zu Konzipierung und Überwindung von Hindernissen wird alles haarklein definiert und niedergeschrieben.

Dies ist zu großen Teilen auch wirklich nicht schlecht, aber den Zweck eines guten Grundregelwerks verfehlt das Buch damit leider komplett. Viele der Regeln gehen in dem Wust an Informationen einfach unter und sind auch auf die Schnelle nicht auffindbar. Um das Positive herauszustellen: Man findet als Spielleiter und Abenteuerautor viele Tipps und Hinweise zum Thema Struktur einer guten Geschichte und guter Charaktere. Doch dann kommt man wieder zum Ende eines Kapitels, bei dem nochmal auf jeweils mehreren Seiten festgelegt ist, wofür man den Spielern in dieser Phase des Abenteuers denn nun Punkte zuordnen sollte.

Charaktererschaffung Die Charaktererschaffung in Blackwind ist im Kern relativ simpel, erfordert aber dennoch viel Abstimmung mit den anderen Spielern. Nachdem die Gruppe sich für ein Setting entschieden hat, darf jeder Spieler Ideen für mögliche Charakterkonzepte in den Raum werfen. Sind diese Charakterkonzepte passend zum Setting, werden sie niedergeschrieben. Derjenige, der das Konzept auf den Tisch gebracht hat, bekommt entsprechend Punkte. Danach wählen sich die Spieler der Reihe nach ein Konzept aus, beginnend mit dem Spieler mit der höchsten Punktzahl. Das bedeutet, dass wenn ich mein Lieblingskonzept auf den Tisch bringe, ich noch lange nicht damit rechnen kann, den Charakter auch spielen zu dürfen.

Sind nun alle Spieler mit einem Konzept versorgt, werden die Karrieren bestimmt. Diese sind nicht etwa angelegt an bekannte Klassensysteme, sondern sortieren sich nach der Wichtigkeit der Charaktere für die Geschichte. So gibt es „Haupt-Protagonisten“, „Co-Protagonisten“ und „Andere-Protagonisten“ bzw. „Gäste“. Welcher Spieler welche Karriere erhält, hängt von der Punktzahl des Spielers ab.

Hat der Spieler mit den meisten Punkten mindestens zehn Punkte Vorsprung vor dem nächsten Spieler, bekommt er die Rolle des Haupt-Protagonisten, und alle weiteren werden Co-Protagonisten oder Gäste. Zugleich darf sich jeder Spieler eine von zwei Ausprägungen seiner Karriere auswählen: „Hearts“ oder „Spades“. Hearts-Charaktere sind von ihren Fähigkeiten eher breit aufgestellt. Sie bekommen drei Hauptfähigkeiten, die zu der Ausbildung des Charakters passen und fünf Nebenfähigkeiten, die frei auswählbar sind. Spades-Charaktere sind hingegen stärker spezialisiert. Sie bekommen fünf Hauptfähigkeiten und drei Nebenfähigkeiten.

Welchen Würfel man als Spieler bei einer Probe wirft, hängt ebenfalls von der Karriere und der Ausprägung ab. Als Haupt-Protagonist hat man die besten Würfel zur Verfügung. In der Spades-Ausprägung bekommt man für seine Hauptfähigkeiten einen sechsseitigen Würfel und für seine Nebenfähigkeiten einen 20-seitigen Würfel. Zusätzlich bekommt man einen vierseitigen Würfel für einen ausgewählten Spezialskill. In der Hearts-Ausprägung bekommt man hingegen einen achtseitigen und einen 10-seitigen Würfel. So führt sich das ganze nach unten fort. Als Gast hat man für alle Proben lediglich einen 12-seitigen Würfel.

Allgemein kann man sich mit der Charaktererschaffung anfreunden. Sie geht schnell von der Hand, man kann gute und unterschiedliche Charaktere entwickeln und muss sich nicht durch seitenlange Tabellen wühlen. Aber dann kommt dem Regelwerk das Punktesystem in die Quere. Warum wirkt sich die Teilnahme an der Erstellung der Spielwelt direkt auf die Stärke meines Charakters aus? Dies fördert Ungleichheit am Tisch und ist auch nicht fair für alle Spieler, die vielleicht etwas zurückhaltender sind.

Erscheinungsbild

Einblick ins Artwork des Regelwerkes Das Erscheinungsbild des Regelwerks ist grundsätzlich erstmal gut. Natürlich kann man von einem Indie-System keine hochwertigen und vollfarbigen Artworks in der Qualität von Degenesis erwarten. Deshalb sind die meisten Artworks eher simpel gehalten, was aber auch völlig ok ist. Die Texte sind ebenfalls ausreichend groß und gut lesbar. An manchen Stellen hätten dem Regelwerk zwar auch mehr Beispiele und Zusammenfassungen gutgetan, aber auch das ist ein eher kleines Problem.

Was viel mehr stört, ist die Struktur des gesamten Regelwerks. Es gibt zwar ein Inhaltsverzeichnis, welches auch sehr detailliert ist, aber trotzdem findet man kaum auf den ersten Blick das, was man sucht. Das hängt vor allem mit der Einteilung der Kapitel zusammen. Ein klassisches Regelwerk hat dedizierte Kapitel für Grundregeln, Charaktererstellung und die Welt. Blackwind teilt alles in Phasen einer Story oder eines Rollenspielabends ein. Beginnend mit „Basics, Projects, Plot“ wird definiert, wie man gemeinsam Welten baut.

Im Kapitel „Characterization and Score“ werden Charaktere erstellt. Je weiter man allerdings in diesen Kapiteln voranschreitet, desto unverständlicher werden sie. Was finde ich denn bloß in der „Fall-Section“? Was soll mir der Titel „Between Eclipse and Sunray“ im Kapitel „Resolution Section“ sagen, und wo finde ich jetzt Regeln für Kämpfe? Alle diese Fragen kann man nur beantworten, wenn man sich das Regelwerk komplett und bis ins kleinste Detail durchliest. Nach dem Lesen etwas wiederzufinden, ist wie die metaphorische Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Da hilft leider auch das anklickbare Navigationsmenü in der PDF nicht.

Zusätzlich liest sich das Regelwerk stellenweise wie die schlimmsten Paragraphen eines Gesetzbuches. Die Sätze sind verschachtelt, alles ist so sehr bis ins kleinste Detail ausdefiniert, dass man sich freut, wenn man endlich auf eine hilfreiche Information stößt. Mir ist es noch nie so schwergefallen, ein Regelwerk tatsächlich bis zum Ende zu lesen. Die insgesamt 164 Seiten lassen sich leider nicht gerade einfach durcharbeiten. Am Ende fühlt man sich eher an die Komplexität eines DSA-Regelwerks erinnert, als an ein simples FATE oder Savage Worlds. Und das, obwohl die Regeln selbst eigentlich sehr simpel sind.

Fazit Normalerweise bin ich jemand, der bei Indie-Systemen gerne mal ein Auge zudrückt. Blackwind macht mir das unfassbar schwer. Ja, es hat seine guten Seiten. Es ist als Regelsystem relativ simpel und bietet viele interessante Ansätze für die gemeinsame Erstellung von Spielwelten sowie den Aufbau von Geschichten. Man merkt wirklich, dass sich die Autoren hier auskennen. Betrachtet man das Regelwerk aber als Ganzes und überlegt, wie es in der Praxis funktionieren könnte, so kann man eigentlich nur zu einem Fazit kommen: Blackwind ist für sehr wenige Gruppen wirklich geeignet.

Durch das Punktesystem werden manche Spieler schnell derartig benachteiligt, dass die Motivation komplett auf der Strecke bleibt. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wie man das ganze Regelsystem von einem Punktwert abhängig machen kann, den die Spieler bekommen. Wenn ich bei der Erstellung der Welt nicht anwesend bin (oder vielleicht einfach einen schlechten Tag habe), falle ich schnell in der Rangfolge nach hinten. Dann muss ich mich nicht nur bei der Charakterwahl hintenanstellen, mein Charakter wird auch zusätzlich schwächer sein als die der anderen Spieler. Dies ist keine faire Herangehensweise an ein kooperatives Spiel, bei dem eigentlich jeder seinen Spaß haben soll.

Dieser Ersteindruck basiert auf der mehrfachen Lektüre des Regelwerks und Charaktererstellung.



Rating:
[3 of 5 Stars!]
Blackwind - Core Rulebook
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Slasher RPG (Revised)
Publisher: Higher Grounds
by Roger L. [Featured Reviewer]
Date Added: 02/14/2019 05:59:04

https://www.teilzeithelden.de/2019/02/10/ersteindruck-slasher-higher-grounds-publishing-axtmoerderhorror-mit-fate/

Slasher! Das bedeutet, Michael Myers und Pennywise im Rollenspiel umzusetzen. Das bedeutet Player vs. Player unter der Regie der Spielleitung. Das bedeutet, Horror mit Fate Core umzusetzen. Ist dies gelungen? Wurden sowohl klassische Settingaspekte eingebaut als auch Mechanismen entwickelt, um echtes Horrorfeeling entstehen zu lassen?

Horror am Spieltisch umzusetzen, ist schwierig: Schlechte Witze der Mitspieler können schon die Atmosphäre eines Dungeon Crawls zerstören, doch beim Horror-Genre ist diese ja zentral. Auch können durch allzu anschauliche Beschreibungen schnell persönliche Grenzen von Mitspielern überschritten werden. Zentrale Punkte des Genres sind von der Regelseite her kaum zu beheben, sondern leben von der anschaulichen Beschreibung des Settings und deren Übertragung an den Spieltisch. Doch natürlich gibt es mehr: Es gibt klassische Themen, Eigenheiten der Charaktere, wie sie in entsprechenden Filmen immer wieder vorkommen; auch darauf muss man beim Thema des Horrors eingehen.

Die Spielwelt Die Welt von Slasher wird von einer zeitlosen, bösartigen Entität, The Black Blood, heimgesucht. Diese findet einen Ansatzpunkt in den dunklen und zerstörerischen Neigungen der Menschen, dringt darüber in diese ein, verändert sie und ergreift schließlich von diesen Besitz. Auf diese Weise entsteht inmitten unserer altbekannten irdischen Welt ein Killer, der von Grausamkeit und Mordlust getrieben darauf lauert, Angst, Schrecken und schließlich Schmerz und Tod über seine Opfer zu bringen. Der Killer selbst ist dabei eigentlich nicht zu töten, da er stets zurückkehrt, um sein grausames Werk fortzusetzen, ist dabei weder lebendig, noch tot oder untot. Das Ganze wird eingebunden in die Archetypen-Psychologie von Carl Jung, um dem Ganzen eine stärkere Anbindung an die Realität zu geben.

In dieser Welt gerät nun eine Gruppe Teenager oder junger Erwachsener an einem isolierten Ort wie einer Blockhütte im Wald nach einer Reifenpanne in den Wirkungsbereich dieses Killers und müssen mit begrenztem Erfolg um ihr Leben kämpfen.

Diese sehr schlichte Weltbeschreibung genügt aber grundsätzlich, um die Szenerie für einen typischen Horrorfilm um einen maskierten Axtmörder entstehen zu lassen. Ein tieferer Grund, der das Ganze z. B. in eine cthulhuide Weltverschwörung einbinden könnte, wäre hier auch überflüssig und wird fortgelassen. The Black Blood verwandelt einen normalen Menschen mit einigen gewalttätigen Tendenzen in einen Killer, der danach strebt, seine Opfer möglichst qualvoll und effektreich zu ermorden, und der immer wieder zurückkehrt.

Dabei wird aber auch die Psyche des Killers berücksichtigt, so dass aufgrund der Lebensgeschichte jeder Killer ein Unikat sein sollte.

Das Setting in seiner Schlichtheit braucht keine umfangreiche Beschreibung, sondern lediglich eine immersive Veranschaulichung, um das Spielgefühl bereits bei der Lektüre zu vermitteln. Leider besteht Slasher größtenteils aus einer trockenen Wiedergabe des Fate Core-Regelwerkes, so dass nur in wenigen Kapiteln des Buches das Gefühl des Horrorsettings vermittelt wird.

Die Regeln Die Regeln von Slasher sind grundsätzlich Fate Core. Über die Sinnhaftigkeit oder Funktionalität der Fate-Regeln an sich kann es bei der Rezension eines konkreten Fate-Settings nicht gehen. Diese Regeln vorausgesetzt, gehe ich nun auf die wesentlichen Abweichungen ein:

Zunächst fällt auf, dass es kaum Unterschiede gibt, dieses Ausbleiben von Unterschieden aber über mehr als 150 Seiten und damit mehr als das halbe Buch ausformuliert wird. Zum Teil mit identischen Namen in den Anwendungsbeispielen wird eine leicht im Wortlaut an das Setting angepasste Kopie des Fate Core-Regelwerks, das auf Deutsch kostenlos und auf Englisch für pay what you want als PDF verfügbar ist, präsentiert.

Viele andere Fate-Spiele wie z. B. Tianxia verweisen deswegen nur auf das Grundregelwerk oder aber bieten wie z. B. Mindjammer einen viel höheren Anteil an zusätzlichem Content, vermitteln das Setting durch die Anwendungsbeispiele oder beschreiben detailliert das Setting, so dass die Wiederholung von Passagen des Grundregelwerkes nicht weiter ins Gewicht fällt. Zwar lässt es sich nicht völlig verhindern, das Grundregelwerk zu wiederholen, etwa indem einige genrespezifische Anpassungen gängiger Fate-Mechanismen vorgenommen werden. Hier war dies jedoch über weite Strecken überflüssig, da entsprechende Anpassungen kaum vorgenommen wurden.

Stattdessen werden als Beispielcharaktere Landon und Cynere aus dem Grundregelwerk präsentiert und haben es z. B. mit einem mittelalterlichen Turnier zu tun – eindeutig das falsche Genre! Gerade die Anwendungsbeispiele wären eine gute Gelegenheit gewesen, das Unwesen des Killers zu verdeutlichen. Dies ist zwar z. T. auch geschehen, aber immer wieder eben nicht, was die Atmosphäre des Settings deutlich untergräbt.

Doch was ist nun tatsächlich neu? Abgesehen davon, dass die Regeln für Verfolgungsjagden aus dem – ebenfalls kostenlosen – Fate Toolkit übernommen wurden, was aber sicherlich legitim ist, wurden sogenannte Shadowlands eingeführt. Ein Shadowland ist eine besondere Art Zone, die zur Verstärkung des Horrors der Ausweglosigkeit den Killer klar bevorzugt, z. B. indem dieser einen freien Schub erhält: Die SL erhält in Vertretung von The Blood pro SC zwei Fate-Punkte in den NSC-Pool. Mit diesen Punkten darf auch der Killer verstärkt werden, damit die Spieler zum Ablehnen des Reizens zwei statt einem Fate-Punkte ausgeben müssen oder Proben auf Athletik und Kraft nicht mit Fate-Punkten verstärken dürfen. Der Spieler des Killers sollte also versuchen, einzelne Survivors in ein Shadowland zu locken, um dort in völliger Überlegenheit sein Opfer zu vernichten.

Insgesamt wird wiederholt auf diverse Probleme des Horror-Genres eingegangen, darauf, dass die Verkörperung des Killers dem betreffenden Spieler keinen Freibrief ausstellt, sich als Mensch den Mitspielern gegenüber abscheulich zu benehmen, oder dass Safe Words eingehalten werden.

Auch wird thematisiert, dass der SL und der Spieler des Killers auf das Timing und die Geschwindigkeit des Spiels achten müssen, um die nötige Spannung aufzubauen, ehe es wieder zur Gewalt kommt, aber leider nicht darauf, wie dies geschehen soll. So werden SL und Spieler mit dem größten Problem des Horror-Genres am Spieltisch allein gelassen.

Charaktererschaffung Weitgehend ist es eine typische Fate-Charaktererschaffung. Allerdings wird zwischen Survivors und dem Killer unterschieden.

Survivors erhalten nun abweichend von Fate Core einen weiteren Aspekt, die Trope wie z. B. Alpha Bitch oder Cool Loser, die einerseits die cineastische Rolle des Charakters beschreiben, aber auch dessen Todesart festlegen. Versucht der Killer einen Survivor entgegen diesem Aspekt zu töten, kann das mit diesem Aspekt verhindert werden. Der Spieler des Killers kann diesen Aspekt auch einsetzen, wenn er ihm nachkommt und z. B. die Alpha Bitch ihrer anscheinend gerechten Strafe zuführt, nachdem sie den Cool Loser gerade schikaniert hat.

Die Fertigkeitspyramide ist verkürzt auf eine Fertigkeit auf einem Wert von 3, zwei auf einem Wert von 2 und drei auf einem Wert von 1, so dass die Survivors deutlich schwächer sind. Ebenso starten sie nicht mit je zwei Stresskästchen im geistigen wie körperlichen Stress, sondern verfügen zunächst in Summe nur über drei, die frei verteilt werden dürfen. Sie sind anfälliger als herkömmliche Fate-Charaktere.

Der Killer erhält ein eigenes Set an Aspekten:

Drei Legend-Aspekte, die ähnlich dem Phasentrio die Geschichte des Killers in Lagerfeuergeschichtenmanier erzählen. Einen Corruption-Aspekt, der das beschreibt, was dem Killer einst viel bedeutet hatte, ehe The Black Blood von ihm Besitz ergriffen hat, was dann als Gefühl ins Monströse verändert wurde. Einen Implement-Aspekt, der sein bevorzugtes Tötungswerkzeug beschreibt wie z. B. Freddy Kruegers Klauenhandschuh. Einen Mask-Aspekt, der die – potenzielle – Gesichtsmaske des Killers beschreibt, mit der jeweils eine gewisse Kraft einhergeht. So verleiht die Blank Mask dem Killer die Fähigkeit, ungesehen überall hinzukommen und verschafft ihm gegen einen Fate-Punkt direkt einen vollen Erfolg bei Heimlichkeit oder Diebeskunst. Indem der Killer die Fertigkeitspyramide bei +4 beginnt, ist er den Survivors klar überlegen, zumal er nicht sterben kann, sondern, nachdem er ausgeschaltet worden ist, lediglich einige Szenen warten muss, ehe er wieder in Erscheinung tritt.

Alle Charaktere erhalten zusätzlich sogenannte Perks, was effektiv weitere Stunts sind, aber stärker und nicht an eine Fertigkeit gebunden.

Der Killer erhält so drei an klassische Horror-Vorbilder angelehnte Fähigkeiten, wie z. B. Coulrophobia, was eben diese Phobie vor Clownsgestalten bei einem Survivor auslöst, oder Disturbing Lullaby, mithilfe dessen er erleichtert allen anwesenden Survivors einen Verstört-Aspekt zufügen kann. Damit ist es in der Tat möglich, effektiv seine Lieblingshorrorgestalt oder eine Mischung aus mehreren zu verkörpern.

Jeder Survivor erhält zumindest zwei Perks, allerdings aus einer eigenen Liste, z. B. Borrowed Time, wodurch man bis zu drei Austausche lang sämtliche Konsequenzen vollständig ignorieren kann, um zu verhindern, dass der Killer einen anderen Survivor tötet oder ihm schadet.

Insgesamt sind die Instrumente der Charaktererschaffung gelungen und ermöglichen es, typische Charaktere eines Slasher-Films zu erschaffen, die in der Lage sind, ihre vorgesehene Rolle im Film auch auszuüben. Gerade der Mask-Aspekt und die Perks des Killers zeichnen sehr plastisch die Figuren der bekannten Horrorfilme vor Augen. Dieser Teil ist gelungen.

Erscheinungsbild Das Buch ist in recht großen, gut lesbaren Buchstaben gedruckt. Die dicken Serifen lassen zwar das Schriftbild etwas unruhig wirken lassen, aber das ist vielleicht Absicht. Die Illustrationen sind weitgehend durch Effekte verfremdete Fotografien, die zwar einen passenden Eindruck vermitteln, aber weder optisch noch technisch beeindruckend sind. Insgesamt wirkt dieses Buch sehr funktional, zumal sich Illustrationen fast nur an den Kapitelanfängen finden.

Fazit Slasher bietet durchaus brauchbare Mechanismen, um einen entsprechend blutigen Horror-Film mit Fate als Regelwerk umzusetzen. Im Prinzip ist auch das Fate Core-Regelwerk enthalten, wenn auch streckenweise nur wenig verarbeitet, sondern z. T. einfach kopiert, was enttäuschend ist. Insgesamt besticht Slasher jedoch durch sinnvolle Regeländerungen bei der Charaktererschaffung, die in der Tat hilfreich sind, um typische Rollen eines Horrorfilmes darzustellen. Herausragend kreativ war man dabei dennoch nicht, da viele der vorgeschlagenen Aspekte und Stunts sich nach Fate-Manier ohnehin aufdrängen, aber hilfreich sind sie dennoch, v. a. für wenig Fate-erfahrene Spieler. Das Konzept, den typischen Axtmörder als Spielercharakter zu verkörpern, was die SL in der neutralen Rolle des Regisseurs belässt, ist jedoch ungewöhnlich und gut.

Der Hintergrund ist eigentlich unsere Realität, die jedoch vom unpersönlichen Urbösen The Black Blood terrorisiert wird, welches aus Menschen unsterbliche Axtmörder macht. Das ist funktional, bietet jedoch auch keinen nennenswerten Mehrwert.

Ein großes Problem des Horrors am Spieltisch, die nötige Atmosphäre entsprechend dicht aufzubauen, wird leider nicht gelöst, sondern bleibt dem Timing und der Spieldisziplin der Mitspieler anheimgestellt. Natürlich haben es andere Genres hier leichter, ihre Ziele durch Regelmechanismen zu erreichen, aber Slasher löst dieses Problem nicht.

Insgesamt werden etliche sinnvolle Ansätze gezeigt, allerdings bleiben einige Leerstellen; zudem werden diese Ansätze inmitten von viel Text versteckt, der andernorts als kostenloser Download verfügbar ist. Slasher ist ein brauchbares Werkzeug, unterstützt die SL aber nicht überragend.

Diese Rezension basiert auf der Lektüre des PDFs und dem probeweisen Erstellen von Charakteren. Ein geplanter Spieltest kam aus organisatorischen Gründen leider nicht zustande.



Rating:
[3 of 5 Stars!]
Slasher RPG (Revised)
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Kult: Divinity Lost - 4th Edition of Kult, Core Rules
Publisher: Modiphius
by Roger L. [Featured Reviewer]
Date Added: 01/20/2019 05:38:23

https://www.teilzeithelden.de/2019/01/20/ersteindruck-kult-divinity-lost-powered-by-the-apokalypse/

Nach vielen langen Jahren des Schlummers erwachte eines der kontroversesten Horrorsysteme der 1990er durch einen Kickstarter wieder zum Leben. Kult, die klassische Nummer Drei der Horrorrollenspiele, ist zurück. Kann die Neuauflage an alte Tage anschließen, oder hat man es eher mit einem müden Aufguss zu tun?

In den 90er Jahren waren Vampire: The Masquerade und Call of Cthulhu die großen Namen, wenn es um Horror-Rollenspiel ging. Der eingefleischte Fan wusste aber mindestens auch noch von Kult, dass damals sehr erfolgreich seine Nische besetzte. Während die Vampire sich in düster-romantischen Intrigen oder mit fliegenden Ledertrenchcoats gegenseitig beharkten und die Mythos-Ermittler der 1920er reihenweise dem pitoresquen Wahnsinn verfielen, da konnte man mit Kult in aller Ruhe ehrlichen Splatterpunk-Horror spielen, ohne sich etwas vorzumachen.

Das Spiel bot zwar auch einen reichhaltigen Hintergrund, der sich vor allem aus Elementen christlicher und jüdischer Mystik und der Gnostik speiste, aber der Hauptkaufgrund war das wahrscheinlich in den seltensten Fällen.

Nun ist seit 1992 eine Menge Zeit vergangen. Auch die begrenzte deutsche Neuauflage von Ulisses Spiele aus dem Jahre 2009 liegt bald eine Dekade zurück, aber trotzdem hatte Kult nach wie vor seine Fangemeinde. Offenbar Grund genug für den schwedischen Verlag Helmgast 2016 per Kickstarter eine Neuauflage des Spiels an den Start zu bringen. Knapp zwei Jahre – und eine turbulente Produktionsgeschichte später – ist Kult Ende vergangenen Jahres erschienen und sucht nun seine Lücke in der sehr breit gewordenen Nische des Horror-Rollenspiels.

Die Spielwelt Die Spielwelt von Kult vermischt geschickt mehrere populäre Quellen. Am stärksten erkennbar – da auch auf den Charakterbögen verewigt – ist der Einfluss der jüdischen Kaballah-Mystik. Der Sephiroth wird hier benutzt, um die verschiedenen Werte des Charakters bildlich darzustellen. Aber da die Erwähnung jüdischer Mystik allein so aufschlussreich ist wie die meisten numerologischen Fachaufsätze, sollte etwas früher begonnen werden.

Der Kult-Hintergrund geht davon aus, dass Menschen zu einer bestimmten Zeit einmal göttlich-erleuchtete Geschöpfe waren, die das wahre Wesen der Dinge erkennen konnten. Diese Göttlichkeit wurde den Menschen allerdings von den sinisteren Kräften des Demiurgen genommen und die wahre Natur der Welt hinter Illusionen und Spiegelbildern verborgen. Der göttliche Funke wurde soweit gedämpft, dass der durchschnittliche Mensch kaum mehr als ein Schlafwandler in seiner eigenen Welt ist.

Eine göttliche Macht residierte im Zentrum des neuen Lügennetzes, das die Menschheit einhegte. Eines Tages aber verschwand diese Macht und ließ seine Diener mit einem verfallenden Mechanismus zurück. Damit allein nicht genug, auch uralte Widersacher erwachten in ihren infernalischen Dimensionen und begannen nach dem Sitz der göttlichen Macht zu greifen.

Während nun also – vereinfacht gesprochen - Engel und Dämonen ihren Kampf um die Macht im Universum austragen, beginnt als Folge der Abwesenheit des Demiurgen das Gefängnis aus Lügen und Illusionen, das die Menschheit gedämpft und eingesperrt hielt, zu bröckeln. Die bewahrenden Kräfte der Illusionen sind geschwächt, aber noch lange nicht besiegt. Zwar beginnen immer mehr Menschen die Risse in der Illusion zu erkennen und die Fesseln ihres kollektiven Wachkomas abzustreifen, aber mediale Beschäftigungstherapie, religiöser Fanatismus und nihilistischer Konsumegoismus haben den Kampf aufgenommen.

In diesen Schattenkrieg werden nun die Charaktere hineingezogen. Sie sind „Erwachte“, also Menschen, die wissen oder zumindest ahnen, dass in dieser Welt nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Sie haben die Risse in den Illusionen gesehen und beschlossen zu handeln statt zu rationalisieren. Damit haben sie sich mächtige Feinde gemacht, denn Engel und Dämonen fürchten das Erwachen der Menschheit. Schließlich war die Menschheit einmal selbst göttlich und könnte es wieder werden, wenn sie die Illusion abstreift. Eine göttliche Menschheit könnte Engel und Dämonen aber vernichten, weswegen sie alles daransetzen, die Illusion aufrecht zu halten und Abweichler zu jagen.

Charaktere in Kult sind also oft gehetzte Randgestalten der Gesellschaft, deren noble Mission zur Erweckung der Menschheit von der schlafenden Masse nicht gewürdigt wird, während sie gleichzeitig von finsteren, rachsüchtigen, übernatürlichen Entitäten gejagt werden. Denn im Gegensatz zu den zutiefst fremdartigen Geschöpfen des Cthulhu-Mythos oder den glorifizierten Parasiten der Welt der Dunkelheit, haben die Widersacher im Kult-Universum keinen traditionsreichen Moralkodex oder kosmische Indifferenz, die die Menschen vor ihnen schützt. Die Welt von Kult ist ein düsteres, apokalyptisches und brutales Zerrbild unserer Welt, die selbst den eingefleischtesten Aluhüten Angst und Schrecken einjagen sollte.

Die Regeln Bei der Neuauflage des Spiels wurde das alte Würfelsystem der 90er Jahre komplett über Bord geworfen. Stattdessen läuft das Spiel nun unter dem Label Powered by the Apocalypse, was wohl bei keinem Spiel bisher eine so passende Doppelbedeutung hatte. Im Kern basiert das von Vincent Baker für Apocalypse World entwickelte System darauf, dass es spezifische Genres emulieren möchte. Dazu erhalten alle Figuren – Spieler und Spielleiterfiguren – so genannte Moves, die ihnen erlauben, bei spezifischen Triggern bestimmte Aktionen durchzuführen.

Diese sind thematisch so gestaltet, dass sie Archetypen des Genres widerspiegeln. Beispielsweise kann ein Charakter, der in Kult über den Move „Escape Artist“ verfügt, auch dann versuchen aus einer Gefangenschaft zu entkommen, wenn er mit Ketten gefesselt in ein Hafenbecken geworfen wird. Er kann also einen Wurf machen, wo andere Charaktere sicher das Zeitliche gesegnet hätten oder auf Hilfe von außen angewiesen sein würden.  

Natürlich macht Kult auch ein paar Dinge anders, als es in der Urform des Regelsystems vorgesehen war. Der größte Unterschied ist wohl, dass statt mit 2W6 mit 2W10 gewürfelt wird. Das Ergebnis wird dann noch mit charakterspezifischen Boni und oder Mali modifiziert und geht – typisch für PbtA-Spiele – gegen eine feste Schwierigkeit, die festlegt, ob man einen Fehlschlag, einen Erfolg mit Einschränkungen oder einen vollen Erfolg erzielt.

Da PbtA-Spiele mittlerweile ebenso verbreitet sind wie Fate-Derivate, wird in der Folge davon ausgegangen, dass der Leser mit den grundlegenden Regelmechanismen vertraut ist. Wer sich aber erst einmal einlesen will oder aber seine Erinnerung auffrischen möchte, dem sei die Systemvorstellung zu PbtA ans Herz gelegt.

Insgesamt ist das sehr narrativ angelegte PbtA-System eine gute Wahl für Kult. Horrorthemen tun sich ohnehin notorisch schwer damit, sich in Simulationssysteme einzufügen. Grusel und unterschwellige Anspannung kommen eben schwer auf, wenn man beständig auf detaillierte Skilllisten schaut und Subsysteme zu (temporären) Wahnsinn, Verfolgungsjagden oder Ritualzauberei im Kopf haben muss. Das bedeutet nun nicht, dass Kult zu einem Freeform-System geworden wäre. Im Gegenteil. Zwar bietet das neue Regelsystem gewisse narrative Freiheiten, diese werden aber damit erkauft, dass der Neuspieler sich erst einmal in die eigene Apocalypse-Engine-Logik eindenken muss.

Ähnlich wie Fate findet ein großer Teil des mechanischen Ablaufs auf einer Metaebene statt, bei der Spielleitung und Spieler versuchen, regeltechnische Effekte aus narrativen Elementen ab- oder herzuleiten. Bis das flüssig funktioniert kann schon einmal der ein oder andere Spielabend ins Land ziehen, vor allem wenn die Spielerschaft Horror-Rollenspiele wie Cthulhu, Delta Green oder die World of Darkness-Systeme gewohnt ist.

Auch Fate-Spieler könnten sich zu Beginn etwas umstellen müssen, denn anders als das Haussystem von Evil Hat Productions, steht Player Empowerment nicht unbedingt an erster Stelle. Kult wählt hier – auch typisch für alle PbtA-Spiele – einen ausgewogeneren Ansatz, indem auch die Spielleitung Moves bekommt, mit denen sie den Charakteren das Leben gehörig schwer machen kann.

Ein Teil des Spaßes ist es hier, dem eigenen Charakter dabei zuzusehen, wie er von einer schlimmen Situation in die nächste läuft und nur hin und wieder Momente der Ruhe erlebt. Sobald man aber diese Einstiegshürden genommen hat, laufen die Spielabende erfahrungsgemäß recht flüssig und dynamisch. Wenn man also bereit ist sich auf das narrative Hin- und Her einzulassen, kann es zu einer sehr bereichernden Erfahrung werden.

Charaktererschaffung Die Charaktererschaffung funktioniert, wie bei PbtA-Spielen typisch, anhand von Playbooks, die in diesem Fall Archetypen heißen. Ein Archetyp ist dabei genau das: Eine Art Abziehbild bzw. Idealtyp einer genretypischen Rolle. Mag man es klassisch, kann man zwischen so illustren Gestalten wie dem „Professor“ dem „Geheimagenten“ dem „Okkultisten“ oder dem „Wissenschaftler“ wählen. Wenn man schon zu Beginn bereit ist, die inhärente Düsternis des Systems anzunehmen, kann man Rollen wie den „Gebrochenen“ den „Verfluchten“ oder die „Puppe“ wählen. Findet man für seine Charakteridee keinen passenden Archetypen, dann gibt einem Kult auch einen Baukastenansatz mit, mit dessen Hilfe ein neuer Archetyp erschaffen werden kann.

Hat man sich einen Archetyp ausgesucht, folgen einige wenige Schritte bis zum fertigen Charakter. Zuerst einmal sucht man seine genaue Beschäftigung aus, also welche besondere Erscheinungsform des Archetyps man darstellen möchte. So kann der „Veteran“ beispielsweise ein eiskalter Profikiller sein, der sein Geld als Auftragsmörder oder Bodyguard verdient, oder auch eine gebrochene, obdachlose Gestalt, die den Schrecken des Krieges nicht ertragen konnte und nun die Mitglieder der Gesellschaft um Almosen anbetteln muss, deren Existenz er mit seinem Körper und Verstand verteidigt hat.

Wie es sich für das Genre gehört, wählt der Spieler danach ein dunkles Geheimnis für seinen Charakter aus. Dieses Geheimnis kann von der Spielleitung genutzt werden, um Szenarien persönlicher zu gestalten oder auch gesamte Szenarien darauf aufzubauen. Außerdem ist es der Grundstein des persönlichen Plots des Spielers, von dem aus sich die Geschichte entfalten kann.

Danach werden noch zwei Nach- und drei Vorteile ausgewählt, die den eigenen Charakter weiter spezifizieren und ihm und der Spielleitung Zugriff auf bestimmte Moves geben, die nicht jedem Archetyp zur Verfügung stehen.

Ist das erledigt, werden noch Modifikatoren von -2 bis +2 auf die Attribute verteilt, Namen und Aussehen vergeben und dann ist man nahezu fertig. Einzig das Beziehungsnetz des Charakters fehlt noch. Da Kult sich auf die Fahnen geschrieben hat, möglichst nah an den einzelnen Charakteren und ihren Geschichten zu sein, sind vollkommen losgelöste Einsame Wölfe natürlich keine besonders geeigneten Charaktere. Jeder Charakter hat mindestens zwei Verknüpfungen zu den anderen Charakteren der Gruppe und darüber hinaus noch neutrale, bedeutsame oder sogar lebenswichtige Beziehungen zu NSC.

Dieser Mechanismus soll verhindern, dass die Charaktere schon im ersten Abenteuer eigentlich keinen Sinn darin sehen, miteinander zu arbeiten und stattdessen lieber als Einsiedler oder Drifter in die Wildnis verschwinden. Außerdem finden so eine gewisse Erdung und Verankerung der Charaktere statt, die der Spielleitung ermöglicht, schnell emotionale Verbindungen zum Plot herzustellen oder neue Plots aus den Hintergründen der Charaktere zu entwickeln.    

Erscheinungsbild Eine gedruckte Version lag leider nicht vor, weswegen die PDF-Fassung Grundlage aller folgenden Aussagen darstellt. Diese ist mit aktuell gut 32 EUR bei DriveThru nicht gerade günstig, aber handwerklich sehr gut gemacht. Das Inhaltsverzeichnis ist komplett verlinkt und sowohl scrollen wie auch springen durch das Dokument geht angenehm schnell und ohne lange Wartepausen vonstatten. Der Index ist zwar hilfreich, aber leider nicht verlinkt, was ihn sich in der PDF-Fassung also leider nicht zu seinem vollen Potential entfalten lassen lässt.

Das gesamte Werk ist durchgehend farbig gedruckt und reichhaltig illustriert. Der vergleichsweise hohe Preis der Druckausgabe lässt sich wohl auch durch die vielen Illustrationen und das durchgängig hochwertige Layout des Bandes erklären. Hier liegen aber auch die Schwachstellen des Bandes. Das Layout ist zwar durchgehend originell, aber leider nicht durchgehend auf Benutzungsfreundlichkeit getrimmt. Die Spalten sind mitunter angeschnitten und ähneln eher Trapezen als Säulen, was zwar durch seine leicht verstörende Wirkung die Stimmung des Bandes unterstützt, aber im Eifer des Gefechts auch nerven kann.

Zum Schluss müssen wir über die Illustrationen des Bandes sprechen, denn die haben es in sich. So sehr sogar, dass die Cover-Illustration für eine Verzögerung des Drucks gesorgt hat, da dem weiblichen Engel, der ursprünglich mit blutendem Oberkörper gezeigt wurde, erst einmal eine Bronzerüstung per Photoshop verpasst werden musste. Aber auch ansonsten finden sich harte Themen in der Bebilderung, von Medikamentenabhängigkeiten über Selbst- bis hin zu implizierten Kindsmord wird so ziemlich jeder vorhandene psychologische Trigger bedient.

Von sexualisierten und Fetish-Abbildungen ganz zu schweigen. Das Buch gibt sich aufrichtig Mühe, sein Label „This game explores mature themes“ und die folgende Triggerwarnung zu rechtfertigen. Ob man das für gelungen und angemessen hält, ist sicherlich Geschmackssache, aber in jedem Fall sollte man wissen, worauf man sich einlässt. Die Art des Horrors in Kult ist wesentlich menschlicher als die kosmischen Schrecken des Mythos und damit auch verstörender. Das bringen die Illustrationen in jedem Fall hervorragend rüber.

Bonus/Downloadcontent Im Rahmen der Kickstarter-Kampagne wurde das Einführungsabenteuer Oakwood Heights gratis veröffentlicht und ist mit dem ebenfalls kostenlosen Schnellstarter spielbar. Darüber hinaus gab es zum Veröffentlichungstermin dieses Ersteindrucks keinen weiteren Bonuscontent zum Download.

Fazit Mit der Kickstarter-finanzierten Neuauflage ist der Horrorklassiker Kult erfolgreich in der Gegenwart angekommen. Angetrieben durch die Apocalypse World-Engine präsentiert sich Kult: Divinity Lost als modernes, narratives Horrorspiel. Inhalt und Tonfall des Spiels richten sich dabei wie eh und je an Spieler, die keine Scheu vor harten und mitunter verstörenden Themen haben und eine gute Portion Verschwörungstheorie, gemischt mit judäochristlicher Mystik, zu schätzen wissen.

Wem der letzte Satz nicht gefallen hat, der sollte allerdings besser die Finger von Kult lassen, denn diese Themen durchdringen jede Seite des Buchs. Das teilweise merkwürdige Layout und die grenzwertigen Illustrationen können für manchen Leser abschreckend sein, aber Fans eines guten Horrorspiels kommen voll auf ihre Kosten. Für Genrefans eine definitive Empfehlung. Für Neueinsteiger in das Genre allerdings ein Sprung ins eiskalte Wasser.

Der Ersteindruck basiert auf der Lektüre des Buches und dem Spielen und Leiten des Abenteuers Oakwood Heights.



Rating:
[4 of 5 Stars!]
Kult: Divinity Lost - 4th Edition of Kult, Core Rules
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The Chronodex - Core Set
Publisher: KaiserMakes
by Roger L. [Featured Reviewer]
Date Added: 01/15/2019 08:08:53

https://www.teilzeithelden.de/2018/12/14/kurzcheck-chronodex-core-set-humorvolle-kampagnenplanung-mit-charakter/

Wer leitet, der leidet – oft unter der Masse an Informationen, die das Organisieren einer Kampagne mit sich bringt. Der Chronodex von KaiserMakes verspricht Abhilfe für geplagte Spielleiter, aber auch für Spieler und Autoren. Wie diese aussieht und mit welchen Stärken und Schwächen sie verbunden ist, wird in diesem Artikel aufgezeigt.

Die richtige Vorbereitung eines Spieleabends trägt entscheidend zum erfolgreichen Spielen bei – die richtige Vorbereitung einer ganzen Kampagne noch mehr. Nicht immer jedoch ist es einfach, einen Überblick darüber zu behalten, was bisher geschehen ist – und vor allem darüber, was noch alles passieren wird. Ellenlange, romanartige Dokumentationen der Ereignisse sind eine Option, Mindmaps, Stichworte und kleine Skizzen eine andere. Der Chronodex stellt eine kreative Alternative dar: Mit diesem Tool können Spielleiter und Spieler einen Überblick über die großen Fragen der aktuellen Handlung er- und behalten. Ob und wie das funktioniert, wird im Anschluss erläutert.

Inhalt Der Chronodex ist ein Tool, welches die Planung und Dokumentation von Rollenspielkampagnen ermöglicht. Dies primär seitens des Spielleiters, wobei auf der offiziellen Website des Chronodexes auch auf die Nutzbarkeit auf Spielerseite sowie auf eine Verwendung durch Autoren, die die Handlung einer Geschichte zu planen wünschen, verwiesen wird. Hierbei ist der Chronodex keinesfalls an ein spezielles System oder ein gewisses Genre gebunden.

Der Chronodex kann von SL, Spielern, aber auch von Autoren genutzt werden Mithilfe der im Core Set enthaltenen Seiten lassen sich u. a. die SC, NSC sowie erlebte Abenteuer festhalten. Auch Orte und Fraktionen, also Vereinigungen, Gilden usw., lassen sich in übersichtlicher Form niederschreiben.

Laut Website waren die ersten Erweiterungen zum Core Set für September 2018 angedacht, jedoch ist die Veröffentlichung aktuell noch ausstehend.

Spielwelt, Regionen, Locations

Die Übersicht „Minor Location“ fasst das Wichtigste über eine Örtlichkeit zusammen. Nicht immer ist es einfach, alle Details einer Spielwelt im Allgemeinen wie auch die Informationen zu den in ihr befindlichen Regionen und Örtlichkeiten im Blick zu behalten. Mit Übersichtsblättern wie „Map“, „Region“ und „Locations“ stellt sich der Chronodex dieser Problematik entgegen. Über größere Landstriche lässt sich mithilfe von Spalten für Klima, Besonderheiten, Ressourcen, Gefahren und demografische Informationen ein schneller Eindruck gewinnen. Kleinere Örtlichkeiten werden eher durch die dortige Kriminalitätsrate, den Ausbildungsgrad oder die Bevölkerungsdichte definiert. Auch die genaue Lage, der Ruf und die (politische oder spirituelle) Führung können hier eingefügt werden.

Gruppierungen und NSC Die SC sind im Regelfall nicht allein auf der Welt. Die Übersichtsblätter „Major Factions“, „Factions“ und „Minor Factions“ gestatten es, Gruppierungen und relevante Mitglieder eben solcher schriftlich festzuhalten. Weitere Informationen wie Größe, Art der Organisation und Verhältnis zu den SC können ebenfalls hier aufgeführt werden.

„Minor Faction“ kurz zusammengefasst: Wer sind sie und was wollen sie? SC und relevante Items

Auch zu einzelnen Artefakten lassen sich die wichtigsten Informationen in Stichpunkten zusammenfassen Was sind die lustigsten Eigenarten der SC? Was ist ihre liebste Erinnerung? Worin sind sie gut/nicht gut? Die Übersichten zu den SC bieten ergänzend zu systembezogenen Charakterbögen Raum für Details, die ihre Persönlichkeit bereichern. Auch spezifische Informationen zu Äußerlichkeiten können hier in Textform oder aber anhand der vorgefertigten Skizzen festgehalten werden.

Neben den SC selbst ist ihre Ausrüstung interessant – dies vor allem dann, wenn es sich um besondere Artefakte handelt. Die Übersichtsseiten „Unique Items“ und „Items“ bieten Raum, um diese zu beschreiben und beispielsweise das Material, aus welchem ein Artefakt erstellt ist, und welche Legenden sich um dieses ranken, niederzuschreiben.

Die Kampagne in Zahlen Der Chronodex bietet zur Übersicht der bisherigen Geschehnisse, aber auch hinsichtlich der Ereignisse, die noch in der Zukunft erfolgen, einen Zeitstrahl an. Neben der genauen Benennung des Zeitpunktes, an welchem etwas geschah oder geschehen wird, können auch der Auslöser sowie die Effekte, die daraus resultieren, beschrieben werden.Für eine allgemeine Übersicht, die jenseits einer zeitlichen Ordnung liegt, ist das Blatt „Stats“ geeignet. Hier können unter anderem die Anzahl besuchter und zerstörter Städte festgehalten werden sowie die Häufigkeit von kritischen Erfolgen und Patzern. Auch die Anzahl der Spielertode und ein „Kill Count“ in Bezug auf feindlich gesinnte Wesenheiten sind hier dokumentierbar,

Immer für einen Lacher gut: Erlebnisse der besonderen Art Positiv auffallend aufgrund des humoristischen Aspektes sind die Spalten für Kurioses wie in etwa der Lieblings-NSC der Gruppe, die Anzahl der erlebten sexuellen Begegnungen und der seltsamsten Sache, die jemals verehrt wurde.

Die Dokumentation von groben Handlungssträngen und Details kann somit problemlos erfolgen; sobald es jedoch um nähere Details geht, stößt der Nutzer beim Ausfüllen an seine Grenzen. Dies vor allem aufgrund der teils sehr kleinen Felder, die für Notizen seitens des SL angedacht sind. Während das Tool also zur oberflächlichen Informationsdokumentation von Personen, Orten Gruppierungen und der Handlung geeignet ist, ist keine Detaildichte gegeben und zumindest dann, wenn man keinen Aspekt auslassen möchte, ist eine separate Dokumentation unumgänglich.

Achievements Eine Kategorie, die einerseits eine große Anzahl von Seiten einnimmt und andererseits durch ihre humoristische Art ins Auge sticht, ist die der Erfolge. Hier werden einmalige sowie wiederholbare Erfolge aufgelistet, die bei Gelingen innerhalb des Spieles dokumentiert werden können. Hierbei geht es weniger darum, Powerplay zu fördern, vielmehr scheinen die amüsant kommentierten Erfolgs-Titel dafür da zu sein, für ein wenig Auflockerung sowie den ein oder anderen Lacher zu sorgen.

Die sogenannten „Meta Achievements“ beschäftigen sich mit Errungenschaften beziehungsweise Titeln, die außerhalb des Spiels erlangt werden können, so beispielsweise „The Host“, der an denjenigen geht, der fünf Male in Folge eine Location zum Spielen zur Verfügung gestellt hat. An diese schließen sich die „One-Time Achievements“ mit Titeln wie „Pile of Bards“ an, welcher sich auf The Gamers bezieht und dann vergeben wird, wenn drei Spielercharaktere während ein und derselben Kampagne versterben. Die „Repeating Achievements“ laden, wie der Name schon beschreibt, zum multiplen Erstreiten ein: „You win this time, Gravity!“ erhält ein Spieler dann, wenn er jemandem tödlichen Schaden durch einen Fall zufügt. „Passed Achievements“ sind Errungenschaften, die von Spieler zu Spieler weitergereicht werden können, wie zum Beispiel der Titel „The Filibusterer“, welcher an den Spieler mit dem längsten gehaltenen Monolog gereicht wird. „The Hero we got“ ist ein „Group Achievement“ und beschreibt den Umstand, wenn die Spieler die Kampagne zwar beenden, durch ihre Entscheidungen und Taten jedoch die Umstände innerhalb der Spielwelt nunmehr schlimmer sind als zuvor. Auch Errungenschaften, auf die man keinesfalls stolz sein sollte, sind vorhanden: Die „Achievements of Shame“. Mit Klassiker-Titeln wie „Leeroy Jenkins!“, welcher das Stürmen in den Kampf mit beinahe folgender Auslöschung der Gruppe beschreibt, und anderen lustigen Erfolgen werden hier spielertypische Faxen beschrieben und ein Vorschlag zur Belohnung der nicht gerade braven Spielerschaft gemacht: Sie sollten besser nichts erhalten, gar nichts. Die „Epic Achievements“ sind einmalig und besonders gehalten; ihre Verleihung dürfte selten vorkommen. Ein Beispiel für diese wäre der Titel „Bonaparte“, der sich auf einen Spieler bezieht, welcher Anführer einer Nation oder eines Clans wird, dessen primäre Spezies sehr viel größer ist als er selbst. Final wird mit der Überschrift „Make-your-own“ dazu aufgefordert, selbst kreativ zu werden und eigene Erfolge zu gestalten. Es fällt auf, dass viele Achievements eher klassischen Fantasy-Settings bzw. Settings in einem mittelalterlichen Kontext zuzuordnen sind. Moderne Settings oder Science Fiction-Szenarios treten hier etwas kürzer.

Erscheinungsbild Das Deckblatt des Core Sets des Chronodexes ist mit dem Schriftzug „The Chronodex – Adventurer’s Journal“ versehen und begrüßt den Anwender mit Orange-, Gelb-, und Grüntönen. Zu sehen ist eine verhüllte humanoide Gestalt, die ein aufgeschlagenes Buch in Händen hält und in die Ferne späht. Ausrüstung und Waffen deuten auf ein mittelalterliches bzw. ein fantasylastiges Setting hin. Eine felsige Landschaft sowie offenbar zwei Sonnen – oder aber eine Sonne und ein deutlich sichtbarer Planet – nehmen den Hintergrund und den Himmel ein. Zusammen mit dem Deckblatt besteht das Core Set aus 32 Seiten.

Die einzelnen Seiten präsentieren sich farbenfroh und augenfreundlich. Es wird wenig Text verwendet, sodass rasch ein Eindruck darüber gewonnen werden kann, welche Seite welche Art von Informationen anbietet. Die Schrift ist gut lesbar und dank des PDF-Formates kann im Zweifelsfall die Zoom-Funktion verwendet werden. Eine Farbvariation ist zwischen den einzelnen Kategorien gegeben, so dominiert beispielsweise ein kräftiges Orange die „Major Factions“, wohingegen die Übersichten zu den „Characters“ ockerfarben gehalten sind. Der Chronodex ist aus diesem Grunde jedoch eher für den Farb- bzw. Graudruck, nicht aber für einen Ausdruck rein in schwarz/weiß geeignet.

Übersichtlich: Besondere Charaktermerkmale können einfach eingezeichnet werden. Es sind Grafiken innerhalb des Chronodexes enthalten, welche eine Visualisierung gegebener Umstände ermöglichen. So verfügen die Bögen „Characters“ über schematische Personendarstellungen, die das Markieren von Auffälligkeiten (z.B. Narben, Tätowierungen, Schmuck) ermöglichen.

Neben interessanten Fragen zur Persönlichkeit kann auf der Übersicht „Characters“ mithilfe einer Matrix die Persönlichkeit des SC definiert werden Auch werden Übersichten angeboten, die einen groben Überblick über den Charakter selbst erlauben. Hier werden einige Charakterzüge benannt und in einer Matrix, die an ihren Extremitäten die einzelnen möglichen Wesensarten eines SC aufweist, kann mithilfe einer Grafik die Gewichtung in Bezug auf diesen einzelnen Charakter definiert werden.

Solche ausfüllbaren Übersichten sind auch auf anderen Seiten wie z.B. „Major Location“ zu finden. Sie geben hier Aufschluss über die Bildungsrate, Bevölkerungsgrad und Kriminalitätsrate.

Da es keine festgelegten Seitenzahlen im Core Set gibt, können die Seiten für den individuellen Bedarf umsortiert werden. Auch können Seiten, die häufiger benötigt werden, mehrfach ausgedruckt und abgeheftet werden. Dem Prinzip folgend können Kategorien, die für die aktuelle Kampagne keinerlei Relevanz aufweisen, entfernt werden, ohne dass eine Umsortierung des Chronodexes notwendig ist. Die Reihenfolge einzelner Blätter ist somit ebenfalls variabel. Wünscht der Anwender dieses Tools einen Index, so muss er hier demnach selbst tätig werden und sich eine Übersicht der seinerseits verwendeten Blätter erstellen.

Ein großes Manko an dem Chronodex, der per PDF-Datei zu erhalten ist, ist, dass die Datei nicht digital ausfüllbar ist. Dies wäre lediglich durch das händische Einfügen von Textfeldern mithilfe gängiger Bearbeitungsprogramme möglich. Von Anbieterseite her ist diese Option jedoch nicht gegeben, da eine Nutzung in Papierform angedacht ist.

Fazit Der Chronodex wird auf DriveThruRPG mit der Pay what you want-Bezahloption angeboten. Das bedeutet, dass der Käufer selbst entscheiden kann, wie viel er zu zahlen bereit ist. Auch kann er den Chronodex kostenfrei erwerben. Der variable Einsatz der einzelnen Seiten bzw. Kategorien ermöglicht es Spielleiter, Spieler und Autoren, welche zu dritt die Zielgruppe für dieses Tool darstellen, den Chronodex auf die individuellen Bedürfnisse von sich und der eigenen Kampagne oder Erzählung anzupassen. In diesem Zuge ist auch die zukünftige Ausbaufähigkeit relevant: Nicht nur können jederzeit weitere Seiten eingefügt werden, es sollen zudem noch weitere Individualisierungs- und Organisationsoptionen veröffentlicht werden.

Neben dem attraktiven Design der einzelnen Seiten ist vor allem der humorvolle Aspekt tragend. Die vielen kreativen wie amüsanten Ideen zu möglichen Erfolgen, die eine Gruppe oder ein Spieler erzielen kann, fördern das Ideenreichtum des Anwenders sowie eine Dokumentation der humorvollen Spielstunden.

Der Chronodex weist jedoch einige Schwachstellen auf, die an dieser Stelle ebenso Erwähnung finden sollen: So kann eine Dokumentation von Handlungen, getroffenen NSC, besuchten Örtlichkeiten usw. nur sehr oberflächlich erfolgen; möchte man kein Detail auslassen, muss separat ergänzend dokumentiert werden.

Obwohl viele Erfolge auch auf modernere Settings gemünzt sind, erweckt der Chronodex den Eindruck, eher für mittelalterliche beziehungsweise fantasylastige Settings geeignet zu ein. Dies vor allem durch die mangelnde Berücksichtigung von technischen Aspekten, die beispielsweise zu einem modernen Setting oder aber im Science Fiction-Bereich passend wären.

Während darüber hinaus das Design und der Aufbau des Chronodexes ansprechend sind, fällt negativ ins Auge, dass die PDF-Datei, in welcher das Tool angeboten wird, nicht von Haus aus ausfüllbar ist. Nur mit Tricks lassen sich die Dokumente auch am Bildschirm und nicht erst in ausgedruckter Form ausfüllen.

Alles in allem ist der Chronodex ein hilfreiches Tool, welches mit angenehmem Design und viel Humor SL, Spielern und Autoren zur Hand geht. Es weist allerdings Schwächen auf, die eine alleinige Nutzung zur Dokumentation einer Handlung mitsamt allen Details schwierig machen. Ein Umstand, der angesichts des kostenfreien Angebots des „Adventurer’s Journal“ vernachlässigt werden kann. In diesem Sinne: Build, track and share your stories!



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[3 of 5 Stars!]
The Chronodex - Core Set
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