Cthulhu-Action rund um die Welt (und darüber hinaus) - eine Mephisto Rezension
Die zweiköpfige Schlange
Es beginnt als Unterstützung für einen medizinischen Hilfseinsatz in Bolivien: Die Spielercharaktere arbeiten für die private medizinische Hilfsorganisation Caduceus und treffen dabei im bolivianischen Dschungel auf etwas, was ihre Sicht auf die Welt verändern wird – und was der Auftakt einer weltumspannenden Kampagne gegen die Mächte des Mythos ist. Die weitere Suche nach der Wahrheit – und dann der Versuch, eine globale Katastrophe zu verhindern – führt nach New York City, Borneo, Oklahoma, Island, Afrika, Kalkutta und über die Grenzen der Erde hinaus. Dabei geraten die Spielercharaktere in den Konflikt gleich mehrerer Machtgruppen und müssen sich entscheiden, wer ihre Gegner und wer ihre Verbündeten sind.
Die zweiköpfige Schlange ist ein dicker Kampagnenband für Pulp Cthulhu und greift mit Caduceus eine wichtige Organisation aus dieser Zeit des Settings heraus. Im Auftrag von Caduceus reisen die Spielercharaktere zwischen New York und den entferntesten Ecken der Welt hin und her, um scheinbar medizinische Krisen zu bekämpfen, doch in Wirklichkeit den Mächten des Mythos Einhalt zu gebieten. Dabei geht die Kampagne davon aus, dass die Spielercharaktere das Spiel komplett unwissend beginnen und erst Stück für Stück in die geheime Welt hineinrutschen. Immerhin neun Kapitel müssen gemeistert werden, bevor die Spielercharaktere am Ende die Chance haben, die Welt zu retten – oder dabei grandios zu scheitern.
Wie für Pulp Cthulhu üblich, lautet hier der Grundsatz „nicht kleckern, sondern klotzen“, sodass die Spielercharaktere es mit allerlei Mythos-Kreaturen und anderen Elementen des Pulp-Genres (inklusive Dinosauriern) zu tun bekommen. Die Abenteuer decken eine gute Bandbreite ab, wobei die reinen Ermittlungen eher im Hintergrund stehen, während das Setting für echte Actionhelden gemacht ist. Die Kampagne ist zudem so angelegt, dass die Spieler ihre eigenen Entscheidungen treffen können, was den Gesamtverlauf durchaus beeinflussen kann. Von den Themen sind die Kapitel variantenreich: Mal geht es darum, im ländlichen Amerika eine Sekte zu untersuchen, mal darum, eine wilde Jagd nach einem Artefakt in einer Großstadt erfolgreich zu bestehen, und mal darum, einer tödlichen Seuche Einhalt zu gebieten. Diese Szenarien stellen jeweils die wichtigsten Personen und Schauplätze vor und geben auch ein grobes Handlungsraster. Sie erlauben es der Spielrunde bzw. dem Spielleiter jedoch, die Szenen anzupassen bzw. zu erweitern. Entsprechende Kapitel stellen sowohl die verschiedenen Machtgruppen und ihre Ziele als auch die entsprechenden Protagonisten vor und erläutern neue Artefakte, Technologien, Mythos-Bücher und Zauber. Wer möchte, kann vorgefertigte Charaktere verwenden, um direkt einzusteigen.
Mit seiner Länge dürfte Die zweiköpfige Schlange eine Kampagne für Pulp Cthulhu sein, die Spielrunden für wirklich lange Zeit beschäftigt hält. Sie bietet einen entsprechend harten Schwierigkeitsgrad, der nicht nur auf den eingesetzten Kreaturen und Bedrohungen, sondern auch auf der nötigen Eigeninitiative der Spieler basiert. Trotz der guten Ausarbeitung dürfte für den Spielleiter diese Kampagne eine Menge Arbeit bedeuten, um für die verschiedenen Elemente im Gesamten und die Abenteuer im Einzelnen den Überblick zu behalten – einfach aufgrund der schieren Menge des Materials. Ansonsten bietet das Szenario das, was Pulp ausmacht: Dinosaurier, Vulkane, geheime Forschungsbasen, einen Plan, die Welt zu zerstören, und die Reise an exotische bis völlig fremdartige Orte.
Während mir einige einzelne Abenteuer wirklich sehr gut gefallen haben, weil sie eine spannende Story und gute Ideen bieten, hat mich das Finale nicht so ganz überzeugt. Aus meiner Sicht ist es schwierig, das Ende gut am Spieltisch rüberzubringen. Dies ist jedoch eine persönliche Einschätzung. Wer – insbesondere für Pulp Cthulhu – eine wirklich umfassende Kampagne sucht, die zudem gezielt eine Mythos-Machtgruppe in den Vordergrund stellt, der bekommt hier Spielmaterial, das für Wochen und Monate ausreichen sollte und die Spieler ordentlich fordert.
(Björn Lippold)
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