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https://www.teilzeithelden.de/2019/03/30/rezension-symbaroum-throne-of-thorns-auf-symbars-faehrte/
Abschnitt 1 – City of Contrasts
Die Hauptstadt Ambrias, Yndaros, ist geprägt von Vielfalt und Gegensätzen. Am Tage bunt und voller Versprechen, in der Nacht in tiefstes Schwarz gehüllt und voller Gefahren. Die Stadt ist laut und zum Bersten gefüllt – selbst vor den Toren tummeln sich noch die Flüchtlinge aus Alberetor.
Königin Korinthia Nightbane aus dem Hause Kohinoor residiert in der Stadt, die im Herzen Yndariens liegt.
Abschnitt 2 – Game Master’s Section
Inmitten des ambrischen Reiches wird es politisch: Die in diesem Abschnitt zusammengestellten Informationen für den SL setzen sich primär aus einer Zusammenfassung der jüngsten Geschichte sowie einer Vorstellung der wichtigsten Fraktionen und Machthaber zusammen. Die Frage danach, wer was zum Ziel hat, ermöglicht die authentische Modifikation der Kampagne.
Hervorzuheben sind darüber hinaus die angebotenen Regelinformationen für die zeremonielle Magie und die damit verbundenen Rituale.
Der Band enthält keine ergänzenden Regeln zur Abenteuer- bzw. Kampagnengestaltung – ganz im Gegensatz zu seinen Vorgängern. Während Yndaros: The Darkest Star vor allem auf politischer und geschichtlicher Ebene interessant ist, schwächelt das Angebot an SL-Werkzeugen im direkten Vergleich mit den anderen Bänden der Reihe.
Abschnitt 3 – The Darkest Star
Die Reise hat die SC ins Zentrum von Ambria geführt. Inmitten der beeindruckenden Stadt versuchen sie nunmehr, Informationen über die Ruinen zu erhalten, die unter ihr lauern: Die Überreste einer anderen Stadt, Lindaros.
Wie auch The Witch Hammer kann dieses Kapitel losgelöst von der Throne of Thorns-Kampagne bestritten und erlebt werden.
Erscheinungsbild
Mit 177 Seiten ist Yndaros: The Darkest Star in etwa so umfangreich wie Thistle Hold: Wrath of the Warden. Vor diesem Hintergrund fällt der erhöhte Preis der Hardcover-Variante negativ auf. Qualitative Unterschiede zu den beiden hier ebenfalls vorgestellten Werken gibt es nicht; das Schriftbild folgt weiterhin dem mittlerweile vertrauten Stil der Symbaroum-Regelwerke und die enthaltenen Artworks spiegeln die düstere Stimmung erfolgreich wider.
Fazit
Yndaros: The Darkest Star beinhaltet essentielle Informationen, wenn es darum geht, Ambria politisch zu verstehen. Das breite Spektrum an Fakten und Hintergründen jedoch verdrängt die SL-Werkzeuge, die beispielsweise in Form von zielorientiertem Rollenspiel in Thistle Hold: Wrath of the Warden oder von zufallsbasierter Erstellung von Ruinen in Karvosti: The Witch Hammer vorhanden waren.
Da die Kampagne mit sieben Bänden bereits keine günstige Angelegenheit ist (und überdies zum Spielen noch das Grundregelwerk und eventuell der Advanced Players Guide benötigt werden), ist dieser erhöhte Preis schwerlich zu rechtfertigen. Ein Umstand, der nur bedingt durch die überaus spannende Fortführung der Kampagne entschuldigt werden kann.
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https://www.teilzeithelden.de/2019/03/30/rezension-symbaroum-throne-of-thorns-auf-symbars-faehrte/
Abschnitt 1 – The Explorer’s Haven
Barbarenhäuptling Tharaban und die Huldra Yeleta residieren auf dem Kliff Karvosti, von welchem aus weite Teile des Davokars zu überblicken sind. Auf dem Plateau leben mehrere hundert Seelen, Barbaren und Ambrier gleichermaßen, und es stellt einen Ort für Verhandlungen dar, präsentiert aber auch eine gewisse angespannte Neutralität. Expeditionen des Ordo Magicas oder der Schwarzmäntel der Kirche können diesen Ort ebenso zum Ziel haben wie Entdecker und Schatzsucher.
Karvosti – The Witch Hammer führt die Spieler in die Tiefen des Davokar und im Gegensatz zu eventuellen früheren, kürzeren Ausflügen in den finsteren Wald sehen sich die SC nunmehr mit seiner ganzen Schönheit – und seiner ganzen Abscheulichkeit – konfrontiert.
Abschnitt 2 – Game Master’s Section
Während der erste Abschnitt von Karvosti – The Witch Hammer für Spieler und SL gleichermaßen interessant (und dieser wie auch The Hunter’s Harbor als separate PDF-Datei erhältlich) ist, widmet sich der zweite Teil des Bandes erneut dem SL. Er beschreibt Hintergründe und Legenden in Bezug auf Karvosti detailliert, separiert Wahrheit von Sage und beinhaltet überdies neue Plothooks innerhalb der zuvor vorgestellten Örtlichkeit. Ebenso werden neue Mechaniken und Regelmodifikationen aufgeführt.
Besonders positiv auffallend ist der Abschnitt hinsichtlich der Erschaffung von Ruinen, die im Davokar erforscht werden können. Hier werden Tabellen angeboten, die das Erstellen einer Ruine nach dem Zufallsprinzip ermöglicht. Die beinhalteten Optionen sind abwechslungsreich gestaltet und ermöglichen es dem SL, auch kurzfristig ein zerfallenes Gefängnis, eine alte Mine oder ein längst vergessenes Grab zu erstellen.
Abschnitt 3 – The Witch Hammer
The Witch Hammer wird als Stand-Alone-Abenteuer vorgestellt, ist aber ebenso der zweite Teil der Throne of Thrones-Kampagne. Der Band beinhaltet alles, was SL und Spieler benötigen, um in die Tiefen des Davokar vorzudringen.
Erscheinungsbild
Karvosti – The Witch Hammer weist mit 152 Seiten weniger Seiten auf als der erste und der dritte Band der Kampagne. Hinsichtlich der Gestaltung und des Aufbaus steht der Band seinem Vor- und Nachgänger in nichts nach. Bereits beim ersten Blick in die PDF hinein ist der optische Wiedererkennungswert eines Symbaroum-Regelwerks gegeben.
Fazit
Karvosti – The Witch Hammer macht da weiter, wo Thistle Hold – Wrath of the Warden aufgehört hat, im doppelten Sinne. Der Band baut auf den Regeln und Ergänzungen auf und führt die Handlung der Throne of Thorns-Kampagne weiter. Bewährte Konzepte werden nicht nur erneut aufgegriffen, sondern verbessert angeboten, und das Buch birgt auch für erfahrene SL nur wenige überflüssige Informationen.
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https://www.teilzeithelden.de/2019/03/30/rezension-symbaroum-throne-of-thorns-auf-symbars-faehrte/
Abschnitt 1 – The Hunter’s Harbor
Das Leuchtfeuer der Stadt Thistle Hold führt Schatzsucher, Abenteurer und die Waldläufer der Königin aus dem finsteren Davokar zurück auf zivilisierten Grund und Boden. Die immerwährende Verlockung von Reichtümern und mächtiger Jagdbeute, die es in den Schatten des Waldes zu finden gibt, prägt die befestigte und gepflegte Hochburg, die Repräsentanten aller Autoritäten Ambrias in sich beheimatet.
Thistle Hold – Wrath of the Warden stellt die gleichnamige Stadt wie auch das Vorstädtchen Blackmoor umfangreich vor. Es werden die wichtigsten Gasthäuser und Handelshäuser wie auch relevante Persönlichkeiten und Fraktionen aufgeführt.
The Hunter’s Harbor ist als separate PDF-Datei erhältlich. Da dieser Abschnitt der einzige ist, der nicht ausschließlich für die Augen des SL bestimmt ist, ist dies sehr hilfreich für Spieler, die nicht in Inhalte investieren möchten, die sie nicht einsehen sollten oder möchten. Gleiches gilt für die ersten Abschnitte der ebenfalls vorgestellten Werke Karvosti: The Witch Hammer und Yndaros: The Darkest Star.
Abschnitt 2 – Game Master’s Section
Der sodann folgende Abschnitt bietet dem SL Informationen an, die an dieser Stelle kurz, aber spoilerfrei, vorgestellt werden. So beinhaltet Thistle Hold – Wrath of the Warden ein Kapitel über zielorientiertes Rollenspiel. Dies beschreibt den Typus Rollenspiel, bei dem einzig die Spieler den Handlungsverlauf bestimmen, indem sie ihre persönlichen und gemeinsamen Ziele zu erreichen versuchen. Es werden Vorschläge für derartige Ziele dargelegt, die konform mit dem Kampagnenverlauf von Throne of Thorns gehen.
Des Weiteren werden Ruinen innerhalb des Davokars beschrieben, die je nach Bedarf besucht oder eben nicht besucht werden können. Abschließend werden ergänzende Regeln wie beispielsweise Fähigkeiten für feindliche Kreaturen angeboten.
Auch Artefakte und Elixiere werden definiert und der SL erhält Tipps, wie er Nachforschungs- und Recherchearbeiten der SC handhaben kann.
Abschnitt 3 – Wrath of the Warden
Thistle Hold – Wrath of the Warden endet mit dem ersten Teil der Throne of Thorns-Kampagne. Der Aufbau des ersten Abschnitts des Abenteuers sowie die handelnden Fraktionen werden vorgestellt. Positiv auffallend ist die enthaltene Adventure-Time-Line, die dem SL zu jeder Zeit darstellt, wo die Spieler sich gerade befinden – und wo sie hin müssen. Vor allem für unerfahrene SL ist dies eine große Unterstützung. Auch Handouts in Form von Briefen oder Notizen sind weiter hinten in der PDF-Datei hinterlegt – ein Umstand, der allen bisher erschienen Bänden der Kampagne zu eigen ist.
Erscheinungsbild
Die PDF-Datei von Thistle Hold – Wrath of the Warden verfügt über 177 farbige Seiten. Der Textfluss ist durch Absätze, Unterüberschriften und farbige Einschübe ansprechend gestaltet. Alle Seiten sind in einem beigefarbenen warmen Ton gehalten, der das Lesen zu einer angenehmen Angelegenheit macht. Die Illustrationen sind – wie in anderen Symbaroum-Regelwerken auch – hochwertig und ästhetisch gehalten. Besonders hervorzuheben sind die vorbereiteten Handouts in Form vom Briefen bzw. Karten weiter hinten im Buch, die der SL im Rahmen des ersten Abenteuerabschnitts verwenden kann, ebenso wie auch die Portraits von wichtigen NSC.
Ein Index ist nicht vorhanden, jedoch ist ein Inhaltsverzeichnis zu Beginn des Buches.
Fazit
Mit Thistle Hold – Wrath of the Warden bietet Järnringen nicht nur den ersten Teil einer umfangreichen und stimmigen Kampagne an, sondern offeriert überdies Informationen, die auf den Inhalten des Grundregelwerks aufbauen. Die Welt wird sowohl inhaltlich als auch regeltechnisch ausgebaut; sie wächst. Die angebotenen Informationen helfen vor allem unerfahrenen SL, mit den Inhalten umzugehen und die Spieltermine entsprechend vorzubereiten. Viele der hiermit in Zusammenhang stehenden Inhalte sind für erfahrene SL jedoch redundant.
Das Regelwerk ist attraktiv gestaltet und weist weniger Fehler innerhalb der stimmungsvoll gehaltenen Texte auf. Der Einwand, dass ein Großteil des Bandes lediglich für den SL gedacht ist, wird damit abgewiegelt, dass der erste Abschnitt, Hunter’s Harbor, separat erhältlich ist und interessierte Spieler somit nicht für Inhalte zahlen, die sie nicht konsumieren möchten.
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https://www.teilzeithelden.de/2019/04/06/rezension-dsa5-die-gefangenen-von-santobal-die-boese-mine-zum-guten-spiel/
Frei nach dem Motto: „Wer anderen in der Mine gräbt, fällt selbst hinein!“, eröffnete Ulisses die Abenteuer-Saison 2019 mit einem Gefängnis-Abenteuer der Extraklasse. In einer al’anfanischen Gefängnis-Mine warten Tod oder Reichtum auf risikobereite Helden. Unser Redakteur Torben hat sich unter Tage begeben und nach den Juwelen des neuen Abenteuers Ausschau gehalten.
„DAS IST KEINE MINE, DAS IST EIN GRAB.“
(Boromir)
Wir befinden uns in Santobal. Den Namen Santobal kennt in Südaventurien jeder. Das Fundament des sagenhaften Reichtums Al‘Anfas – faustgroße Riesendiamanten – soll dort im schwarzen Fels ruhen. Doch das ist kein Trost für jene, die zur Zwangsarbeit in den lebensgefährlichen Stollen der Gefängnis-Mine gezwungen werden. Nicht umsonst heißt es, wer dorthin geschickt wurde, der sei schon so gut wie tot.
Die meisten der Gefangenen, die hier ihrem Ende entgegensehen, sind Piraten, Mörder und skrupellose Schurken, die ihre schwere Strafe durchaus verdient haben mögen. Zwischen den Peitschen erbarmungsloser Aufseher, den Spitzhacken finsterer Schwerverbrecher und der steten Gefahr bei lebendigem Leibe begraben zu werden, kämpfen jene ums Überleben, dessen Schicksal es schlecht mit ihnen meinte. Keiner der klar bei Verstand ist, würde jemals auf den Gedanken kommen freiwillig diesen Ort aufzusuchen. Und doch treibt es eine Gruppe von Helden in genau diese Diamantmine.
Inhalt
Die Gefangenen von Santobal soll den Spielern wie auch dem Meister ein möglichst großes Maß an Freiheit bieten. Um dies zu gewährleisten, wurden sowohl der Einstieg als auch der Hauptteil des Abenteuers modular gehalten. Alle Elemente der Handlungen können individuell angepasst werden und bieten oft unterschiedliche Optionen.
Das Abenteuer ist in drei Kapitel aufgeteilt. Im ersten Kapitel geht es hauptsächlich um die Hintergrundinformationen zu möglichen Abenteuereinstiegen, um die Wahl der Helden und das Wichtigste: die Vorbereitung und Planung. Die Handlungen des zweiten Kapitels finden innerhalb der Mine statt und beschreiben das Miteinander und Gegeneinander der Gefängnisinsassen, ihrer Wächter und Befehlshaber. Das dritte und finale Kapitel hingegen umschreibt die möglichen Resultate aus den vorangegangenen Handlungen der Helden und den möglichen Kampf um die Freiheit. Ob es letztlich zu einer Flucht kommt, haben die Helden selber in der Hand.
Kapitel 1: Der Weg ins Abenteuer
Bereits der Einstieg bietet den Spielern eine breite Auswahl an Motivationen für ihre Helden. Ob im „Dienst der Krone“ oder aufgrund des „phexgefälligen Lebenswandels“, den Spielern werden diverse Anregungen geboten, um das Wagnis einzugehen, ihre Helden ins Abenteuer zu stürzen. Ein Wagnis ist es in der Tat, da kaum ein Aventurier freiwillig auf die Idee käme, in das lebensgefährliche Gefängnis zu gehen. Die Helden lockt aber vermutlich der immense Reichtum, der dort auf sie wartet.
Wen auch immer die Helden als Auftraggeber ihrer waghalsigen Unternehmung wählen oder welchen Antrieb sie haben, das hohe Risiko auf sich zu nehmen, am Anfang steht wie so oft die Recherche und Vorbereitung.
Wer seinen Helden lieb hat und einen Meister sein Eigen nennt, der ab und zu mit dem Zaunpfahl winkt, der wird bereits im ersten Kapitel darauf hingewiesen werden, dass die Planung das A und O dieses Abenteuers ist. Denn hinein ist einfach, aber heraus …
Kapitel 2: In der Mine
Das zweite Kapitel beginnt mit der ausführlichen Beschreibung der Mine und seiner Bewohner. Dabei kommt die Umgebung ein wenig zu kurz, besonders wenn man davon ausgeht, dass das Abenteuer auf eine Flucht durch die beschriebene Landschaft hinauslaufen kann. Die Darstellung der Mine beinhaltet genug Details, um den Helden gewünschte Informationen für ihre Planungen zur Verfügung zu stellen.
Die besondere Komplexität dieses Schauplatzes wird allerdings dem Spielleiter ein hohes Maß an Vorbereitung und Flexibilität abverlangen. Es ist nicht einfach, den Überblick über hunderte von Personen zu behalten. Vor allem dann nicht, wenn die Helden auf die Interaktion mit einem großen Teil dieser Personen angewiesen sind.
Die Rahmenhandlung, welche vom Spielleiter weitestgehend frei gestaltet werden kann, und eine Reihe optionaler Szenen, machen das zweite Kapitel ebenso aus wie die Beschreibung der verschiedenen Charaktere der Obrigkeit. Daneben steht natürlich der eigene Fluchtplan der Helden im Mittelpunkt. Wachwechsel, Tagesablauf und die verschiedenen Arbeiten innerhalb der Mine sind dabei wichtige Informationen für die Helden.
Kapitel 3: Der Kampf um die Freiheit
„ICH LIEBE ES, WENN EIN PLAN FUNKTIONIERT.“
(John ‚Hannibal‘ Smith – A-Team)
Haben die Helden ihre Aufgabe erfüllt, welche sie in das Gefängnis führte? Haben es die Helden geschafft, die richtigen Verbündeten aus einer Reihe von unterschiedlichen Fraktionen zu wählen? Konnten die Helden die verfeindeten Fraktionen von einem gemeinsamen Plan überzeugen oder gar gegeneinander aufhetzen? Was immer der Plan der Helden vorsieht, gipfelt vermutlich in einem Aufstand. Der Titel des dritten Kapitels „Der Kampf um die Freiheit“ ist also wörtlich zu nehmen. Ob die Helden sich aktiv daran beteiligen oder die Chance nutzen, um heimlich zu verschwinden, wissen nur sie selbst.
Das Abenteuer gibt an dieser Stelle verschiedene Optionen an und versucht diverse Szenarien vorauszusehen. Allerdings stößt es damit auch an seine Grenzen, denn der Fantasie der Spieler sind hier wenig Grenzen gesetzt. Zugegeben, wenn sie scheitern, ist es vermutlich ihr unrühmliches Ende, aber dafür wurde ja hoffentlich gründlich geplant. Erfolge und Misserfolge verschiedener Etappen des Aufstandes werden erfreulicherweise vom Abenteuer berücksichtigt und helfen hier dem Spielleiter einen Überblick zu behalten.
Letztlich sollte der Plan der Helden aufgehen, sodass sie sich auf der Flucht befinden. Die Flucht durch das Umland und der Ausklang des Abenteuers hätten an dieser Stelle noch etwas mehr Input vertragen können. Erfahrene Spielleiter werden aber sicherlich noch ein paar spannende Elemente aus dem Ärmel schütteln können, um die Verfolgungsjagd zum krönenden Abschluss des Abenteuers werden zu lassen.
Erscheinungsbild
Layout und Lektorat haben diesmal gute Arbeit geleistet, und die Texte werden durch sinnvolle Wertekästen und hervorgehobene Informationen unterstützt. Die Karten der Mine bieten eine gute Übersicht und sind hilfreich für die Planung der Flucht. Während das Coverbild von Christian Schob zwar die düstere Stimmung des Gefängnisses wiedergibt, fehlt es hier wie auch bei den ortsbeschreibenden Innenillustrationen an Tiefe und Detailliebe.
Die ausführlichen Darstellungen der Nichtspielercharaktere gleichen dies aber wieder aus. Besonders die Gefangenen von Santobal, also die Bewohner der Mine, sind gut gelungen.
Bonus/Downloadcontent
Es ist kein Bonus- oder Downloadcontent vorhanden.
Fazit
Die Gefangenen von Santobal bietet risikobereiten Helden und improvisationsfähigen Spielern und Spielleitern ein spannendes Setting. Die fast unmögliche Gefängnisflucht, die viel Planung benötigt und zu einem actionreichen Abenteuer werden kann, kennt man bereits aus Filmen wie Die Verurteilten (1994) oder der TV-Serie Prison Break. Nun ist die einstige Abenteuersünde „Gefangennahme der Helden“ in spielbarer Art und Weise an den Rollenspieltisch zurückgekehrt.
Was in früheren Publikationen zum Missmut der Spieler führte, wird im neuen Gruppen-Abenteuer aus der Feder von David Schmidt angemessen behandelt. Der modulare Aufbau des Abenteuers, die diversen Optionen und der variabel gestaltete Handlungsstrang unterbinden Spielleiterwillkür und bieten die Grundlage für spannende Situationen. Eine gute Vorbereitung erhöht nicht nur die Chance aufs Überleben der Helden, sondern ist gerade für den Spielleiter ein absolutes Muss und eine kleine Herausforderung.
Wer etwas Verhandlungsgeschick besitzt, gerne strategisch plant und die hohe Komplexität nicht scheut, der kommt hier voll auf seine Kosten.
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https://www.teilzeithelden.de/2019/03/16/ersteindruck-the-witcher-trpg-abenteuer-in-der-welt-des-hexers/
Die Videospielreihe rund um Geralt den Hexer gilt als Vorzeigestück des Rollenspiel-Genres und hat die düstere Fantasywelt aus der Feder des polnischen Autors Andrzej Sapkowski weltberühmt gemacht. Jetzt wagt sich Publisher CD Project Red mit dem Witcher-Franchise auf das Pen & Paper-Parkett.
Krieg, Rassismus, Pogrome, Intrigen, Verrat, Raub, Mord und Totschlag – der Einband des Pen & Paper-Grundregelwerks zu The Witcher lügt nicht, wenn er „adventures in the dark and dangerous world of the witcher“ verspricht.
Die Spielwelt
Die Welt des Hexers präsentiert sich im Buch, wie sie im letzten Teil der populären Videospielreihe, The Witcher 3 – Wild Hunt, zu sehen ist: Der dritte Nilfgaardische Krieg ist in vollem Gange und die ewig zerstrittenen nördlichen Königreiche liegen im Krieg mit dem riesenhaften Imperium, das sich von Süden her unerbittlich ausbreitet. Hunger und Not haben die Landbevölkerung fest im Griff. Kriegsbanden, Marodeure und Banditen machen das Land unsicher. Rassismus, Hass und Gewalt gegen alles, was nicht menschlich oder sonst irgendwie übernatürlich ist, grassieren. Vor allem einige Elfen und Zwerge wehren sich verbissen. Sie führen einen erbarmungslosen Guerillakrieg gegen die Menschen und machen dabei auch vor brutaler Gewalt gegen Zivilisten keinen Halt.
Die Botschaft ist deutlich: Das wahre Monster ist oft genug der Mensch (oder auch der Elf, Zwerg oder Halbling) selbst. Aber auch an wortwörtlichen Monstern herrscht inder Welt des Hexers kein Mangel: Diverse Bestien, Geister und Dämonen suchen das Land und seine Bewohner heim. Zum Schutz der Menschheit gibt es deshalb die Hexer: Zaubermächtige Mutanten, die als fahrende Monstertöter durchs Land ziehen und mit Silberschwert, Zaubertränken und Hexerei den Ungeheuern den Garaus machen – gegen Bezahlung, versteht sich.
Artwork aus The Witcher TRPG © R. Talsorian Games
Es ist eine Welt der Grauschattierungen, in der echte Helden und Sympathieträger selten sind. Gerade dieser Mangel an genretypischer Schwarz-Weiß-Malerei und der oft fehlende klare moralische Kompass machen den Reiz der Witcher-Welt aus. Das Regelwerk selbst bringt es auf den Punkt: „This isn’t epic fantasy“. Wie die Geschichten um dem Hexer Geralt, Yennefer, Ciri, Rittersporn und Konsorten soll sich das Spiel hauptsächlich um das Überwinden persönlicher Probleme der Helden drehen, nicht unbedingt um die Rettung des Königreichs.
Die große Politik und Ereignisse von epischen Ausmaßen dienen der Geschichte eher als Kulisse denn als eigentlicher Inhalt. Dieser Spielstil ist allerdings nur als Empfehlung der Autoren zu verstehen, nicht als Zwang. Das Regelwerk gewährt große spielerische Freiheit – Eine Kampagne mit gänzlich anderen Schwerpunkten ist definitiv möglich.
Regeln
Mit R. Talsorian Games hat sich CD Project Red (CDPR) die Spieleschmiede ins Boot geholt, die vor allem für das immer noch recht bekannte Cyberpunk 2020 berühmt ist. Dessen Videospiel-Adaption Cyberpunk 2077 ist derzeit bei CDPR in Arbeit – die Auswahl genau dieses Partners wundert daher wenig. Die Autoren Cody und Lisa Pondsmith sind Sohn und Ehefrau von Cyberpunk-Schöpfer Mike Pondsmith, der auch selbst im Layout mitgewirkt hat.
Als Regelbasis dient eine stark überarbeitete, auf das Fantasy-Setting und die Witcher-Hintergrundwelt zugeschnittene Variante des Interlock-Systems, auf dem auch Cyberpunk 2020 beruht. Dabei gibt sich das Regelwerk viel Mühe, das Flair von The Witcher 3 aufzugreifen – vermutlich vor allem, damit sich Quereinsteiger aus dem Videospiel-Bereich wohl fühlen und schneller zurechtfinden. Hier und da wirkt das System dadurch etwas videospielartig, etwa bei der Ausrüstung.
Hier gibt es, wie bei vielen Videospiel-RPGs üblich, ein steil ansteigendes Macht-Niveau. Das billigste Schwert etwa verursacht 2W6+2 Punkte Schaden, das teuerste 6W6, seltene Artefakte sogar noch deutlich mehr. Während das Belohnungssystem von Loot-Junkies und Charakter-Optimierern hier stark angesprochen wird, kommen Fans von fantastischem Realismus und ausgefeiltem Balancing eher nicht auf ihre Kosten.
The Witcher verwendet ausschließlich sechs- und zehnseitige Würfel. Selten werden mithilfe von zwei Zehnseitern auch Prozentwürfe simuliert. Das Regelsystem basiert auf neun Attributen und einer Reihe von Fertigkeiten, normalerweise jeweils mit einem Wert von 0 bis 10, die zu einem Basiswert zusammengezählt werden. Bei Proben wird ein W10 gewürfelt und zum Basiswert addiert. Die erwürfelte Gesamtsumme wird dann mit einem vom Spielleiter festgelegten Schwierigkeitswert – oder aber, bei direkter Konfrontation, mit dem Ergebnis des Kontrahenten – verglichen.
Ist der erzielte Wert höher als die festgelegte Schwierigkeit oder das gegnerische Ergebnis, gelingt die Probe. Das Talent-System in The Witcher ist breit aufgestellt und erlaubt es, alle möglichen alltäglichen Fähigkeiten abzubilden. Für eine minutiöse Alltagssimulation reicht die Auswahl nicht unbedingt, trotzdem ist das System definitiv weit mehr als ein Dungeon Crawler und es lassen sich damit alle möglichen Arten von Kampagnen gestalten.
Wie Cyberpunk 2020 ist auch The Witcher ein klassenbasiertes System mit insgesamt neun spielbaren Klassen: Barde, Handwerker, Krimineller, Arzt, Zauberer, Krieger, Händler, Priester und Hexer (jeweils sinngemäß übersetzt). Jede Klasse hat eine exklusive Fertigkeit und Zugriff auf einen kleinen Talentbaum mit weiteren zur Profession passenden Spezialfähigkeiten. Ein Klassenwechsel oder Mehrfach-Klassen sind, jedenfalls im Grundregelwerk, nicht vorgesehen.
Die spielbaren Spezies im Grundregelwerk sind Mensch, Elf, Zwerg und Hexer. Jede Spezies hat spielrelevante Eigenschaften und Boni. Die Auswahl ist frei, anders als bei anderen bekannten Systemen müssen keine Punkte oder andere Ressourcen ausgegeben werden, um eine bestimmte Spezies spielen zu dürfen. Andere Spezies oder Mischlinge wie Halbelfen sind vorläufig nicht spielbar, mit der ersten Erweiterung Lords and Lands sind aber Halblinge als neue spielbare Spezies angekündigt.
Charakterbau
Die Charaktererschaffung in The Witcher ist einfach und unbürokratisch gehalten. Wenn man einigermaßen konzentriert vorgeht, ist eine Charaktererschaffung auch ohne Vorerfahrung ungefähr in einer Stunde zu schaffen. Der Spieler wählt zunächst Geschlecht, Spezies und Herkunft seines Charakters aus. Der folgende Schritt ist ungewöhnlich, macht aber einen besonderen Reiz des Systems aus: Der Spieler erwürfelt den persönlichen Hintergrund und Werdegang seines Charakters, angefangen bei der Familiensituation über die Kindheit, das Beziehungs- und Liebesleben und prägende Ereignisse seines bisherigen Lebens. Darunter können sowohl Glücksfälle als auch Rückschläge sein.
So kann ein Charakter beispielsweise mit Schulden, einem Todfeind oder auch einer Suchtkrankheit ins Spiel starten, aber auch mit Beziehungen, mehr Startkapital oder verbesserten Fertigkeiten. Der deprimierende Grundton der Witcher-Welt macht auch vor dem Lebenslauf-Generator nicht halt. Kaum ein so erschaffener Charakter kommt aus einer heilen Welt, hat zwei lebendige Eltern und nicht wenigstens eine Leiche im Keller. Oft ergibt sich daraus ganz von selbst das Grundgerüst für eine lebendige Hintergrundgeschichte und Anknüpfungspunkte für persönliche Plots und Storylines.
Es ist allerdings auch möglich und kann sehr frustrierend sein, wenn auf diese Weise ein Charakter mit nichts als Nachteilen ins Spiel startet, die sich teilweise recht stark auswirken können. Alle Schritte des Lebenslauf-Moduls sind, vielleicht gerade deshalb, optional. Wer seinen Charakter lieber etwas planvoller ausarbeiten will, kann auf das Auswürfeln einfach verzichten.
Im Anschluss folgt dann die Auswahl der Charakterklasse und die Verteilung von Attributs- und Fertigkeitspunkten. Jeder Charakter erhält festgelegte Punkte, die er verteilen kann. Welche Fertigkeiten gewählt werden können, hängt von der Charakterklasse ab. Jeder Charakter erhält aber zusätzlich auch Punkte für sonstige Fertigkeiten. Ein Händler kann so auch zum passablen Kämpfer, ein Krieger auch zum fähigen Dieb und ein Arzt auch zum passablen Handwerker ausgebaut werden.
Kampfsystem
Das Kampfsystem ist schnell, schnörkellos und tödlich – Kämpfe dauern in der Regel nur wenige Kampfrunden und kommen ohne seitenweise komplexe Sonderregeln aus. Die Grundlage ist ein klassisches Hitpoint-System mit rudimentärem Trefferzonen-Modell. Ein einzelner glücklicher Treffer, selbst mit einer kleinen Waffe wie einem Dolch, kann einen Kampf bereits beenden und auch schwere Rüstung macht einen Charakter alles andere als unverwundbar. Der eigentliche Dreh- und Angelpunkt des Kampfsystems sind kritische Treffer. Wann immer ein Angriff deutlich besser gelingt als die entsprechende Verteidigung, landet der Angreifer einen kritischen Treffer.
Abhängig von der Qualität der Attacke und der getroffenen Trefferzone kann das ein verlorener Zahn, gebrochene Rippen, eine Gehirnerschütterung oder auch ein Schädelbasisbruch sein, schlimmstenfalls sogar der unmittelbare Verlust von Arm, Bein oder gar Kopf. Man erkennt den Versuch der Autoren, hier die „Finisher“-Moves aus The Witcher 3, mit denen Protagonist Geralt seine Gegner so bildgewaltig wie brutal verhackstückt, in das Spiel einfließen zu lassen.
Magie
Das Magie-Kapitel ist überschaubar. Es gibt drei magische Klassen mit jeweils eigenen Zaubern: Magier, Priester und Hexer. Erstgenannte verfügen über Sprüche in verschiedenen Graden, Hexer bleiben auf die aus den Videospielen bekannten Hexer-Zeichen beschränkt. Ein Großteil der Sprüche sind Kampfzauber, es gibt aber durchaus auch eine Reihe von anderen nützlichen Zaubern wie etwa Heilung, Teleportation oder Geisteskontrolle. Darüber hinaus gibt es außerdem Rituale und „Hexes“ (Flüche), die bestimmte Vorbereitungen erfordern.
Eine Ressource wie Mana gibt es bei The Witcher nicht, gezaubert wird mit Ausdauer, die sich schnell regeneriert. Das führt dazu, dass Zauberer, verglichen mit anderen Systemen, ihre Magie sehr häufig einsetzen können. Wie beispielsweise bei Shadowrun riskiert ein Zauberer aber körperliche Verletzungen, wenn er beim Zaubern zu viel Kraft einsetzt.
Insgesamt 27 Seiten widmet The Witcher der Herstellung von Ausrüstung und alchemistischen Substanzen. Hinzu kommt, allerdings an anderer Stelle, ein kurzer Abschnitt zur Herstellung von Hexer-Ausrüstung und -Tränken und experimentellen Waffen wie Bomben und Fallen. Die Herstellungsregeln sind rudimentär und legen nur wenig Wert auf Immersion. Wie in der Videospiel-Vorlage braucht es den passenden Bauplan bzw. die Rezeptur und die nötigen Materialien, dann würfelt der Handwerker eine Probe und hat im Erfolgsfall das fragliche Ding hergestellt.
Großartige Ausführungen zu Herstellungsmethoden, Werkstätten oder ähnlichem gibt es nicht, die Spielmechanik steht im Vordergrund. Nahezu alles, was an Ausrüstung im Buch aufgeführt wird, kann etwa zu zwei Drittel des Ladenpreises hergestellt werden und das Regelwerk preist Crafting auch vor allem als Möglichkeit an, billiger an begehrte Gegenstände heran zu kommen. Außerdem können Handwerker Ausrüstungsgegenstände reparieren und auf spezielle Weise verbessern.
Durch den knappen, nüchternen Aufbau der Regeln fühlt sich das Ganze aber eher wie in einem Videospiel an: Nimm zwei Einheiten Eisen, eine Einheit Holz und zwei Einheiten Leder, würfle eine Probe und voilá, fertig ist das Schwert. Dank tragbarer Reise-Schmiede geht das sogar bequem unterwegs.
Material für Spielleiter
Zusätzlich zu den Spielregeln umfasst das Grundregelwerk ein 31-seitiges Kapitel, das die Spielwelt näher vorstellt. Hier sind die wesentlichen Informationen übersichtlich und komprimiert zusammengestellt. Gerade für Witcher-Neulinge ist diese Spielhilfe sehr nützlich. Hinzu kommt auf 25 Seiten ein Leitfaden für Spielleiter, der SL-Neulinge an die Hand nimmt und eine Menge nützliche Tipps zum Leiten an sich und zum Aufbau von Abenteuern, Kampagnen und Rahmengeschichten liefert.
Die Spielleitersektion umfasst darüber hinaus eine Sammlung mit 20 ausgearbeiteten Gegnern, darunter die bekanntesten Monster, aber auch gewöhnliche Bedrohungen wie Wölfe oder Banditen. Dazu kommen einige Werte für häufige Tierarten. Auf längere Dauer dürfte diese Liste für abwechslungsreiche Abenteuer nicht ausreichen, für ein paar erste Ausflüge in die Welt des Hexers und den einen oder spannenden Hexer-Auftrag reicht die Auswahl aber allemal.
Zu guter Letzt enthält das Buch außerdem ein 7-seitiges, voll ausgearbeitetes Einsteiger-Abenteuer inklusive Karten und NPC, das gerade einer Neueinsteiger-Runde einen einfachen Einstieg ermöglichen soll.
Gestaltung und Erscheinungsbild
Das Grundregelwerk von The Witcher kommt als A4-Hardcover in Vollfarbe mit 336 Seiten daher. Die Seiten sind glänzend gehalten, der Druck wirkt insgesamt wertig. Das Papier ist allerdings merklich dünner, als man es von preislich vergleichbaren Grundregelwerken gewohnt ist.
Das gesamte Buch ist randvoll mit Concept Art und Illustrationen aus den Witcher-Videospielen. Die Bilder sind fast durchweg sehr dekorativ und von guter Qualität, allerdings ist bei vereinzelten Illustrationen die Auslösung missglückt. So schön die Bilder aber sind, insgesamt wirkt die Illustration etwas sehr reichlich.
Ebenfalls enthalten sind eine rudimentäre Übersichtskarte des namenlosen Kontinents und eine leider unschön zurecht geschnittene Detailkarte der nördlichen Königreiche.
Das Layout wirkt insgesamt modern und gut strukturiert. Es gibt Randspalten mit hilfreichen Erläuterungen und farblich voneinander abgesetzte Kapitel zu den jeweiligen Themenbereichen. Außerdem hat das Regelwerk einen Index, der das Nachschlagen sehr erleichtert. Allerdings ist die Anordnung der einzelnen Kapitel hin und wieder nur schwer nachvollziehbar und Dinge, die eigentlich in einen Block gehören würden, sind auf verschiedene Stellen im Buch verteilt.
Außerdem finden sich im Layout hin und wieder größere Schnitzer, beispielsweise in der Größe verrutschte Textkästen. Wesentlich ärgerlicher ist, dass die erste Print-Auflage jede Menge inhaltliche Fehler aufweist, zu denen Talsorian bereits umfangreiche digitale Errata nachgereicht hat. Die Nutzbarkeit der Druckausgabe leidet deutlich darunter, was gemessen am Preis sicherlich Grund für Frustration ist. In der aktuellen PDF-Ausgabe des Regelwerks sind die Errata hingegen schon eingepflegt, die Layout-Fehler wurden allerdings längst noch nicht alle korrigiert.
Ausblick
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es ausschließlich das Grundregelwerk. Die Erweiterung Lords and Lands (enthält einen Spielleiterschirm, eine NPC-Sammlung, eine neue Klasse und eine neue Spezies), das Monsterhandbuch A Witcher’s Journal und die Abenteuersammlung The Witcher’s Book of Tales sind in Arbeit, haben aber alle noch kein konkretes Erscheinungsdatum.
Zum Free RPG Day am 15. Juni 2019 soll außerdem das 24-seitige kostenlose Light-Regelwerk The Witcher Tabletop Game: Easy Mode erscheinen, sowohl digital, als auch gedruckt. Eine deutsche Übersetzung des Grundregelwerks als PDF und Printausgabe ist bei Truant Spiele in Arbeit, als Erscheinungsdatum wird die RPC 2019 genannt, die mittlerweile in der CCXP Cologne 2019 aufgegangen ist. Das wäre der 27. Juni.
Fazit
The Witcher ist ein solides Fantasy-Grundregelwerk, das alles enthält, was ein Grundregelwerk braucht. Die vergleichsweise geringe Komplexität macht es attraktiv für Einsteiger, und das sicherlich mit voller Absicht. Wer von den Witcher-Abenteuern am Bildschirm schon nicht genug bekommen konnte, findet hier einen guten Einstieg ins Pen & Paper-Hobby und wird sich durch die vertraute Aufmachung und inhaltliche Gestaltung schnell zurechtfinden.
Auch für alte Hasen hat das System mit seinem einfach gestrickten Regelset ohne viel Schnickschnack und dem knackigen, harten Kampfsystem sicherlich seine Reize. Das Regelwerk begünstigt wegen seiner schlanken Linie eher ein freies narratives Spiel, in dem nicht alles minutiös durch geregelt ist. Das lässt SL und Spielern zwar mehr Freiheiten – wer hohe Komplexität und Regeldichte liebt, wird hier aber eindeutig nicht zufrieden gestellt.
Wie andere Talsorian-Rollenspiele bleibt aber auch The Witcher ein ungeschliffener Edelstein mit etlichen Ecken und Kanten. Das Regelwerk lässt an vielen Stellen Fragen offen, häufig sind Formulierungen unklar und überlassen Spielleiter und Spielern die Auslegung. Wirklich unspielbare Regeln oder massive Regellücken sind bei der Sichtung und beim Testspiel zwar keine aufgefallen, wer allerdings ein Regelwerk sucht, das alle Eventualitäten abdeckt und keinen großen Interpretationsspielraum schafft, greift besser nicht zu The Witcher.
Für einige vergnügliche Abenteuer in der Hexer-Welt ist das Regelwerk eindeutig zu empfehlen. Die Grundregeln sind vollständig, größer angelegte Kampagnen sind ebenfalls vorstellbar. Allerdings wird die enthaltene Auswahl an Optionen, Charakter-Ausbaumöglichkeiten, Ausrüstung und Gegnern auf lange Sicht gesehen vermutlich für die meisten Gruppen nicht genügend Abwechslung bieten. Das System ist jedoch so einfach aufgebaut, dass sich eigene Ideen und Hausregeln leicht einfügen lassen dürften, ohne dadurch ein fragiles Balancing in Gefahr zu bringen.
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Das Heldenbrevier der Flusslande nimmt den Leser mit auf das Abenteuer eines ungewöhnlichen Duos, das durch die Nordmarken und den Kosch reist. Lohnt sich ein Blick in ihre Reiseaufzeichnungen, um die Region besser kennenzulernen? Teilzeithelden hat für euch durch das fleckige Büchlein geblättert.
In der fünften Edition des Fantasy-Rollenspiels Das Schwarze Auge wird jede Regionalspielhilfe von einem Band begleitet, der anhand von Ingame-Texten eine Geschichte erzählt und einen Überblick über die Region geben soll. Die Heldenbrevier genannten Bände versuchen dabei, möglichst viele relevante Themen anzusprechen und dabei repräsentative Charaktere als Ich-Erzähler zu wählen.
Das Heldenbrevier der Flusslande – Ein ungewöhnliches Duo
Die Flusslande bestehen aus den Provinzen Kosch und Nordmarken im beschaulichen Zentrum des Mittelreichs. Doch dass sich nur selten eine feindliche Armee in diese Gegend verirrt, bedeutet nicht, dass die Bewohner der Flusslande nicht auch ihren Dienst auf dem Schlachtfeld verrichten müssen, wenn die Kaiserin zum Heerbann ruft. So geschah dies zuletzt beim Feldzug gegen die Fürstkomturei, bei dem auch zahlreiche Ritter aus den Nordmarken den Tod fanden.
Einer von ihnen hinterließ eine Geliebte und eine Tochter, als er im Kampf fiel. Diese Dame, eine Hexe, um genau zu sein, zieht nun aus den Nordmarken in den Kosch, um neu anzufangen. Wie und warum die beiden Protagonistinnen dieser Hexe hinterherreisen, sei an dieser Stelle allerdings nicht verraten. Die beiden Protagonistinnen, das sind zum einen die Inquisitorin Aurane von Weiseprein, die einer Quest für den nordmärkischen Herzog folgt, zum anderen die Hügelzwergin Feligra Steinlettner, die eher zufällig den Weg der Nordmärkerin kreuzt.
Praioskult und Ferdoker Helles
Inquisitorin und Hügelzwergin erzählen die Geschichte abwechselnd aus ihrem Blickwinkel, eingeleitet von einem Prolog aus der Sicht der gesuchten Hexe. Aurane hält ihre Reise in Berichten und Briefen an ihre Tante fest, Feligra in einem Tagebuch, das sie am Anfang eines jeden Eintrags „liebes gutes Büchlein“ nennt. Die beiden Figuren erhalten durch diese Art der Erzählung viel Tiefe, beschreiben einige Dinge aber teilweise so ausführlich, dass es unnatürlich wirkt. So werden zu Beginn viele autobiografische Informationen und Details aus der Spielwelt von Das Schwarze Auge beschrieben, während der Leser noch darauf wartet, dass die eigentliche Handlung Fahrt aufnimmt.
Die Handlung selbst ist solide Unterhaltung. Aurane und Feligra reisen durch die Flusslande und erleben dabei so manches Abenteuer am Wegesrand, im Gegenzug aber auch einige alltägliche Probleme. Beides trägt dazu bei, dass einem die Charaktere ans Herz wachsen. Der Leser ist allerdings auch mit den beiden Reisenden und ihrem jeweiligen Erzählstil gefangen. Aurane beschreibt ihre Erlebnisse in ihren Aufzeichnungen als sachliche Nacherzählungen, während Feligras Tagebucheinträge sich dadurch auszeichnen, dass sie mit einem unerschütterlichen Optimismus durchs Leben zieht und viele Angelegenheiten sowie Personen durch Verniedlichungen abtut und nicht ganz ernst nimmt. Auch der Blick auf die Umwelt der Figuren variiert. Weiß Aurane als adlige Inquisitorin vieles über Familien von Stand und den Zwölfgötterkult zu berichten, teilt Feligra vor allem ihre Meinung zu Speis und Trank, aber auch zu mechanischen Besonderheiten mit.
Erscheinungsbild
Das Heldenbrevier der Flusslande hat eine sehr schlichte Optik, die in Graustufen gehalten ist. Die skizzenartigen Innenillustrationen verstärken den Eindruck, dass es sich um die gesammelten Aufzeichnungen von Reisenden handelt. Der schmutzig-fleckige Look stört nicht wesentlich beim Lesen, ist aber auch kein Gewinn. Wie sich dies mit der gedruckten Ausgabe bei schlechteren Lichtverhältnissen verhält, konnte für diese Rezension nicht geklärt werden, da nur die PDF-Version zur Verfügung stand.
Fazit
Das Heldenbrevier der Flusslande ist solide Unterhaltung für jene geworden, die nach dem Studium der Regionalspielhilfe und der Rüstkammer der Flusslande immer noch nicht genug von dieser Region haben. Für komplette Einsteiger geht dieses Buch allerdings etwas zu sehr ins Detail, auch wenn ein Glossar am Ende des Bandes bei der Orientierung helfen mag.
Die erzählte Geschichte ist beschaulich und arm an Dramatik. Dass am Ende zwei Abenteueraufhänger in die Geschichte eingearbeitet werden, die bereits durch ihre Andeutung mehr Spannung versprechen, ist bezeichnend für Das Heldenbrevier der Flusslande. Als Abenteuer wäre das Buch eher gemütliches Reiseabenteuer, denn forderndes Epos. Dadurch, dass die beiden Protagonistinnen ihre Erlebnisse immer erst im Nachhinein schildern, geht zusätzlich einiges an Spannung verloren.
Wer das aber vielleicht sogar ganz reizvoll findet und sich mit dem jeweiligen Erzählstil der beiden Protagonistinnen anfreunden kann, dürfte seine Freude mit dem Band und einige Stunden unterhaltsame Lesezeit vor sich haben. Wer sich allerdings direkt selbst ins Abenteuer stürzen möchte, ist mit Ketten für die Ewigkeit besser bedient.
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https://www.teilzeithelden.de/2019/03/11/kurzcheck-dsa-die-ruestkammer-der-flusslande/
Ritter, Zwerge, Lanzenreiterinnen – Die Flusslande, also die Nordmarken und der Kosch, sind trotz aller bierseligen Gemütlichkeit ein Ort, an dem gute Waffen und stabile Rüstungen sinnvoll sind. Was sich sonst noch in den Lagerräumen der Flussschiffer und Langbärte befindet? Erfahrt es in unserer Rezension!
In der fünften Edition des Fantasy-Rollenspiels Das Schwarze Auge wird jede Regionalspielhilfe von einem Ausrüstungsband begleitet, einer sogenannten Rüstkammer. Dementsprechend erscheint auch zur Spielhilfe Die Flusslande ein Heft, das sich diesem Thema widmet: Die Rüstkammer der Flusslande.
Die Rüstkammer der Flusslande – Ritter, Zwerge, Lanzenreiterinnen
Die Flusslande, das sind die Provinzen Kosch und Nordmarken im Zentrum des Kontinents Aventurien, der Spielwelt von Das Schwarze Auge. Geprägt von Bergen, urigen Bewohnern und – wer hätte es gedacht – einem großen Fluss liegt hier zudem die ursprüngliche Heimat der aventurischen Zwerge.
Wer deswegen in diesem Heft hohe zwergische Schmiedekunst erwartet, Hämmer, Äxte und technisch ausgefeilte Armbrüste, der wird nicht enttäuscht werden. Ganze acht Einträge finden sich im Abschnitt zum Zwergischen Arsenal.
Die Rüstkammer der Flusslande widmet sich aber natürlich auch den Waffen der Langbeine, also der Menschen. Da die Region stark an das europäische Mittelalter angelehnt ist, finden sich hier neben Schwertern und Bögen auch klassische Ritterrüstungen und Lanzen für den berittenen Kampf. Dies ist kein Wunder, denn der Kosch ist die Heimat der aventurienweit berühmten Ferdoker Lanzenreiterinnen, einer ausschließlich weiblichen Reitereinheit.
Handwerkszeug, regional verbreitete Speisen und auch typische Kleidung der Flusslande finden in der Spielhilfe ihren Platz. Neben diesen gewöhnlichen Gegenständen befinden sich in ihr allerdings auch einige besondere Waffen und Artefakte. Vom sagenumwobenen Schwert Guldebrandt bis zu einem Talisman der Kirche des Feuer- und Schmiedegottes Ingerimm wird einiges präsentiert. Griffige Abenteueraufhänger zu diesen Gegenständen liefert die Spielhilfe jedoch nicht. Zudem scheinen einige von ihnen fest in der Spielwelt verankert und für Spielercharaktere ohnehin nur schwer erreichbar zu sein. Das Schwert Guldebrandt zum Beispiel ist fest in der Hand der nordmärkischen Herzöge und somit nicht ohne Weiteres zu erlangen. Sollte es doch dazu kommen, haben die Autoren an die entsprechenden Spielwerte gedacht, ebenso bei den anderen Gegenständen.
Unterwegs auf dem Großen Fluss
Abgerundet wird die Spielhilfe von einem Kapitel zur Handwerkstradition und Schifffahrt in den Flusslanden. Nachdem bereits der Vorgänger, Die Rüstkammer der Siebenwindküste, in diesem Feld punkten konnte, ist diese kleine Erweiterung auch dieses Mal das geheime Highlight der Rüstkammer. Informationen zum Einfluss der Zünfte und zur Walz in Aventurien lassen die Spielwelt um einiges lebendiger wirken, als es ein bloßer Ausrüstungsband zu schaffen vermag.
Ebenso wird die Flussschifffahrt beschrieben, die natürlich eine wichtige Verkehrsmöglichkeit im Kosch und den Nordmarken darstellt, durchfließt doch der schiffbare Große Fluss diese Provinzen. Der allgemeine Teil hierzu ist jedoch etwas kurzgehalten. Nach wenigen Sätzen geht er in die Beschreibung eines exemplarischen Flussschiffs samt Mannschaft über. Auch zwei Abenteueraufhänger zu diesem Schiff, der Schwester der fetten Jungfer, sind enthalten. Einer davon mag sogar eine längere Kampagne einleiten, ist aber nur sehr grob gehalten.
Erscheinungsbild
Optisch macht Die Rüstkammer der Flusslande einen sehr guten Eindruck. Jeder Ausrüstungsgegenstand wird mit einem eigenen schlichten, aber anschaulichen Bild vorgestellt. Im Gegensatz zu anderen Publikationen hält sich die stets gut gelaunte Beispiel-Heldengruppe mit ihren schenkelklopfenden Ingame-Kommentaren zurück, was den Lesefluss deutlich angenehmer gestaltet.
Fazit
Die Rüstkammer der Flusslande ist ein sehr gutes Produkt geworden und ein weiteres Beispiel dafür, dass das Konzept der Rüstkammer-Bände für Das Schwarze Auge bisher erfolgreich aufgeht. Natürlich kann man sich über den generellen Sinn einer solchen Spielhilfe streiten, aber sie erfüllt ohne Frage den von ihr geforderten Zweck. Was sie, wie auch die beiden Vorgänger zur Siebenwindküste und den Streitenden Königreichen auszeichnet, ist der spielerische Mehrwert, der fast schon beiläufig entsteht.
Über die Beschreibung der Ausrüstung gelingt es den Autoren, losgelöst von der Regionalspielhilfe, die Flusslande lebendig darzustellen und die zentralen Elemente der Region herauszustellen. Mit den beiden Abschnitten zum Handwerk und der Flussschifffahrt wird zudem ein noch dichteres Bild möglich und Raum für eigene Abenteuer gegeben. Die Stimmung senkt allenfalls der Preis, der für ein relativ dünnes Heft vielleicht ein bis zwei Euro zu hoch ist.
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„Ob ich wohl an einem Fluss lande?“, dachte sich auch Rateral Sanin, als er seine Entdeckungsreise startete. Er entdeckte den Großen Fluss und die Ländereien der heutigen Nordmarken und des Kosch und die Kultur der Zwerge. Was unser Redakteur Torben in der neuen Regionalspielhilfe entdeckt hat, lest ihr hier!
„UM AN DIE QUELLE ZU KOMMEN, MUSS MAN GEGEN DEN STROM SCHWIMMEN.“ (Konfuzius)
Mit der neuen Regionalspielhilfe Die Flusslande – Der Kosch & die Nordmarken ist neben Die Streitenden Königreiche und Die Siebenwindküste bereits der dritte Quellenband für DSA5
Eigentlich sollte diese Rezension unter Mithilfe des ortsansässigen Hügelzwergen Baldrix Sternhagel, dem ein guter Humpen Ferdoker Weizenbier versprochen wurde, entstehen. Leider muss ich an dieser Stelle aber mitteilen, dass eben jener Hügelzwerg seinem Namen alle Ehre macht und derzeit sternhagelvoll seinen Rausch in einer Taverne ausschläft. Die Rezension wird daher ohne inneraventurische Eindrücke auskommen müssen.
Inhalt
Eine große Veränderung beim Aufbau der Quellenbände gibt es nicht und so setzt sich auch dieses Werk aus 11 Kapiteln zusammen. Diese beschreiben das Land und die Leute oder informieren über Mythen und geschichtliche Ereignisse. Dabei wird bereits im Vorwort auf den Umgang mit dem Buch als Quelle für Hintergrundinformationen hingewiesen. Bis auf das letzte Kapitel, welches sich mit Mysterien und somit auch mit möglichen Abenteuerideen befasst, sind alle Kapitel auch für Spieler geeignet. Wenngleich ein inneraventurischer Held immer nur einen Bruchteil des Wissens sein Eigen nennen wird. Was genau die einzelnen Kapitel beinhalten und wie stimmig sie sind, könnt ihr in den nachfolgenden Zeilen lesen.
Kapitel 1: Die Flusslande
Das erste Kapitel schafft einen guten Überblick über die Region, die Geographie sowie Klima und Wetter. Dabei stehen selbstverständlich das Herzogtum Nordmarken und das Fürstentum Kosch im Fokus. Neben politischen Landkarten steht dem Leser auch eine Tabelle zur Reiseroutenberechnung zur Verfügung ebenso wie eine Auflistung hilfreicher Medien, um den jeweiligen Regionen etwas mehr Flair zu verleihen. Hier findet man neben Klassikern wie Friedrich Schillers: Wilhelm Tell oder Björn Isfelds: Soundtrack zu Ronja Räubertochter auch neuere Anregungen wie George R. R. Martins: Game of Thrones.
Die Beschreibung der Settings Tradition, Recht & Ordnung und Kontakt mit den Zwergen lässt auf den ersten Blick viel Raum für Interpretation. Die Leitmotive der Region sind allerdings klar als gegensätzliches Spiel, von versöhnlich & gemütlich auf der einen und abweisend & ordnungsliebend auf der anderen Seite, beschrieben. Im Kosch legt man viel Wert auf eine gemütliche Lebensweise, aber beklagt sich grundlegend über alles, während die Nordmarken ein strahlendes Vorbild für Ordnung und strenge Gläubigkeit sind. Hier käme niemand auf den Gedanken, die von den Göttern gegebene Ordnung zu beklagen. Jeder fügt sich in sein Schicksal.
Kapitel 2: Land & Leute
Im zweiten Kapitel werden zunächst die einzelnen Landschaften beschrieben, vom Angbarer See bis zum Ferdoker Land, vom Gratenfelser Becken bis zur Elenviner Ebene am Großen Fluss. Auch das Stammland der Zwerge erhält zum ersten Mal eine detaillierte Beschreibung. Unterstützt werden die liebevollen Beschreibungen der Ländereien durch hervorragende Illustrationen, welche besonders gute Impressionen der jeweiligen Region darstellen.
41 Stadtbeschreibungen haben es in die Regionalspielhilfe geschafft, darunter detaillierte Beschreibungen von Albenhus, Angbar, Elenvina, Ferdok, Gratenfels und Xorlosch. Viele der kurzweiligen Texte werden zudem mit Stadtkarten ergänzt und bieten Anreize für Abenteuer in der Region.
Kapitel 3: Kultur & Wissenschaft
In Kapitel 3 erfahren wir zum einen alles über die kulturellen Unterschiede der Region und das Verhältnis zur zwergischen Kultur. Zum anderen werden die wissenschaftlichen Errungenschaften beschrieben, welche besonders in der vom Handwerk geprägten Region des Kosch eine große Rolle spielen.
Das Kapitel geht dabei zunächst auf „Sitten und Gebräuche“ ein wie etwa das Namenswiegen zur Hochzeit oder das ständige Wehklagen der Koscher. Aber auch die Nordmärker Langsamkeit und ihre Praiosfrömmigkeit sind an dieser Stelle wichtige Themen. Immer wieder wird auch auf die unterschiedlichen Kulturen der Zwerge aufmerksam gemacht, was dieser Spielhilfe einen besonderen Fokus verleiht. Weiter geht es mit den sprachlichen Eigenarten, den Redensarten und dem Aberglauben der Flussländer. Auch an dieser Stelle ist der Einfluss der Zwerge auf diese Regionen stark zu bemerken. Nicht nur Zwerge staunen „Bei Imgerimms Bart!“ oder fluchen „Verdrachtnocheins!“.
Beschreibungen zur Gesellschaft, zu Ständen und Tracht geben einen Einblick in die Hierarchien der jeweiligen Regionen. Die detaillierte Darstellung diverser Kriegerschulen hingegen stellt die Wichtigkeit des feudalen Rittertums für die Region dar und die Wehrhaftigkeit der mächtigsten Streitkräfte des Mittelreiches.
Der Mechanik, einem Lieblingsbeschäftigungsfeld der Zwerge, ist ebenfalls Platz in diesem Kapitel eingeräumt, wohingegen die Texte über Essen & Trinken, Spiel & Sport sowie Kunst & Musik nur einen kleinen Teil ausmachen. Gerade für den Kosch, der für sein Bier oder die Sackpfeifen berühmt ist, ist es etwas bitter, dass hier nicht mehr darauf eingegangen wird.
Kapitel 4: Handel & Wandel
Im vierten Kapitel stehen weniger die Waren der Region im Vordergrund, als vielmehr der Umgang mit Recht & Gesetz. Selbstverständlich findet man hier auch eine Liste der für die Region gebräuchlichen Waren, Währungen sowie Maße und Einheiten, aber deutlich mehr ist zu Zöllen & Steuern zu lesen. Dieser Fokus auf den rechtlichen Belangen, den Bestrafungen und den verwaltungstechnischen Vorgängen ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass sich in der nordmärkischen Hauptstadt Elenvina die Reichskanzlei des Mittelreiches befindet. Wer ein Abenteuer zwischen Türmen aus Papier, politischen Intrigen und ritterlicher Frömmigkeit spielen möchte, ist hier gut aufgehoben. Zum anderen sind die Nordmarken durch einen starken Glauben an Praios, den Gott der Ordnung, geprägt. Dieser beeinflusst selbstverständlich auch den Handel und den Umgang der Menschen miteinander.
Der Kosch kann an dieser Stelle mit einer neuen Berufsbezeichnung aufwarten: der Greve. Greven sind Rechtswahrer, die von Fall zu Fall durch die Lande reisen und Streitigkeiten schlichten. Auch hier verbirgt sich viel Potenzial für neue Abenteuer.
Kapitel 5: Flora & Fauna
Eine Sammlung von Nutz- und Wildtieren, Chimären und Monstren, Pflanzen und Pilzen bildet das fünfte Kapitel. Die Besonderheiten der Region werden in einem kleinen Bestiarium präsentiert, zu dem sowohl Nutztiere wie der berühmte „Weiße Koscher“, eine Hundeart, oder das „Elenviner Vollblut“ gehören, als auch Wildtiere und Monster wie Wasserdrache, Basaltsalamander oder das Koschfrettchen. Alle Tiere werden detailliert beschrieben und bringen dank Wertkästen auch die Regeln für einen sofortigen Einsatz am Spieltisch mit.
Die Flora der Region ist mit nur einer Doppelseite recht überschaubar, beinhaltet aber Eigentümlichkeiten wie die Krakenseerose, Feuermoos oder den bei Zwergen und Wühlschraten gleichermaßen beliebten Pilz Felsenmilch.
Kapitel 6: Götter & Dämonen
Der Glaube in den Flusslanden ist theoretisch auf zwei Gottheiten reduzierbar. Während in den Nordmarken hauptsächlich Praios verehrt wird, sind die zwergennahen Koscher Ingerimm, den die Zwerge Angrosch nennen, treu ergeben. Aber auch sonst hat der Zwölfgötterglaube einen großen Einfluss auf das Leben in den Flusslanden. Die Gastfreundschaft Travias findet man hier ebenso häufig wie Gebete zu Peraine, welche der Kornkammer des Reiches fruchtbares Ackerland schenkt. Das Rittertum ist stark in seinem Glauben an Rondra, und der Große Fluss stärkt den Glauben an Efferd.
Daneben gibt es aber auch viele Kulte, die ihren Einfluss in den Flusslanden ausbreiten. Der Glaube an den Flussvater oder an lokale Heilige ist dabei noch vertretbar, der Glaube an Satuaria und Sumu, wie ihn Hexen und Druiden praktizieren, nicht immer gerne gesehen. Kulte des Namenlosen, der Erzdämonen des Hasses Blakharaz oder des verdorbenen Handwerks Agrimoth sind hingegen nur im Geheimen existent und werden besonders von den Kirchen des Zwölfgötterglaubens vehement bekämpft.
Kapitel 7: Zauberei & Hexenwerk
Das siebte Kapitel befasst sich mit der Materie der Magie, die in den Flusslanden relativ selten zu Tage tritt. Das magieunterdrückende Gestein Basalt, welches man in der Region häufig findet, soll dafür verantwortlich sein, dass es nur eine einzige Magierakademie in den Flusslanden gibt. Die weißmagische Akademie der Herrschaft zu Elenvina bildet unter den strengen Blicken der Praioskirche ihre praiostreuen Abgänger aus und befindet sich, wie mehrfach zu lesen ist, bereits seit Jahren im Niedergang.
Weit häufiger, als die ansässigen Rohalswächter oder die Heiler vom Orden der Anconiter, wird man in den Flusslanden auf Krötenhexen, Haindruiden oder gar die zwergischen Geoden treffen, welche sich in den Wäldern und Gebirgen der Länder aufhalten. (Zu Geoden und Druiden, siehe hierzu auch das neu erschienene Regelwerk: Aventurische Magie III)
Kapitel 8: Rang & Namen
In diesem Kapitel sind die höchsten Würdenträger und berühmtesten Persönlichkeiten der Regionen Nordmarken und Kosch mit ihren Eigenarten und Besonderheiten beschrieben. Der Aufbau des Kapitels hält sich dabei an das bereits bekannte Konzept aus Illustration und beschreibendem Text, wie es schon aus dem Aventurischen Almanach bekannt ist. Leider findet man von den besagten Besonderheiten nicht sehr viele. Neben den beiden Herrschern der Region, die sich als junge, unerfahrene Erben erst noch beweisen müssen, ist die Auswahl an spannenden und abenteuerlichen NSC stark begrenzt. Mit Growin, Graf von Ferdok und Nirwulf, dem Kanzler des Kosch, sind immerhin zwei Zwerge dabei und mit Charissia von Salmingen sogar eine waschechte Borbaradianerin.
Kapitel 9: Mythos & Historie
Neben einer ausführlichen Chronik, welche von der Frühzeit der Zwerge über die Dunklen Zeiten Bosparans bis in die Neuzeit reicht, ist insbesondere der hintere Teil des neunten Kapitels für Spieler von großer Bedeutung. Hier wird unter Zuhilfenahme von diversen Proben wie beispielsweise Etikette (Klatsch & Tratsch) oder Sagen und Legenden (Kosch oder Nordmarken) dargestellt, welches Wissen ein Held über die benannten Reiche hat.
Ebenfalls bedeutungsvoll für Spieler und Spielleiter gleichermaßen ist die Aufzählung verschiedener Publikationen, die ebenfalls die Flusslande, den Kosch oder die Nordmarken im Fokus haben. Wer tiefere Einblicke in die Stadt Elenvina sucht, sollte den Roman Tagrichter von Dorothea Bergermann lesen. Abenteuer in den Flusslanden kann man hingegen in Offenbarung des Himmels oder Ketten für die Ewigkeit erleben.
Kapitel 10: Helden aus den Flusslanden
Das zehnte Kapitel hat seinen Schwerpunkt auf den regeltechnischen Neuerungen, welche die Regionalspielhilfe mitbringt. Es werden neue Professionen vorgestellt, zum Beispiel die Ferdoker Lanzern, Elenviner Kriegerin, der Koscher Almgreve oder der Drachenkämpfer aus Xorlosch. Entsprechend des sehr eingeschränkten Umgangs mit Magie in den Flusslanden haben es nur der Gratenfelser Haindruide und die Elenviner Weißmagierin in die Spielhilfe geschafft. Der Ingerimmgeweihte hält stellvertretend die Stellung für alle Geweihten der Region.
Auf den ersten Blick scheint die Region nicht optimal für Abenteuer gedacht zu sein, da das ruhige und gemütliche Kosch und das praiotisch-gesittete und geordnete Nordmarken wenig Anreiz und Motivationsgründe für Abenteurer bieten. Für das Spiel eines koscher oder nordmärkischen Helden bietet daher das zehnte Kapitel auch eine fast vier Seiten lange Würfeltabelle mit Hintergründen. Zum einen werden an dieser Stelle auch die Motivationen der Helden behandelt, zum anderen macht es die Helden stimmiger und lebhafter. Der Rechtsgelehrte aus der Kanzlei in Elenvina hat als Antrieb nun nicht mehr nur seine Reise nach Gareth, ist also nicht nur auf der Durchreise im Kosch, sondern verfolgt die Spur einer Hexe, die ihm in der Kindheit seine Furcht vor Kröten eingebracht hat. Die Elenviner Kriegerin ist nach ihrer Ausbildung nicht nur auf der Suche nach einer Anstellung im Adel, sondern möchte mithilfe der herzöglichen Bezahlung einen Suchtrupp für ihre Zwillingsschwester ins Leben rufen. Diese wurde schon als Säugling von einem Borbaradianer Kult entführt.
Für all jene, die gerne kämpfen, hält das zehnte Kapitel überdies eine Sammlung typischer Waffen der Region bereit. Die Ferdoker Kriegslanze ist hier ebenso aufgeführt wie der Gratenfelser Ahlspieß oder Muroloscher Zwergenschlägel.
Wesenszüge typischer Koscher und Nordmärker, druidische Dolchrituale und Zaubersprüche sowie Ingerimm Zeremonien und Fokusregeln über Koschbasalt und Mechanische Konstruktionen runden das Kapitel ab.
Kapitel 11: Mysteria & Arcana
Der Index zwischen dem zehnten und dem elften Kapitel trennt den Spielleiterteil vom Rest des Bandes. Im Kapitel über Mysterien und Arkanes werden die Geheimnisse der Region näher beleuchtet und einige mysteriöse Orte vorgestellt. Besonderes die letzten zwei Seiten, mit generischen Meisterfiguren und Abenteuerideen in den Flusslanden, sind wertvolle Hilfestellungen für den Spielleiter.
Sonstiges
Neben einem ausführlichen Index rundet vor allem die beiliegende DIN A3 Landkarte (rückseitig zwei politische DIN A4 Karten) die Regionalspielhilfe ab.
An dieser Stelle möchte ich mich bei meinen treuen Lesern für den sonst so häufigen, diesmal aber fehlenden Humor, in den vorangegangen Texten entschuldigen. Um es mit den Worten von Baldrix Sternhagel zu lallen: „Der Texscht is heude abba ganschön nüchern!“ hicks
Erscheinungsbild
Neben dem gelungenen Coverbild von Tia Rambaran, sind auch die Innenillustrationen explizit zu erwähnen, welche eine stimmige und atmosphärische Impression der Region vermitteln. Layout und Lektorat haben gute Arbeit geleistet, wenngleich an einigen Stellen redundante Texte entstanden sind. Besonders bei einigen ortstypischen Redensarten fällt die deutlich zu häufige Wiederholung auf.
Die Texte werden durch sinnvolle Wertekästen und hervorgehobene Informationen unterstützt und Ingame-Texte bewirken eine plastische Imagination der regionalen Begebenheiten.
Die harten Fakten:
Bonus/Downloadcontent
Es ist kein offizieller Bonuscontent vorhanden. Die Redaktion von DSAnews.de hat anlässlich des Erscheinens der Regionalspielhilfe eine „Geheimakte: Charissia von Salmingen“ erstellt und zum Download angeboten.
Fazit
Die Regionalspielhilfe veranschaulicht auf hervorragende Weise die Landschaft und das Leben in den Flusslanden. Unterstützt durch sinnvoll ausgewählte Illustrationen vermittelt die Publikation einen ausgezeichneten Überblick über den Kosch und die Nordmarken. Durch die Gegensätzlichkeit vom gemütlichen koscher Landleben, handwerkelnden koscher Stadtleben und frommer, ritterlicher und strenger nordmärkischer Feudalherrschaft, entsteht ein stimmiges Gesamtwerk. Passagen über den regionalen Einfluss der Zwerge sowie deren unterschiedliche Kulturen runden das Werk ab. Die einzige Unvollkommenheit des Werkes sind die redundanten Textstellen – verschwendeter Platz der für mehr Abenteuerideen hätte genutzt werden können.
Empfehlung: Guter Lesestoff, den man bei einem Humpen Angbarer Alt oder Ferdoker Helles genießen sollte, eine Bereicherung für den Spieltisch und ein klares Must-have.
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https://www.teilzeithelden.de/2019/02/22/ersteindruck-is-it-a-plane-psychic-cactus-games-zeichne-dich-zum-helden/
Rollenspielsysteme, in denen die Spieler die Rollen von Comichelden übernehmen, gibt es bereits – in Is It A Plane!? soll jedoch die Gruppe ihr eigenes Abenteuer zeichnen, statt zu würfeln. Zeichentalent wird nicht benötigt, wohl aber Fantasie, Humor – und eine gewisse Toleranz gegenüber neu geprägten Fachausdrücken.
Wer mit einem neuen Rollenspiel als Crowdfunding-Projekt erfolgreich ist, verdankt dies oft einem Alleinstellungsmerkmal, welches das System zu etwas Besonderem macht. Im Falle von Is It A Plane!? ist dieser neue Ansatz, Plots zu lösen, indem die Spieler zeichnen, statt zu würfeln. Die Abenteuer sind nicht nur in einer klassischen Comicwelt angesiedelt, sondern es soll dadurch auch ein Comic entstehen. Zeichnen zu können, sei nicht vonnöten, beschwichtigen die Macher. Ob sich das Spiel aber auch für diejenigen unter uns lohnt, die den Kunstunterricht am liebsten geschwänzt haben und das Porträt-Kästchen auf ihrem Charakterbogen meist frei lassen, lest ihr hier.
Die Spielwelt
Das Setting des Spiels ist betont vage gehalten. Wichtig ist nur, dass es sich um eine klassische Comic-Welt handelt. Die (Super-)Helden und (Super-)Bösewichte von Is It A Plane!? können einander in einer etwas, sagen wir, bunteren Variante unserer heutigen Welt bekämpfen, aber auch im Wilden Westen, in einem Dschungel voller Dinosaurier oder auf einem Raumschiff in den unendlichen Weiten des Alls. Erlaubt ist, was gefällt.
Die Regeln
Zeichnen statt Würfeln ist das Motto von Is It A Plane!? Dementsprechend benötigen die Spielwilligen zur Umsetzung ihres Abenteuers erst einmal etwas anderes Material als bei den meisten Rollenspielsystemen: laminierte sogenannte „Panels“, also weiße Kärtchen, die jeweils einen Erzählkasten des späteren Comics darstellen und auf die mit abwaschbaren Whiteboardmarkern gezeichnet wird. Diese werden auf einem Untergrund von zwei DIN-A4-Seiten Größe ausgelegt, um den Storyverlauf anzudeuten.
Die Kärtchen können aus dem PDF herauskopiert und selbst laminiert oder vorgefertigt bei DriveThruRPG bestellt werden. Ganz wichtig: Nicht vergessen, etwas zum Abwischen bereitzuhalten, etwa Nagellackentferner, alkoholhaltiges Handdesinfektionsmittel, Brillenputztücher oder Ähnliches. Wer sich all das nicht leisten will, kann aber auch Post-Its oder kleingeschnittene Zettel und herkömmliche Stifte benutzen.
Visualisieren statt Punkte zählen
Das größte, das Power 1 Panel.
Die wichtigste Regel von Is It A Plane!? heißt: Wer eine Aktion ansagt, muss zeichnen. Das gilt für die Phasen, in denen normalerweise gewürfelt würde, also Kampfszenen oder andere dynamische Aktionen. In Is it a Plane!? heißen diese Schlüsselszenen „visuelle Phasen“. Alle Spieler, die an der Szene teilhaben und eine Aktion durchführen wollen, zeichnen gleichzeitig. Die Panels – also die Kästchen, auf denen gezeichnet wird – gibt es in vier verschiedenen Größen. Je wichtiger die aktuelle Szene für den Spielverlauf ist, desto größer ist das Panel. Dabei muss allerdings bedacht werden, dass am Ende alle Panels noch auf eine DIN-A4-Seite passen müssen.
Wichtige visuelle Phasen können sich auch über mehrere Seiten erstrecken. Die Spielleitung sollte allerdings den Überblick über die Seitenzahl behalten, denn diese ist begrenzt. Jedes „Heft“, also jedes Abenteuer, soll in Is it a Plane!? nicht mehr als 22 Seiten haben. Danach muss der Plot gelöst sein. Ebenfalls begrenzt ist die Zeit, die zum Zeichnen zur Verfügung steht: Je nachdem, wie viel Zeit den Charakteren im Spiel zur Verfügung steht, gibt der Editor den Spielern eine, zwei, oder drei Minuten Zeit, um ihre Aktionen darzustellen. Verständlicherweise ist hier keine hohe Kunst gefragt, sondern mehr ein klares Bild davon, wie die Charaktere der zeichnenden Spieler handeln. Danach interpretieren Spielleitung und eventuelle nicht an der Szene beteiligte Spieler gemeinsam das so entstandene Werk.
Comicatmosphäre in jeder Phase
Das erste Kapitel befasst sich mit den Grundregeln.
Außerhalb der visuellen Phasen beschreiben die Spieler, was sie tun, oder spielen es aus – man zeichnet also nicht permanent. Damit die Gruppe dabei aber nicht vergisst, dass wir hier in einem Comicheft sind, soll der Spielleiter – der hier „Editor“, also Redakteur oder Herausgeber, genannt wird – die Szene so beschreiben, wie sie in einem solchen aussehen würde. Die verschiedenen dramatischen Höhepunkte, die den Plot weiter untergliedern, werden Situationen genannt, denen eine Stufe zwischen 0 und 10 zugeordnet wird – Aufgabe der Spieler ist es, diese durch Zeichnen und Rollenspiel möglichst auf 0 zu reduzieren. Sollte die Situationsstufe auf 10 steigen, geht die Situation übel für die Spielercharaktere aus.
Schaden, den ein Charakter erhält, nennt das Regelwerk Pressure, „Druck“, der sowohl psychologischer wie physischer Natur sein kann. Erhält ein Charakter 10 Punkte Pressure, ist er „out of action“, wird also bewusstlos oder anderweitig handlungsunfähig. Editor und Gruppe entscheiden zu Anfang des Spiels, ob Charaktere am Anfang der nächsten Szene wieder vollkommen wiederhergestellt sind, oder ob sie länger brauchen, um sich zu regenerieren.
Konzipieren, gestalten, interpretieren
Anstelle von Tabellen gibt das Buch immer wieder Spielbeispiele, teilweise mit Zeichenbeispielen, die die Anwendung der Regeln anschaulich machen sollen. Einerseits hilft das in vielen Fällen dem Verständnis, andererseits macht es das Nachschlagen und Nachlesen einzelner Regeln bisweilen recht anstrengend.
Der Spielleiter sollte sich sowohl als Gestalter des Abenteuers als auch Leser des entstehenden Comics verstehen.
Die Spielleiterhinweise in den späteren Kapiteln des Buches halten den Editor dazu an, das Spiel als Gemeinschaftsprojekt zu begreifen. Die Spielleitung ist gleichzeitig Redaktion und Leserschaft des Comics, den das Abenteuer darstellt, und somit dafür verantwortlich, dass die entstehenden Zeichnungen auch sinnvoll zu interpretieren sind. Eine Gruppe sollte sich also sehr sicher sein, dass alle Anwesenden mit Kritik an der eigenen Zeichenfähigkeit umgehen können, wenn sie hier keine Konflikte erleben will.
Wieder ganz im Sinne der Comics ist das Regelwerk darauf ausgelegt, dass mehrere Kurzabenteuer zu einer zusammenhängenden Kampagne, einer Art Comicserie, zusammengefügt werden. Es ist allerdings auch möglich, One-Shots zu spielen.
Charaktererschaffung
Die Spielercharaktere werden im Regelwerk Protagonisten genannt. Sie können Superheldinnen und -helden, Cowboys und Cowgirls, Pulp-, Noir- oder Fantasy-Charaktere sein, Hauptsache, es fühlt sich nach Comic an. Dementsprechend haben die Protagonisten außergewöhnliche Kräfte.
5 Spezialitäten, 3 Schwächen – die Charaktererstellung wird im zweiten Kapitel beschrieben.
Die Charaktererstellung selbst ist denkbar einfach. Spieler vergeben insgesamt 5 Punkte auf die drei „Spezialitäten“ Strength (Stärke), Speed (Schnelligkeit) und Savvy (etwa: „Köpfchen“) des Charakters. Für jeden vergebenen Punkt bekommt der Charakter eine besondere Eigenschaft in dieser Kategorie, ein Manöver, das speziell diesem Protagonisten eigen ist – hier ist Kreativität seitens der Spieler gefragt! Diese Spezialfähigkeiten können entweder „menschlich“ oder „übermenschlich“ sein, je nachdem, was für eine Art Kampagne gerade gespielt wird.
Zusätzlich wählt der Spieler drei dramatische Schwächen für den Charakter aus, die während des Spiels aufkommen können, um den Ablauf einer Szene noch spannender zu machen. Sowohl für die Spezialkräfte als auch für die Schwächen hat das Buch eine Liste von Beispielen, die aber nicht als erschöpfend angesehen werden soll.
Zuletzt muss natürlich ein Porträt des Protagonisten gezeichnet werden, denn im späteren Spielverlauf sollen die gezeichneten Charaktere ja leicht wiederzuerkennen sein. Allerdings besteht auch hier ein Zeitlimit: Nicht mehr als zehn Sekunden sollen Spieler für das Porträt brauchen.
Zusätzlich zu den Regeln der Charaktererschaffung und einem Beispiel-Charakterbogen bietet das Regelwerk noch ein ganzes Kapitel mit Archetypen, Vorlagen für eine Reihe von typischen Protagonisten, die zum Spiel in verschiedenen Settings individualisiert werden können.
Beispielcharakter Prof. George Gregory: ein berühmter Astrophysiker der nach einem Wurmloch-Zwischenfall sein Gedächtnis verloren hat. Beispielcharakter Jack Hammer: ein nahkampferprobter Kriegsveteran des Zweiten Weltkriegs. Beispielcharakter Makra Kazeem: ein charakterlich dünnhäutiges, dafür physisch umso robusteres Alien.
Erscheinungsbild
Als Comic-Rollenspiel ist das Layout von Is It A Plane!? selbstverständlich im klassischen Comic-Stil gehalten. Die Spieler dürfen Strichmännchen kritzeln – die Illustrationen im Regelwerk sind dafür von professionellen Comiczeichnern gestaltet und runden das Gesamtbild mit einer Anzahl höchst unterschiedlicher Heldenporträts ab. Bei vielen davon handelt es sich um die Charakterideen von Kickstarter-Unterstützern der Kampagne, denen auch schon im Vorwort des Regelwerks gedankt wird.
Selbstverständlich ist die Schriftart durchgehend Comic Sans. Dessen ungeachtet ist der Fließtext gut lesbar. Zwischen den sechs Kapiteln zu Regeln, Charaktererstellung und Spielleiterhinweisen sind Abschnitte einer zusammenhängenden Geschichte eingestreut, die im Spieluniversum von Is It A Plane!? angesiedelt ist. Ein Inhaltsverzeichnis am Anfang hilft der Übersichtlichkeit des 169 Seiten langen PDF-Dokuments, die Seitenzahlen funktionieren aber leider nicht als interne Links.
Fazit
Is It A Plane!? ist ein Rollenspielsystem mit dem Anspruch, etwas ganz Neues zu erschaffen. Das zeigt sich nicht zuletzt in der eigenwilligen Terminologie des Spiels: Situation, visuelle Phase, Druck, Editor, und so weiter, und so fort – beim ersten Lesen ist es leicht, den Überblick darüber zu verlieren, was all diese Begriffe zu bedeuten haben. Darüber hinaus folgt es einer klaren, ja fast schon restriktiven Form, in der die Spieler den Plot auf den 22 Seiten eines Comicheftes zu lösen haben – und das in etlichen Schritten zeitbegrenzter Zeichenaufgaben. Wer diese Herausforderung mit Begeisterung annimmt, kann mit Is It A Plane!? sicherlich großen Spaß haben.
Die Spielmechaniken führen zu einem nahezu ausschließlich narrativen Spielfluß der einem liegen muß.
Ein Vorteil der Würfelalternative Zeichnen ist, dass sie Spielsituationen narrativ löst. Während manche Rollenspieler den Zufall am Spieltisch nicht missen wollen, freuen sich andere, gerade Fans von Pulp- und Comic-Spielwelten, wenn ihre Charaktere sich aus eigener Kraft aus dramatischen Zwickmühlen befreien. Gerade für diese Klientel kann Is It A Plane!? interessant sein.
Für die breite Masse der Rollenspieler ist es wohl eher nichts, zumindest nicht für regelmäßige Runden. Das ist aber auch gar nicht nötig. Durch seine eigenwillige Spielmechanik und seine tatsächlich außergewöhnliche Alternative zum Würfeln hat sich das als Kickstarter-Kampagne gegründete Spiel schon eine gewisse Fangemeinde aufgebaut. Mein Geschmack wird es wohl nicht werden – aber wer gerne zeichnet und auch unter Zeitdruck kreativ sein kann, dem kann das Produkt guten Gewissens empfohlen werden.
Dieser Ersteindruck basiert auf der Lektüre des Regelwerkes und einigen Zeichenversuchen.
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https://www.teilzeithelden.de/2019/02/13/rezension-dsa-ketten-fuer-die-ewigkeit-alte-vertraege-neue-probleme/
Nichts ist für die Ewigkeit, oder doch? Wenn Zwerge einen Schwur leisten, dann sollte dieser für immer gelten, möchte man denken. Doch auch vor den kurzbeinigen Bartträgern macht der Lauf der Geschichte nicht halt. Was bringen Ketten für die Ewigkeit, wenn sie niemandem angelegt werden?
Zu jeder neuen Regionalspielhilfe in der fünften Regeledition von Das Schwarze Auge gehört ein begleitendes Abenteuer. Deswegen erscheint passend zum Band Die Flusslande ein Abenteuer, das in den Landen am Großen Fluss spielt. Diese Region, zentral im Mittelreich und fernab von dessen umkämpften Grenzen gelegen, ist gleichzeitig die ursprüngliche Heimat der Zwerge Aventuriens, der Spielwelt von Das Schwarze Auge. Dementsprechend spielen diese eine prominente Rolle in Ketten für die Ewigkeit.
Ketten für die Ewigkeit – aus der Vergangenheit!
Einmal mehr wird durch ein längst vergessenes Mysterium Staub aufgewirbelt. Die Anzahl alter Konflikte und Artefakte, die in den letzten Jahren die zeitgenössischen Aventurier einholten, ist bemerkenswert. Seien es das Vermächtnis der Theaterritter, verfluchte Relikte, alte Bündnisse oder bisher unbekannte Hinterlassenschaften der alten Völker – in allen Winkeln Aventuriens scheinen Zeitbomben zu ticken, die nur darauf warten, von den Helden entschärft zu werden.
Das Leben an Bord eines Flussseglers wird detailliert beschrieben und schön illustriert. Handlungsort dieses Kapitels ist Albenhus. Dort müssen die Helden zwei gleichermaßen wichtige Aufgaben in Angriff nehmen. Der detaillierte Stadtplan von Elevina. Eine der Kreaturen aus dem Kapitel Ketten der Ewigkeit.
So viel sei an dieser Stelle verraten: Auch dieses Mal wird ein Schrecken der Vergangenheit die Spielercharaktere fordern. Wer mehr darüber erfahren möchte, darf einen Blick in den untenstehenden Spoilerkasten werfen. Allen anderen sei zumindest verraten, dass Ketten für die Ewigkeit eine abwechslungsreiche Mischung aus Detektiv- und Reiseabenteuer darstellt. Längst vergessene Geschichten müssen recherchiert und Mysterien gelüftet werden, aber auch in der Gegenwart lauern undurchsichtige Gegenspieler, die ebenfalls nach der verborgenen Macht gieren.
Zwerge im Rampenlicht
Den Zwergen der Flusslande kommt in diesem Abenteuer eine prominente Rolle zu. Zwergische Helden können deswegen dadurch glänzen, dass sie Bräuche und Sitten ihres Volkes kennen, wodurch viele soziale Interaktionen massiv erleichtert werden. Unter anderem müssen sich die Helden gegen Ende des Abenteuers in einigen Disziplinen wie Wetttrinken, Armdrücken oder Kochen den konservativen Erzzwergen gegenüber beweisen. Dies wirkt kurz vor dem eigentlichen Finale zwar etwas deplatziert und stellt die Erzzwerge vielleicht etwas zu sehr als schrullige, aber liebenswerte Traditionalisten dar, passt aber zu der allgemein sehr gemütlichen und fast schon märchenhaft gehaltenen Stimmung des Abenteuers.
Spoiler
Spoilerfrei sei noch gesagt, dass das Abenteuer seine teilweise etwas ausufernde Hintergrundgeschichte zu Beginn kompakt zusammenfasst und dadurch erfreulich übersichtlich bleibt. Positiv hervorzuheben ist auch ein relativ offener Teil vor dem eigentlichen Finale, in dem die Autorin mehrere Möglichkeiten aufzeigt, wie die Helden einen der Antagonisten loswerden können. Dies hat gegebenenfalls Auswirkungen auf den restlichen Verlauf des Abenteuers, worauf sich der Spielleiter freilich einstellen muss.
Ketten für die Ewigkeit enthält außerdem allgemeine Hinweise für das Spiel auf einem Flussschiff und bietet Ideen für eine weiterführende Kampagne, die an das Abenteuer anknüpfen kann. Das verleiht der eigentlichen Veröffentlichung einen gewissen Mehrwert, der ihr auch nach Ende des eigentlichen Abenteuers einen Nutzen gibt.
Erscheinungsbild
Illustrationen und Kartenmaterial bewegen sich in Ketten für die Ewigkeit auf einem angenehm hohen Niveau. Die fast schon märchenhafte Beschaulichkeit mag nicht jedermanns Sache sein – und trifft auch nicht den Geschmack des Autors dieser Zeilen –, passt aber gut zur unkomplizierten Heldengeschichte. Zahlreiche Infokästen und gesonderte Abschnitte erleichtern es dem Leser zudem, sich im Abenteuer zurechtzufinden.
Fazit
Ketten für die Ewigkeit ist ein solides Abenteuer, dessen einzige große Schwäche seine fehlende Tiefe ist. Der Einstieg ins Abenteuer erfolgt zufällig, die Motivation bleibt bis zuletzt, dass die Spielercharaktere ihren Weg schlicht aus Heldenmut weitergehen. Das mag zugegebenermaßen auf viele Abenteuer zutreffen, wird aufgrund des Aufhängers aber umso deutlicher. Der Schrecken aus der Vergangenheit ist gleichzeitig ein Schrecken aus dem Nichts. Unvermittelt betritt er die Bühne und muss direkt ausgeschaltet oder zumindest gebannt werden.
Die Darstellung der aventurischen Zwerge schwankt stellenweise außerdem ein bisschen orientierungslos zwischen engstirnigen Traditionalisten, schrulligen Exzentrikern und gemütlichen Bier-Nerds. Ins Positive umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass die Zwerge etwas vielfältiger als in früheren Abenteuern und somit auch etwas realistischer dargestellt werden. Der, trotz aller Dramatik, gemütliche Grundton des Abenteuers mag zudem nicht jedermanns Geschmack treffen, passt aber gut zu dem in der neuen Regionalspielhilfe gezeichneten Bild der Flusslande.
Ketten für die Ewigkeit ist trotz seiner Mängel ein empfehlenswertes Abenteuer mit klassischen Strukturen, die unkomplizierten Spielspaß ermöglichen. Zwar bleibt es dadurch, wie gesagt, auch etwas flach, bietet den Helden aber trotz aller Linearität genügend Freiraum, um ein spannendes Abenteuer in den Flusslanden mitzugestalten.
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https://www.teilzeithelden.de/2019/02/09/kurzcheck-ultima-ratio-die-harland-chroniken-teil-1-nikolas-tsamourtzis/
Die Harland-Chroniken ist eine Abenteuerreihe im Setting des dystropischen Science-Fiction-Rollenspiels Ultima Ratio. In Teil 1: Das Gift der Schlange finden sich die SpielerInnen in der wohl eigenartigsten Kolonie des Lukeanischen Reiches zu einem großen Glücksspielturnier ein. Selbstverständlich geht es auch hinter den Kulissen um hohe Einsätze …
Die Harland-Chroniken Teil 1: Das Gift der Schlange ist ein ausgearbeitetes Abenteuer für Ultima Ratio und wie die übrigen Produkte im Heinrich Tüffers Verlag erschienen. Um das Abenteuer spielen zu können, wird natürlich das Regelwerk benötigt (Ultima Ratio – Im Schatten von MUTTER: Regelwerk 2.0), empfohlen werden noch die Quellenbände Ultima Ratio – Im Schatten von MUTTER: Harlands Loch und der Dyson Gürtel, sowie Ultima Ratio – Im Schatten von MUTTER: Protagonisten. Diese Hinweise sind gleich beim Klappentext aufgeführt.
Umfangreich ist das Abenteuer angesichts der wenigen Seiten nicht, liefert also ohne Ergänzungen rein inhaltlich Material für ein bis zwei Spielabende. Ist das schlecht? Keineswegs, denn die Geschichte über die Harland-Chroniken soll ja hiermit erst beginnen. Schon das Regelwerk ist mit seinem sparsamen, aber punktgenauen Schreibstil aufgefallen, der bei den Harland-Chroniken konsequent fortgesetzt wird.
Inhalt
Wie auch im Regelwerk wird kein Platz verschenkt, daher befinden sich Inhaltsangabe und Impressum bereits auf der Innenseite des Buchdeckels. Los geht es mit einer Einleitung in die Thematik der Geschichte: Die Handlung des ersten Teils der Harland-Chroniken führt die Spielgruppe auf die im Dyson-Gürtel in System 01 befindliche zivile Kolonie S01-ZK-03, besser bekannt als Harlands Loch. Während eines großen Kartenspielturniers geraten die Protagonisten, wie bei Ultima Ratio die Charaktere genannt werden, zwischen die Fronten zweier Unterweltgrößen.
Zudem erfährt man im Rahmen der Einleitung auch, wie der Spielleiter / die Spielleiterin das Textlayout verwenden soll (Kursivtext, Kästen, Tabellen). Diese Erklärung erleichtert nicht nur das Lesen, sondern auch das Anwenden des Buches während des Spieleabends. Der Schwierigkeitsgrad ist praktischerweise frei skalierbar, was das Abenteuer für Spielgruppen aller Erfahrungsstufen öffnet.
Nach der Einleitung startet der Abenteuerinhalt, der in Prolog, Akt I bis III und Epilog gegliedert ist. Es wird nicht versäumt, stellenweise mehrere Optionen als Ideen zu liefern, beispielsweise für den Einstieg der einzelnen Protagonisten in die Story. Die Akte sind zusätzlich in Szenen unterteilt, was gerade für eher unerfahrene SpielleiterInnen sicherlich eine große Hilfe ist. Andererseits wird das Abenteuer dadurch sehr klar durchgetaktet und wirkt ohne Eigenleistung etwas unflexibel. Mit mehr inhaltlichen Wendungen und Konsequenzen für die Protagonisten wäre mehr Komplexität möglich gewesen, die jedoch dann einen Sandboxaufbau erfordert hätte.
Hinzu kommt, dass gemäß dem Hinweis in der Einleitung Kursivtext den Protagonisten, in eigenen Worten wiedergegeben, frei zugänglich sein soll. Wird das so praktiziert, entfällt stellenweise Denkarbeit für die SpielerInnen, was zwar das Gesamtspieltempo hochhält, aber die Gruppe folglich eher railroadmäßig durch das Abenteuer schiebt. Erfahrene SpielleiterInnen sollten darauf achten, der Gruppe phasenweise etwas Freiraum zu gewähren und sie ruhig ein wenig im Trüben fischen lassen. Rollenspielneulinge machen jedoch sicherlich nichts verkehrt, sich an die Anwendungsanweisung zu halten.
Mit der letzten Szene und dem Epilog kommt die Geschichte zu einem runden Schluss. Es gibt Anknüpfungspunkte, die angesichts einer geplanten Fortführung der Story deutlicher oder gar dramatischer hätten ausfallen dürfen. So endet es eher unspektakulär und die Chance eines Cliffhangers für Teil 2 wird verschenkt. Aber immerhin könnte man so Das Gift der Schlange auch problemlos als Standalone-Abenteuer spielen.
Khedras Daraskh
Im Anhang werden Orte des Geschehens aufgeführt und mit kurzer Erläuterung vorgestellt. Ein Bereich, auf den auch während des Abenteuers immer wieder hingewiesen wird, nennt sich „Zusätzliche Szenen“ und soll eventuelle Skilllücken in der Spielgruppe über NPC auffangen, die hier ins Spiel gebracht werden können. Zudem wird hier auch das besagte Kartenspiel vorgestellt und mit den Regeln für ein herkömmliches Kartendeck könnte das Spiel bei Lust und Laune von der Spielgruppe am Spieltisch ausgeführt werden. Ein Muss für das Abenteuer ist das jedoch nicht.
Den Schluss des Anhangs bilden die Antagonisten und Nebenrollen. Letztere werden mit einem knappen Begleittext und Werten vorgestellt, die Antagonisten werden etwas ausführlicher behandelt und nehmen eine ganze Seite mit Bild ein. Die Widersacher hätten mehr Background vertragen, an dieser Stelle wird der vorherrschende Minimalismus leider zum Nachteil. Dafür werden reichlich Werte geliefert, die in diesem Umfang zwar vollständig sind, aber nicht benötigt werden.
Insgesamt gesehen bekommt man alles an die Hand, was man zum Spielen benötigt. Für diverse Ausschmückungen links und rechts des Abenteuerweges wird Eigenleistung nötig bzw. der erwähnte Band Ultima Ratio – Im Schatten von Mutter: Harlands Loch und der Dyson-Gürtel. Grundsätzlich handelt es sich um ein Tarnen-und-Täuschen bzw. Infiltrationsabenteuer, Kampfsituationen sind nicht vorgesehen. Die Grundidee der Story ist durch Film und Fernsehen bereits bekannt und kann hier im Ultima-Ratio-Universum erlebt werden. Etwas Neues oder zumindest ein unerwarteter Kniff in der Handlung wäre wünschenswert gewesen.
Spoiler
Erscheinungsbild
Das Werk ist im DIN-A4-Format, vollfarbig und hat dreiundzwanzig Seiten. Der Einband sowie die Buchseiten sind stabil und fassen sich gut an. Das Textlayout ist tadellos und das Schriftbild ist klar zu lesen. Mittels Textfettung, Kursivtext und Kästen werden Inhalte gut separiert und strukturiert. Die enthaltenen Illustrationen sind bis auf die erste, die etwas unsauber und übertrieben bearbeitet aussieht, tadellos und tragen zum Ambiente des Abenteuers bei. Ein Index liegt nicht vor, wird aber hier nicht benötigt. Der Band ist wie ein Heft gebunden und wirkt dadurch nicht wie ein Buch. Die Metallklammerheftung wirkt solide und verspricht Langlebigkeit.
Bonus/Downloadcontent
Auf Ultima-Ratio-RPG.de gibt es neben dem Shop auch Einblicke in die Welt, Spezies und Regeln. Unter dem Schlagwort Ultima Ratio finden sich mittlerweile einige Artikel bei den Teilzeithelden.
Fazit
Mit Ultima Ratio: Die Harland-Chroniken Teil 1: Das Gift der Schlange erhält man ein Tarnen-und-Täuschen-Kurzabenteuer ohne Action im Glücksspielmilieu und hinter dessen Kulissen. Die Strukturierung ist sowohl für unerfahrene Rollenspieler als auch alte Hasen geeignet. Inhaltlich bekommt man einen überwiegend geradlinigen, wenig komplexen Verlauf einer in Grundzügen durch Film und Fernsehen vertrauten Geschichte präsentiert. Unerwartete Wendungen oder originelle Storyaspekte fehlen und müssen bei Bedarf in Eigenleistung hinzugefügt werden. Die Antagonisten werden zwar mit Bild vorgestellt, bleiben aber hinsichtlich ihres Backgrounds leider zu knapp beschrieben. Das in der Einleitung erklärte und angewendete Textlayout mit Kästen, Tabellen und Kursivtext funktioniert und strukturiert den Inhalt sehr gut.
Der Schluss bringt Das Gift der Schlange zu einem runden Ende, hätte aber hinsichtlich einer offensichtlich geplanten Fortführung der Harland-Chroniken offener oder gar dramatischer ausfallen dürfen. Die Möglichkeit eines packenden Cliffhangers für Teil 2 wird nicht genutzt. So ist es aber auch als Standalone-Abenteuer bestens geeignet. Das Werk ist hochwertig produziert, Papier, Textlayout und Illustrationen sind tadellos. Der Preis erscheint hier vollkommen angemessen.
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Bereits in der Vorweihnachtszeit lag Magie in der Luft – Aventurische Magie III. Mit geheimnisvollen Druiden, zwergischen Geoden und uralter Zauberei der Elementar- und Beherrschungsmagie lockte der dritte Magie-Band. Ob es wirklich für zauberhafte Weihnachten gereicht hat oder nur eine Illusion war, hat Redakteur Torben für euch herausgefunden.
„ACH, DA KOMMT DER MEISTER! HERR, DIE NOT IST GROSS!
DIE ICH RIEF, DIE GEISTER
WERD‘ ICH NUN NICHT LOS.“
(Der Zauberlehrling – J.W.v.Goethe)
Bereits in den Bänden Aventurische Magie I und Aventurische Magie II konnten sich Spieler über neue Fokusregeln, magische Traditionen, Sonderfertigkeiten, Zauber und magische Professionen erfreuen. Aventurische Magie III stellt nun die Regeln für Beherrschungs- und Elementarmagie vor und ergänzt die genannten Sammlungen. Dabei werden nicht nur die Druiden erneut aufgegriffen, sondern mit den Animisten, Geoden und Zibilja auch gänzlich neue Traditionen im Licht der DSA5-Regeln beleuchtet.
Inhaltsverzeichnis [zeigen]
Inhalt
Der Aufbau des Werkes ist an seine Vorgänger angepasst und beinhaltet neben einem Vorwort und einem Anhang sechs Kapitel. Das Vorwort beschreibt in bekannter Manier die wesentlichen Merkmale von Fokusregeln und die Unterschiede zwischen Regeln, Crunchund Fluff.
Kapitel 1: Traditionen
Es werden neue Traditionen beschrieben
Das erste Kapitel beschreibt die neuen Traditionen der Animisten, Geoden und Zibiljas, sowie die bereits bekannten Druiden und einige Gildenmagier.
DSA-Veteranen erkennen an dieser Stelle sicherlich eine deutliche Neuerung, da die Zauberer der Stammeskulturen (Animisten) sich nunmehr von den Schamanen (mit karmalen Kräften) abheben. Bislang wurden auch die Rituale der Schamanen als Magie angesehen, mit DSA5 sind sie aber auf die Seite der Götterdiener gewechselt, was durchaus Sinn ergibt. Wie alle anderen magischen Traditionen dürfen auch die Animisten auf Traditionsartefakte zugreifen, die in diesem Kapitel detailliert dargestellt werden. Regeln zu den Animistenfähigkeiten und Animistenwaffen zeigen ein stimmiges Konzept. Neben nivesischen Wolfskindern, Gjalsker Tierkriegern, mohischen Geisterkriegern, Trollzackern und Ferkina-Besessenen wirken nur die Fjarninger-Zauberschmiede etwas gewöhnungsbedürftig.
Ein wirklich schöner Einfall sind die Animistenkräfte der Patrone, mit denen die Animisten in einem Schnellritual die Kräfte von Wesenheiten in ihren Körper rufen können, um davon zu profitieren. Warum jedoch die gewählten Patrone (primärer und sekundärer) nicht aus derselben Kategorie stammen dürfen, erschließt sich aus den vorliegenden Texten nicht.
Die Druiden, welche man bereits durch den Quellenband Die streitenden Königreiche kennengelernt hat (wir berichteten) oder in Abenteuern wie Ewiger Hass und Neue Bande &Uralter Zwist kennenlernen kann, wurden um ein Sichel-Traditionsartefakt und die zugehörigen Sonderfertigkeiten erweitert. Auch der rituelle Dolch der Druiden wurde mit neuen Kräften ausgestattet und erlaubt nun Opfer- und Blutrituale, welche das Spiel mit Druiden um einen gehörigen Thriller-Faktor erhöhen. Wer wollte nicht schon einmal 100 Lebenspunkte innerhalb von 24 Stunden durch das Töten von Lebewesen vergießen, um sich eine Zone mit gesenkten Zauberkosten zu erschaffen?
Die Geoden wirken da auf den ersten Blick schon etwas harmloser und erhalten neben ihren Geodenritualen und dem Traditionsartefakt Lebensring auch den Zugriff auf die, durch Hexen bekannt gewordenen, Vertrautentiere. Auf den zweiten Blick entpuppt sich das Geodenritual „Gestalt aus Rauch“ als eine der gefährlichsten Kampfbeschwörungen ganz Aventuriens.
Die Auswahl der gildenmagischen Traditionen beschränkt sich selbstverständlich auf Institutionen der Beherrschungs- und Elementarmagie. Darunter befinden sich alte Bekannte, wie Drakonia, Mherwed und Olport, aber auch die neue Akademie Wagenhalt und das Rommilyser Informationsinstitut profitieren von den neuen Stab-, Bannschwert- und Kugelzaubern.
Die Zibiljas, die Zauberinnen der norbadischen Sippen, wirken recht stimmig. Ihr Traditionsartefakt ist die Sippenchronik oder SefferManich, welches ihnen zum Beispiel ermöglicht, Bienenschwärme zur Hilfe zu rufen. Ob die Rituale jedoch gut ausbalanciert sind, muss sich erst im Spiel noch zeigen. Wer für 16 Astralpunkte eine Wächtermumie über Jahrhunderte in ein Grab stellen kann, der hält viel Macht in Händen.
Kapitel 2: Erweiterte Magieregeln
Dieses Kapitel befasst sich ausgiebig mit diversen Fokusregeln zu Unterrichtsplänen der hinzugekommenen Akademien, Denkschulen und Prägungen der Traditionen, der Erschaffung von Chimären, dämonischen Pakten, Limbus- und Sphärenmodellen und der Magie der Zeit.
Nicht jeder Magier gleicht zwingend dem anderen, selbst wenn beide dieselbe Akademie besucht haben. Die Lehrpläne geben den Spielern die Möglichkeit, eine professionelle Variante für ihre Magier zu wählen und neben Zaubern auch andere Fertigkeiten anzupassen. Ein Inspektor aus Rommilys hat schließlich eine bessere Menschenkenntnis als ein Kryptograph aus gleichem Hause, und ein Golembauer aus Rashdul lernt eher den Zauber „Totes handle“, während sein Mitschüler in der Ausbildung zum Totenbeschwörer den „Geisterruf“ vorzieht.
Die Erschaffung von Monstrositäten ist ein Teil des zweiten Kapitels, der eher durchwachsen wirkt. Um Chimären, Untote und Golems zu erschaffen, bedarf es verschiedener Zauber- und Sonderfertigkeiten, welche sich von der Beschwörung elementarer und dämonischer Wesen stark unterscheiden. Beispielsweise wird das starre Konstrukt der QS (Qualitätsstufen) durch eine Loyalitätsprobe ersetzt, um die Beherrschung des Wesens zu gewährleisten. Eine durchaus sinnvolle und gut umsetzbare Idee.
Weniger sinnvoll scheint die Einschränkung zu sein, die nur dem Erschaffer eines Wesens auch die Kontrolle des selbigen ermöglicht. Auch eine dauerhafte Erschaffung (das Pendant zur Jahrhunderte alten Wachsmumie der Zibiljas) ist schon auf Grund der immensen Kosten permanenter Astralenergie nicht möglich.
Bei der Auswahl der Wesensfähigkeiten (erweiterte Erschaffungsregeln) haben sich die Autoren viel Mühe gegeben, dennoch fällt neben Rechtschreibfehlern besonders die „Fortpflanzungsfähigkeit“ ins Auge. Es wird mal wieder Zeit für eine Säbelzahnkaninchenplage!
Wer sich auf den drei Seiten über Sphären im falschen Buch wähnt, der wird in den darauf folgenden Themen über Limbus, Globulen und Feenwelten verstehen, warum eine Grundlagenerklärung notwendig ist. Anders jedenfalls ist der sehr klerikale Beitrag über das Zwiebelschalenmodell und die allgemeine Sphärenbeschreibung nicht zu rechtfertigen. Limbus-, Globulen- und Feenweltbeschreibungen hingegen laden den Leser zu einem Ausflug ein und bieten den ein oder anderen Abenteueranreiz. Lediglich das Fehlen von inneraventurischen Texten oder Zitaten ist schade.
Das Kapitel „Erweiterte Magieregeln“ stellt sich auch dem häufig mit Skepsis betrachteten Thema der Zeitmagie. Die zwei Buchseiten, welche sich hauptsächlich mit temporalen Auswirkungen und „satinavschen Störungen“ (unvorhersehbare Ereignisse) beschäftigen, hätten getrost weggelassen werden können, zumal jede zehnte Zauberprobe temporaler Magie zu ungefähr 25 Prozent tödlich endet oder abenteuerbeendende Auswirkungen hat. Die zwei Buchseiten, welche sich hauptsächlich mit temporalen … ach, blöde Zeitschleife!
Von deutlich höherem Interesse sollten dagegen die nachfolgenden Seiten über Dämonenpakte sein. Im Fokus stehen die Themen Seelenpakt, Minderpakt, karmale Objekte (Textkopie aus Aventurisches Götterwirken I und aus dem Kontext gerissen), der Paktbruch und die begehrten Paktgeschenke.
Für das Bild, welches Abenteuer, Quellenbücher und Romane von DSA bisher zeichneten, ist es ungewöhnlich, dass Dämonenpakte neuerdings (DSA5) einen starken Willen des Paktierers voraussetzen. Die „Paktprobe“, eine erschwerte Willenskraftprobe, muss dabei den Erzdämonen überzeugen, dass der Paktierer starken Willens ist ihm zu dienen. Das Konzept ähnelt dem eines Geweihten, der seinen Gott um ein Wunder bittet, jedoch nicht mehr dem bekannten, willensschwachen und verzweifelten Aventurier, der den Einflüsterungen des Dämons verfällt. Der Paktierer-von-morgen WILL seine Seele verkaufen und freut sich vermutlich schon auf die ewige Verdammnis.
Nun gut, ihm wird mit den Paktgeschenken auch einiges dafür geboten. Als Charyptoroth-Paktierer im zweiten Kreis der Verdammnis mit einem Augenzwinkern 4 Wasserleichen zu erheben ist ebenso möglich wie die Wiederauferstehung von den Toten, wenn man die „Neun Leben“ von Aphasmayra einfordert.
In Zukunft werden paktierende Antagonisten möglicherweise zu (über-)mächtigen Gegnern. Wem ein Pakt allerdings nicht mehr gefällt, der kann sich dank Paktbruch-Regeln auch wieder davon trennen. Zumindest in der Theorie und bei Minderpakten ist dies der Fall. Der Paktbruch eines Seelenpaktes bringt schon einige Probleme mit sich. Nicht nur, dass der Ort des Paktbruches außerhalb eines Tempels stattfinden muss, da sein Dämonenmakel den Paktierer sonst vorzeitig umbringen würde.
Nein, der Exorzist muss auch tief in die Taschen seiner permanenten Karmapunkte greifen. Das für ein sinnfreies Unterfangen, da der Seelenmakel in der Regel vollkommen erhalten bleibt und regeltechnisch nur die für Paktgeschenke ausgegebenen Abenteuerpunkte zurückerstattet werden. Einmal Paktierer, immer Paktierer! Es sei denn die Götter haben ein Einsehen, aber warum sollten sie? Der Paktierer hat ja schließlich um den Pakt gebettelt.
Dem Minderpaktierer geht es da schon besser, er wird sein Dämonenmal wieder los, dafür stehen ihm aber auch nur begrenzt Paktgeschenke zur Verfügung. Bemerkenswert ist die Neuerung, dass Paktbrüche auf drei Arten möglich sind: profan, also durch den eigenen Willen (Willenskraftproben); karmal, mit Hilfe eines geweihten Exorzisten; magisch, mittels exorzistischem Ritual. Damit ist das Paktbrechen oder Exorzieren nicht mehr nur den Geweihten in Aventurien vorbehalten.
Fokusregeln zu Prägungen und Zauberstilen bilden den Übergang zum dritten Kapitel. Hier findet man verschiedene Darstellungsformen und Denkschulen, ähnlich der Hexenschwesternschaften aus Aventurische Magie II. Spieler erhalten somit die Möglichkeit, noch kleinteiliger ihren Helden zu individualisieren und regeltechnisch aufzubessern. Beispielsweise können Spieler eines Animisten darüber entscheiden, ob sie als „Geisterseher“ ihre Animistenkräfte leichter einzusetzen vermögen oder als „Klingenmeister“ Kosten für die Waffenzauber einsparen und mehr Schaden anrichten.
Kapitel 3: Magische Sonderfertigkeiten
Zahlreiche neue Sonderfertigkeiten (SF) führt das dritte Kapitel auf, welches in drei Abschnitte gegliedert ist. Im ersten Abschnitt lassen sich „Allgemeine Sonderfertigkeiten“ finden, welche beispielsweise Nekromanten oder Chimärenmeister bei ihrer Arbeit unterstützen. Die im zweiten Abschnitt genannten „Zauberstilsonderfertigkeiten“ beziehen sich auf die Prägungen des vorangegangenen Kapitels und erweitern diese (Die Prägung ist allerdings keine Voraussetzung für einen Zauberstil).
Der dritte und letzte Abschnitt „Erweiterte Zauberstilsonderfertigkeiten“ baut wiederum auf den Zauberstilen auf und gibt eine Auswahl an speziellen Fähigkeiten. Der druidische Zauberstil „Hüter des Hains“ senkt beispielsweise nicht nur die Kosten für Zauber des Merkmals Heilung, sondern ermöglicht auch den Erwerb der erweiterten Zauberstilsonderfertigkeit „Magische Kräuterheilkunde“. Eine doppelseitige Übersicht der neuen magischen Sonderfertigkeiten rundet das regellastige Kapitel ab.
Kapitel 4: Zauber
Da noch immer kein Pendant zum Liber Cantiones (Zauberbuch aus DSA4.1) erschienen ist, sind die über 50 Zauber und Rituale auf den Seiten des vierten Kapitels eine willkommene Ergänzung. Nach einigen Zeilen Reglement zum Umgang mit Zaubern erblickt man zunächst die „Zaubertricks“, welche seit der fünften Edition existieren. Gerade solche Zaubertricks, die keine immensen Auswirkungen haben, wie „Hundekeks“, „Wechselschein“ oder „Übergangen“, machen das Spiel lebendig und sind eine Bereicherung für den Spieltisch. Leider scheint es unter den Zibilja und Animisten keine Zaubertricks zugeben.
Die Zauber sind wie erwartet auf die Merkmale Einfluss und Elementar begrenzt. Sie scheinen meistens gut durchdacht. Von „Aquafaxius“ bis „Zwingtanz“ ist für jeden Magiewirker etwas dabei. Auch die länger dauernden Rituale bringen mit „Applicatus“, „Planastrale“, „Meister der Elemente“ oder den Zeitzaubern ein paar Klassiker zurück. Für DSA-Veteranen ist der Wechsel einiger Merkmale und Verbreitungsgebiete sicherlich gewöhnungsbedürftig. Auch, dass Zauber, die ehemals Varianten anderer Zauber waren, nun als selbstständige Zauber in den Auflistungen erscheinen, ist nicht immer nachvollziehbar, wenngleich keine Neuheit mehr.
Zu den weniger gut durchdachten Zaubern zählt vor allem der „Meister der Elemente“ (zu dem nicht nur die Werte für Elementare Meister fehlen – siehe Bonuscontent), welcher als Grundvoraussetzung die Zauber „Manifesto“, „Elementarer Diener“ und „Dschinnenruf“ erfordert. Geoden und Druiden müssen also zunächst Zauber fremder Traditionen lernen, um Elementare Meister zu beschwören. Ebenfalls unausgereift scheinen die Zauber „Panik überkomme euch“ und „Angst auslösen“ (aus Aventurische Magie I). Während erster Zauber eine Stufe des Zustandes Furcht für unglaubliche 32 Astralpunkte auslöst, kostet letzterer gerade mal die Hälfte und bietet dafür gleich zwei der Zustandsstufen Furcht.
Löblich sind die Tabellen und die sinnvoll sortierten Übersichten am Ende des Kapitels, welche einen schnellen Überblick über die neuen Zaubertricks, Zauber und Rituale ermöglichen.
Kapitel 5: Professionen
Mit mehr als 30 Professionen bietet das fünfte Kapitel jedem Spieler eine große Auswahl an Zauberkundigen aus der Welt der Beherrscher, Beschwörer und Elementaristen. Wenngleich die Abenteuerpunkte der einzelnen Professionspakete erst durch die Errata korrigiert wurden, lässt sich doch von einer guten Zusammenstellung von Zaubern und Sonderfertigkeiten sprechen. Die begleitenden Texte sind angenehm zu lesen, wenngleich die Darstellungen der Magier etwas zu häufig vom vermittelten Bild abweichen. Während einige Professionen Einblick in das magische Wirken ihrer Tradition vermitteln, wie etwa die mohischen Geisterkrieger, bleibt die Herkunft der magischen Zauberschmiede der Fjarninger ein gut gehütetes Geheimnis.
Kapitel 6: Archetypen
Die acht Archetypen im sechsten Kapitel sind sicherlich eine gute Möglichkeit für Einsteiger. Die Gildenmagier aus Brabak, Olport und Drakonia werden aber nicht überzeugend genug dargestellt, und auch die „gesponnenen Fäden“, welche als umfassende Geschichte die Archetypen einrahmen sollen, sind in dieser Publikation eher fade – schade!
Der Anhang
Im Anhang lassen sich neben einigen groben Schnitzern auch ein paar kleine Schmankerl finden. Wie bereits erwähnt sind die „Elementaren Meister“ verschollen und mussten erst mit dem Bonuscontent beschworen werden. Die etwas schwächeren Dschinne haben mit Copy-Paste-Fehlern zu kämpfen, wenn sie nicht verbrennen wollen. Bei den Dämonen gibt es (im Westen) – nichts Neues!
Gleichwohl dürfen sich Spieler von Nivesen über Wolfsblut-Vorteile freuen und damit auch über eine weitere Spezies der Ahnenblütigen. Für Beschwörer, Chimärologen, Besitzer von Vertrautentieren, Nekromanten und Golembauern bietet der Anhang zudem 35 Kreaturen und deren Spielwerte. Dass auch hier fortpflanzungsfähige Chimären dabei sind, sollte am besten genauso übersehen werden, wie die unglaublich putzige Darstellung des gefürchteten und einschüchternden Steingolems.
Erscheinungsbild
Neben dem gelungenen Coverbild von Christof Grobelski wirken viele der Innenillustrationen schlecht ausgewählt. Die Autoren, welche die Beschreibungen von Professionen und Gegenständen erstellen, sollten hier mit den Gestaltern näher zusammenarbeiten. So lassen sich Fehler, wie beispielsweise beim Lebensring des Geoden („Dabei handelt es sich um einen Halsreif aus Gold …“), der in Silber dargestellt ist, vermeiden. Insgesamt lässt das Layout diesmal stark zu wünschen übrig, wenngleich eingeräumt werden muss, dass Ulisses bereits eine Errata hierfür angekündigt hat. Während Druck und Schrift wie immer gut leserlich sind, hat auch das Lektorat diesmal wohl unter Beeinflussung böser Zauber gestanden. Doppelungen, Copy-Paste-Fehler oder Fehler in Groß- und Kleinschreibung sind leider keine Seltenheit.
Bonus/Downloadcontent
Wie bereits kurz nach Erscheinen des Werkes von Ulisses angekündigt, wurde die versprochene Errata (inkl. der fehlenden Elementaren Meister) am 22.12.2018 zur Verfügung gestellt. Außerdem kündigte Ulissesan, in diesem Jahr ein zweites Dokument bereitzustellen, welches sowohl die Korrekturen des Layouts (Wertekästen etc.), als auch weiteres Bonusmaterial enthalten soll (z.B. die Kultur der Brobrim).
Fazit
Leider sind nicht aller guten Dinge drei. Aventurische Magie III kann zwar die Erwartungen an neue Zauber im Bereich Beherrschungs- und Elementarmagie erfüllen und bringt mit den Traditionen der Animisten, Geoden und Zibilja tolle neue Möglichkeiten an den Spieltisch, weist aber zugleich auch viele Mängel auf. Übereinstimmungen von Illustrationen und Beschreibungen sind Glückssache, Layout und Rechtschreibung fehlerhaft. Neben einigen hervorragenden Fokusregeln und Ideen, wie beispielsweise dem Traditionsartefakt „Sichel“ oder dem Zaubertrick „Pflanzenempathie“, sind leider auch einige nicht zu Ende gedacht worden. Für Spieler und Spielleiter, die sich mit genannten Magiethemen auseinandersetzen, ist die Publikation durchaus lesenswert. Wer keine Angst vor Zeitaufseher Satinav hat, sollte aber am Rad der Zeit drehen und auf eine überarbeitete zweite Auflage hoffen oder die angekündigte zweite Errata abwarten.
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https://www.teilzeithelden.de/2019/02/02/rezension-polaris-in-der-tiefe-des-meeres-ist-nicht-alles-friedlich/
Eine Zukunfts-Dystopie, die in den Tiefen der Ozeane spielt. Stadtstaaten, politische Verwicklungen, unerklärliche Fähigkeiten, verlorene Technologie und natürlich: U-Boote! All das bietet das französische Rollenspiel Polaris. Wir haben einen Blick auf die englische Übersetzung geworfen, um zu sehen, ob das Spiel hält, was der Hintergrund verspricht.
Das Grundregelwerk von Polaris erstreckt sich über zwei Bücher, welche auf DriveThruRPG angeboten werden. Die beiden Bücher gehören zusammen, und in der Printausgabe werden sie auch zusammen im Schuber verkauft. Insofern erscheint es etwas verwunderlich, dass DriveThruRPG die PDFs einzeln zum Kauf anbietet. Diese Rezension behandelt das komplette Regelwerk.
Das erste Buch beinhaltet die komplette Spielwelt sowie die Charaktererschaffung. Am Ende erfolgt noch eine Einführung in die Grundregeln. Das zweite Buch beinhaltet die komplette Ausrüstung, Fahrzeuge, das Bestiarium, erweiterte Regeln und jede Menge Optionen.
Die englische Übersetzung liest sich bei beiden Büchern angenehm flüssig, was bei Übersetzungen aus dem Französischen nicht immer der Fall ist.
Die Spielwelt
Nach einer nicht näher beschriebenen Katastrophe hat sich die Menschheit wieder in die Meere zurückgezogen. Wann dies stattfand, wird ebenso im Unklaren gelassen wie die Frage, ob die Menschen überlebt haben oder von Genetikern mit übernatürlichen Kräften wieder neu erschaffen wurden. Die Genetiker selbst gelten als ausgelöscht, seit sich die Azure Alliance formiert hat, um die Menschheit von deren Herrschaft zu befreien. Trotzdem sollen sich noch einzelne Genetiker versteckt halten – aber von denen kennt man nicht mehr als den Namen. Nach dem Sieg zerfiel die Azure Alliance in einer Reihe von Kriegen. Zurück blieb die Welt, in der Polaris spielt.
Die moderne Welt hat mit einigen harten Einschränkungen zu kämpfen, mal abgesehen von dem Fakt, dass die Bewohner nahezu alle unter Wasser leben. Im Laufe der Zeit ist viel Wissen verlorengegangen, sodass zwar einiges an Technik vorhanden ist, aber nur noch wenige exakt wissen, warum diese Technik funktioniert. Außerdem hat ein Großteil der Menschheit ihre Fruchtbarkeit verloren. Einige Städte halten deshalb die wenigen noch fruchtbaren Personen in „Hausarrest mit allen Annehmlichkeiten“. Fruchtbar zu sein und dies nicht zu melden, ist ein Verbrechen. Die großen Konzerne versuchen, die Ursache für die Unfruchtbarkeit zu ergründen und ein Gegenmittel zu finden, wobei sie auch vor Experimenten am unfruchtbaren Teil der Bevölkerung nicht zurückschrecken.
Namensgebend für das Rollenspiel ist der Polaris-Effekt. So nennen sich Psi-Kräfte, die ein wenig vom Warhammer-Universum beeinflusst scheinen. Seine Anwender können unglaubliche Dinge vollbringen, aber dabei auch unglaubliches Tohuwabohu anrichten. Der Einsatz kann für Anwender und Umstehende durchaus tödlich enden. Zudem haben die Anwender Zugang zu einer Paralleldimension, für den Fall, dass ihnen ihr normales Leben mit dem Polaris-Effekt noch nicht kompliziert genug ist.
Ein vorgefertigter Charakter, Seite 1 Ein vorgefertigter Charakter, Seite 2
Das Setting an sich ist sehr beeindruckend beschrieben, ruft aber an der einen oder anderen Stelle Verwunderung hervor, sobald es an die Wissenschaft dahinter geht. Der Autor beschreibt selbst, dass er sich anfangs eher auf die möglichen Geschichten als auf die Wissenschaft konzentriert hat, und mit Letzterer bei der Überarbeitung etwas Hilfe von außen hatte. Trotz des Fantasy-Charakters der Welt scheint es hier keinen roten Faden zu geben, was die Menschen noch bauen können und was nicht mehr. Freunde der Wissenschaft sollten beispielsweise nicht allzu sehr über den Themenkomplex „Salzwasser und Süßwassergewinnung“ und alles, was da dranhängt, nachdenken. Auch ist verwunderlich, wie die Menschen tagtäglich eingesetzte Technologien oder deren Voraussetzungen vergessen konnten.
HUMANKIND WAS BORN IN THE SEAS AND IS NOW COMING BACK HERE TO DIE.
– Vulrick the Mad, einer der namentlich genannten Genetiker (Zitat vom Buchrücken)
Die Regeln
Die Regeln von Polaris sind sehr einfach. Gewürfelt wird mit einem W20 unter einen modifizierten Wert. Eine 1 ist immer ein Erfolg, eine 20 immer ein Patzer. Wenn gegeneinander gewürfelt wird, gewinnt der höhere Wurf, der kein Fehlschlag war.
Der Spielleiter kann auch entscheiden, nicht würfeln zu lassen. Dann wird der Modifikator direkt mit dem Fertigkeitswert verglichen, um abzuschätzen, ob der Charakter etwas vollbringen kann oder nicht.
Initiative im Kampf ist statisch und bestimmt sich aus dem Basiswert und einem von der geplanten Aktion abhängigen Modifikator. Treffer und Schaden benutzen eine Kombination aus Wundschwellen und Trefferzonen, wodurch auch einzelne Körperteile zerstört werden können.
Der Polaris-Effekt wird eingesetzt, indem man ihn erst ruft und dann formt. Dies sind zwei Aktionen mit eigenen Würfen. Scheitert der erste, gibt es einen Backslash mit allen möglichen zufälligen Auswirkungen. Scheitert der zweite, oder wird der Anwender durch irgendetwas unterbrochen, passiert einfach nichts. Nach dem Einsatz muss der Anwender einen Schock-Test würfeln, um zu sehen, ob der Polaris-Effekt ihn kurzzeitig ausschaltet.
Charaktererschaffung
Polaris-Charaktere haben acht Attribute mit je einer „Natural Ability“, ähnlich dem Attributs-Modifikator von D20-Spielen wie beispielsweise Pathfinder, und einen Glückswert. Diese Werte werden mit Punkten gekauft, beziehungsweise im Falle des Glückes vom Spielleiter zugewiesen. Danach bekommt man neue Punkte, von denen diverse Vor- und Nachteile und auch Mutationen gekauft werden können. Dann beginnt die eigentliche Arbeit.
Ein Großteil des Charakterbogens steht für Fertigkeiten zur Verfügung, und davon gibt es buchstäblich hunderte. Die Fertigkeiten selbst sind hoch spezialisiert, und teilweise braucht man mehrere Spezialisierungen, um die Fertigkeit überhaupt vernünftig einsetzen zu können. Die Fertigkeitswerte bestimmen sich aus einem Basiswert und dem erlernten Rang. Die Ränge bekommt der Charakter durch seinen Werdegang. Ein paar Tabellen liefern seine Vorkenntnisse, dann folgen die Berufe, in denen er bereits gearbeitet hat: Für einen Charakterpunkt hat der Charakter ein Jahr in einem Beruf gearbeitet. Für jedes Jahr erlernt er Fertigkeiten auf Basis dieses Berufes.
Der Mercenary als Beispiel für einen Beruf
Der Mercenary als Beispiel für einen Beruf
Dabei sind Voraussetzungen zwischen den Berufen zu beachten. Pro Jahr in dem Beruf darf man aus den gebotenen Fertigkeitsverbesserungen auswählen. Dabei muss man wiederum ein Auge darauf haben, dass manche Fertigkeiten nur in bestimmten Berufen überhaupt angeboten werden. Und man muss ein Auge auf die schon erreichten Fertigkeitswerte halten, denn diese werden mit zunehmender Höhe auch teurer. Zusätzlich bekommt man pro Jahr noch spezielle Berufsfähigkeiten, welche wieder ein Blättern im Buch erfordern. Man wünscht sich hier das Hardcover-Buch, in das man Klebezettelchen auf die gerade relevanten Seiten kleben kann.
Die Charaktererschaffung erinnert in ihrer Komplexität an Das Schwarze Auge und dauert auch in etwa so lange. Allerdings kommen auch sehr gut abgerundete Charaktere dabei heraus. Diese werden im Zuge der Charaktererschaffung auch stark in der Welt verankert, weil sie beispielsweise Kontakte, Gegner, Fahrzeuge, Werkstätten oder anderes ansammeln können.
Für einen schnelleren Einstieg stehen mehrere vorgefertigte Charaktere zur Verfügung. Diese sind allerdings auch nicht spielbar, ohne sich erst einmal in sie einzulesen und beispielsweise zurückzuverfolgen, welcher Wert jetzt woher kommt.
Spielbarkeit aus Spielleitersicht
Es macht Spaß, sich in die komplexe Spielwelt hineinzudenken. Die Vermischung von Technik, Psi (Polaris-Effekt) und Endzeit bildet eine gute Basis, und die Geflechte zwischen den politischen Gruppierungen bieten viel Stoff für interessante Abenteuer.
Die Charaktererschaffung liefert die Vorgeschichte der Charakter direkt mit und gibt dem Spielleiter viele Ansatzpunkte für spätere Abenteuer.
Das Core Rulebook 2 bietet viele Regeln für Ausrüstung. Diese sind direkt bei den jeweiligen Ausrüstungsgegenständen angeordnet und damit leicht zu finden, was zum Nachschlagen beim Spiel nützlich ist. Die Ausrüstung ist in verschiedene Tech-Level unterteilt, da nicht alle Enklaven der Menschheit gleich viel Technologie bewahrt haben. Gleiches gilt für Fahrzeuge, Waffen und Rüstungen. In vielen Fällen lohnt sich der Blick in diese Kapitel auch schon während der Charaktererstellung, damit man weiß, welche spezialisierten Fertigkeiten die Spieler benötigen, um die angestrebten Besitztümer auch nutzen zu können.
Außerdem bietet das zweite Buch eine gute Auswahl an Crittern, von einfachen Geschöpfen bis hin zu Monstern, bereit, auf die Spielercharaktere losgelassen zu werden.
Spielbarkeit aus Spielersicht
Die komplexe Charaktererschaffung hat Vor- und Nachteile. Die Spieler kommen bei der Charaktererschaffung mit vielen Teilen der Spielwelt in Berührung, und der Charakter wird fest in der Welt eingebettet. Dafür kostet sie aber leider auch viel Zeit. Am besten ist es, wenn sich der Spielleiter mit jedem Spieler einzeln für die Charaktererschaffung trifft und den Charakter zusammen mit dem Spieler ausformt.
Das Spiel selbst geht schnell und flüssig, allerdings ärgert man sich hier und da, wenn dem Charakter eine spezielle Fertigkeit fehlt, von der man dachte, sie sei durch eine andere mit abgedeckt, und man deshalb eine Aktion nicht ausführen kann.
Erscheinungsbild
Beide PDFs glänzen mit einem hervorragenden Layout. Der Text ist auf jeder Seite gut lesbar, Tabellen sind übersichtlich angeordnet. Die Seiten sind als Text realisiert, wodurch das Regelwerk durchsuchbar wird.
Grafisch ist Polaris ein wahrer Augenschmaus. Gedruckt gehört es zu den Regelwerken, die man sich auch nur für das Artwork ins Regal stellen kann. Die Cover sind fast schon fotorealistisch, und die Grafiken im Inneren bewegen sich zwischen realistisch und gut gemachtem Comic-Stil. Doppelseitige Karten vorne und hinten in jedem Buch helfen, sich in der Spielwelt zu orientieren. Die Grafiken schlagen sich allerdings auch in den Dateigrößen nieder: 63MiB respektive 47MiB bringen manche Lesegeräte an ihre Grenzen, vor allem, wenn man beide Bücher gleichzeitig braucht.
Leider wurde auf anklickbare Seitenzahlen im Inhaltsverzeichnis und auf anklickbare Verweise im Text verzichtet, sodass man hier die Sprungfunktion des Readers nutzen muss. Thumbnails und eine Gliederung in der Seitenleiste sind aber verfügbar, wenn der Reader diese unterstützt.
Bonus/Downloadcontent
Über DriveThruRPG kann ein kostenloses Quickstart-Abenteuer bezogen werden. Des Weiteren gibt es auf der Homepage von Polaris Charakterbögen zum Herunterladen.
Fazit
Polaris bietet ein komplexes und gut ausgearbeitetes Alternate-Earth-Setting, gut spielbare Regeln und eine sehr detaillierte Charaktererschaffung. Einsteigern werden gut ausgearbeitete Beispielcharaktere geboten.
Die Charaktererschaffung per PDF ist sehr holprig, da viel „geblättert“ werden muss. Die Lesezeichen, so der Reader welche anbietet, werden schnell selbst unübersichtlich und stoßen an die Grenzen der Nutzbarkeit.
Das Layout ist lesbar und funktional, die Grafik ist sehr gut und stimmungsvoll. Der Text ist komplett durchsuchbar, was bei der Charaktererstellung wiederum ein Pluspunkt ist. Die Übersetzung ist gut gelungen.
Die beiden PDFs Core Rulebook 1 und Core Rulebook 2 gehören zusammen und sollten, auch als PDF, nicht getrennt verkauft werden. Der Preis von 40 USD ist happig, bedenkt man, dass man für etwas mehr als das Doppelte bereits die Print-Ausgabe bekommt.
Ein Manko: Das Regelbuch deutet in den Texten alle möglichen Geheimnisse an, die es zu ergründen gilt – gibt dem Spielleiter allerdings keine weiterführenden Informationen, sodass er sich selbst überlegen muss, was der Genetiker mit seiner Aussage gemeint haben könnte.
Insgesamt ist Polaris ein gutes und vollständiges Basisset, allerdings sorgen der hohe Preis der PDFs sowie das zu zergliederte Fertigkeitssystem für Abzüge in der Bewertung. Die etwas mehr als doppelt so teure Printausgabe bietet ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis.
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https://www.teilzeithelden.de/2019/01/30/ersteindruck-kids-on-bikes-kleine-staedte-grosse-abenteuer/
Seltsame Geschehnisse und bizarre Gestalten: In manch einer Kleinstadt verbirgt sich mehr als das, was das menschliche Auge sieht – das wissen vor allem die Jüngsten unter uns. Das moderne US-amerikanische Mystery-Rollenspiel Kids on Bikes erschien 2018 bei den Renegade Game Studios und verbindet urbanes Legendentum mit einer Idee kindlicher Neugier.
Neben Kindern können auch Jugendliche oder Erwachsene gespielt werden
Free Leagues Tales from the Loop hat gezeigt, dass viele spaßige und spannende Spielstundenauf diejenigen warten, die in die Rolle von Kindern schlüpfen und sich auf Entdeckungstour begeben. Ziel einer solchen sind u. a. mysteriöse, gar unheimliche Orte, Personen und Gerüchte. Kids on Bikes fokussiert sich auf verschlafene amerikanische Vorstädte und gestattet neben kindlichen SC auch jugendliche oder gar erwachsene Charaktere. Was kompakte 80 Seiten Grundregelwerk mitbringen und was sonst noch so zwischen den Buchdeckeln steckt, wird im Anschluss genau unter die Lupe genommen.
Die Spielwelt
Im Kontrast zu Fantasy- oder SciFi-Szenarien ist die Welt von Kids on Bikes realitätsnah gestaltet. Obgleich die Spieler gemeinsam mit dem SL die Spielwelt vor Beginn des Spiels nach Belieben formen können, so ist das US-amerikanische suburbane bzw. kleinstädtische Setting fundamental. Zeitlich sind keine festen Vorgaben vorhanden, jedoch stehen den SC keine Smartphones, Tablets etc. zur Verfügung. Darüber hinausgehende vorgegebene Details sind kaum bis gar nicht vorhanden, Spielern und SL werden viele Freiheiten zum Weltenbau gelassen.
Fahrrad, Taschenlampe, Rucksack: Es geht auch ohne Hightech
Die Spieler nehmen die Rollen von Kindern, Jugendlichen oder sogar Erwachsenen ein, die aus ihren eher verschlafenen Alltagen gerissen werden, als sie Begegnungen mit dem Mysteriösen oder sogar dem Unheimlichen machen. Atmosphärisch lehnt sich Kids on Bikes damit u. a. an Netflix' Stranger Things an. Solche Assoziationen wie auch die Ähnlichkeit zur Welt jenseits des Spieltisches schaffen eine stimmige, in sich schlüssige Atmosphäre.
Als problematisch ist die zumindest teilweise vorhandene Eindimensionalität eines wiederkehrenden Kleinstadtsettings anzusehen; ein solches kann bei wiederholtem Bespielen und Ausschöpfen unterschiedlicher Aspekte und Variationen repetitiv werden. In diesem Fall wären nur eine beschränkte Wiederspielbarkeit und eine nur bedingte Kampagnenfähigkeit von Kids on Bikes gegeben.
Die Regeln
Je höher der zugeordnete Würfel ist, desto besser beherrscht der jeweilige SC den jeweiligen Stat
Die Grundlage der SC bilden die sechs Attribute, die sogenannten Stats. Diese beschreiben, worin ein Charakter begabt ist und worin eher weniger; es existieren unterschiedliche Schwerpunkte je nach Charakterkonzept.
Brains
Dieses Attribut beschreibt, über wie viel Wissen ein Charakter verfügt sowie seine Kompetenz im Erkennen logischer Zusammenhänge.
Brawn
Brawn beschreibt die Stärke eines Charakters: Wie viel kann er heben und wie viel physischen Schaden kann er einstecken?
Fight
Mit Fight wird festgelegt, ob ein Charakter sich gut oder schlecht in einem Gefecht schlägt. Bekannte Waffen können effektiv eingesetzt werden; der Umgang mit neuen Waffen wird rasch gelernt.
Flight
Wie schnell ist der Charakter – körperlich, aber auch die verbale Schlagfertigkeit betreffend? Diese Frage wird mit dem Stat Flight beantwortet.
Charm
Für einen Charakter mit einem hohen Wert in Charm ist es ein Leichtes, mit den richtigen Worten den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, wenn es einmal brenzlig wird. Auch empathische Fähigkeiten werden mit diesem Stat abgedeckt.
Grit
Grit beschreibt die Willensstärke eines SC. Wie schwer ist es, ihn emotional zu brechen? Darüber hinaus beschreibt Grit die Fähigkeit, einen kühlen Kopf zu bewahren, und definiert die Straßenschläue eines Charakters.
Die Stats verfügen über keine festen numerischen Werte. Vielmehr ist es so, dass jedem einzelnen eine bestimmte Art Würfel zugeordnet wird: Das beim jeweiligen SC am geringsten ausgeprägte Charakteristikum erhält den W4 als zugeordneten Würfel, das am stärkten ausgeprägte hingegen den W20. Die übrigen Würfelgrößen – mithin W6, W8, W10, W12 – werden auf die Stats dazwischen verteilt.
Die klassische Fertigkeitsprobe
Im Rahmen des Spiels, welches einen narrativen Schwerpunkt aufweist, gelangen die Spieler immer wieder in Situationen, in welchen sie zur Erreichung eines Wunschzustandes eine Probe ablegen müssen. Hierfür legt der SL eine Schwelle fest, die für eine erfolgreiche Probe erreicht werden muss. Im zweiten Schritt entscheidet der SL, welcher Stat genutzt wird. Er legt darüber hinaus eine Schwelle, einen Mindestwurf, fest, der für ein erfolgreiches Bestehen der Probe ge- oder übertroffen werden muss.
Der höchste Wert, der natürlich gewürfelt werden kann, ist eine 20. Der niedrigste eine 1. Allerdings gibt es in Kids on Bikes das Prinzip der explodierenden Würfel. Dies bedeutet, dass beim Würfeln des Höchstwertes des jeweiligen Würfels noch einmal gewürfelt werden darf – sofern die Probe noch nicht erfolgreich war. Dies darf solange wiederholt werden, bis nicht mehr der Höchstwert gewürfelt wird oder die gesetzte Schwelle übertroffen wurde.
Beispiel: Ein SC wird von Feinden bedrängt. Er könnte mit Flight der Situation entfliehen, müsste aber aufgrund der aktuellen Situation (von mehreren Gegnern umzingelt) eine vom SL festgelegte Schwelle von 13 übertreffen. Alternativ könnte der betroffene SC eine Brawn-Probe ablegen, um die Feinde einzuschüchtern. Hier läge die Schwelle allerdings bei 17, da der SC keinesfalls von eindrucksvoller Statur (und darüber hinaus in der Unterzahl) ist.
Der Spieler entscheidet sich für eine Probe auf Flight.
Für diesen Stat darf der SC einen W8 würfeln. Er würfelt eine 8. Dank des Prinzips des explodierenden Würfels darf der Spieler noch einmal würfeln. Er würfelt eine 6. Insgesamt entsteht ein Wert von 14. Die Probe war damit erfolgreich, der SC kann der Situation entkommen.
Je höher der Wurf hierbei ausfällt, desto einfacher gelingt die beprobte Handlung bzw. desto mehr positive Nebeneffekte sind möglich. Dies gilt andersherum auch für das Nichterreichen der Schwelle. Je weiter diese unterschritten wird, desto negativer fallen die Konsequenzen aus.
Darüber hinaus erhält der Spieler beim Scheitern einer Probe einen sogenannten Adversity Token. Dieser kann zu einem späteren Zeitpunkt zum Modifizieren einer anderen Probe eingesetzt werden.
Die Probe im Kampfkontext
Kommt es zu einer Kampfhandlung, werden reguläre Proben (z. B. Fight) ausgeführt. Dann jedoch, wenn gegen einen anderen Charakter angetreten wird, findet eine konkurrierende Probe statt.
Die Auswirkungen der vergleichenden Würfe sind in einer Tabelle auf Seite 36 zusammengefasst
Beispiel: Der Angreifer attackiert mit Fight. Nun kann sich der Angegriffene entweder mit Brawn zur Wehr setzen oder mit Flight fliehen. Die beiden Proben werden vom jeweiligen SC/NSC gewürfelt.
Je nachdem, zu wessen Gunsten und in welcher Höhe die Differenz ausfällt, wird das Spiel fortgesetzt. Ist ein SC die siegreiche Partei, erhält er temporären erhöhten Einfluss auf den narrativen Fortgang der Handlung.
Interessant ist an dieser Stelle, dass es in Kids on Bikes keine Lebenspunkte gibt. Leben und Sterben liegen laut Grundregelwerk dicht beieinander; eine erfolgreiche Attacke gegen einen Feind kann, wenn der Wert der Angriffsprobe über dem Wurf des Verteidigers liegt, tödlich ausgehen.
Planned Actions vs. Snap Decisions
Planned Actions erlauben das Durchführen einer Handlung mit keinem oder wenig Zeitdruck in passenden Bedingungen und mit geeigneten Utensilien. Hier kann auf Wunsch des Spielers statt zu würfeln auch einfach die Hälfte des maximalen Würfelwerts des jeweiligen Stats eingesetzt werden. Hat der Spieler einen W20 zur Verfügung, kann er die Probe – ohne tatsächlich zu würfeln – im Rahmen einer geplanten Handlung mit dem Wert 10 abschließen. Auch Adversity Token, die für fehlgeschlagene Proben vergeben werden, können eingesetzt werden; dies von allen helfenden SC, um das Ergebnis der Probe zu verbessern. Darüber hinaus können die SC hier zusammenarbeiten.
Bei den sogenannten Snap Decisions, also Entscheidungen oder Handlungen, die wesentlich spontaner sind und oft unter Zeitdruck stehen, muss gewürfelt werden. Ein Zusammenarbeiten entfällt und lediglich eigene Adversity Token können die Probe aufwerten. Die Handlung steht unter Zeitdruck oder anderen Negativprämissen.
Dank der detaillierten Erklärungen, Beispiele und Tabellen innerhalb des Regelwerkes sind die Regeln zugänglich. Die nicht gerade umfangreiche Ausführung von Kids on Bikesermöglicht ein schnelles Nachschlagen; komplexe Rechnungen zum Nachprüfen der Proben sind zu keiner Zeit nötig.
Positiv ins Auge fallen die Bemühungen der Autoren, dass SL und Spieler sich zu jeder Zeit wohl in der Spielwelt und mit ihren Charakteren fühlen. An unterschiedlichen Stellen im Regelwerk wird betont, dass der Abbruch einer Situation immer möglich ist, sofern jemand sich in dieser nicht gut fühlt. Gleiches gilt für Charakterkonzepte oder Aspekte innerhalb der gemeinsam gestalteten Spielwelt. Gefallen sie nicht jedem bzw. sorgen sie dafür, dass das Wohlergehen eines Spielers nicht gewährleistet ist, wird von ihnen Abstand genommen.
Charaktererschaffung
Entgegen des Namens des Systems, Kids on Bikes, können auch Jugendliche und sogar Erwachsene gespielt werden. Je nach Altersstufe gibt es verschiedene Vorteile, Kinder erhalten z. B. + 1 auf Charmsowie +1 auf Flight. Interessant ist die Diversität innerhalb der Charaktererstellung: Herkunft, Ethnie, sexuelle Ausrichtung können einen Charakter ebenso auszeichnen wie eine körperliche Einschränkung oder Verhaltensweisen jenseits eines neurotypischen Verständnisses.
Die Erstellung eines SC gestaltet sich wie folgt:
Jede Trope weist festgelegte Stats und mögliche Stärken/Schwächen auf
Eine Trope, d. h. der klischeehafte Stereotyp eines Charakterkonzepts wie beispielsweise das des beliebten Kindes oder des Verschwörungstheoretikers, wird ausgewählt. Sodann werden das Alter, die Stärken ("strengths") und Schwächen ("flaws") festgelegt. Ergänzend hinzu kommt der Vorname des SC und es erfolgt eine Definition der Verhältnisse des Charakters zu übrigen SC. Hierzu werden Fragen im Regelwerk angeboten, die die Festlegung solcher Verbindungen kreativ und abwechslungsreich gestalten.
Anschließend sollten die Motivationen ("motivations") und Ängste ("fears") festgelegt werden. Der SC erhält außerdem einen Nachnamen sowie eine erste rucksackgeeignete Ausrüstung. Final sind zwei Fragen zu beantworten, die je nach gewählter Trope variieren.
Alternativ kann ein SC auch von Grund auf gebastelt werden. Hier wird dann keine Trope ausgewählt, sondern ein leerer Charakterbogen (Seite 75) zur Hand genommen und eine Verteilung der Stats erfolgt. Eine solche ist bei der oben beschriebenen Version der Charaktererstellung bereits in der Trope mit inbegriffen. Diese Methode nimmt mehr Zeit in Anspruch, gestattet aber mehr Individualität als der Charakterbau auf Basis der Tropen.
Der einseitige Charakterbogen besticht durch Übersichtlichkeit und Minimalismus
Die SC sind allesamt weltlich. Es gibt jedoch innerhalb des Systems auch Charaktere mit besonderen Fähigkeiten („poweredcharacters“). Ein solcher wird laut Regelbuch seitens des SL etabliert, aber mithilfe von Karteikarten, die unterschiedliche Eigenschaften und Fähigkeiten aufzeigen, auch von den Spielern gesteuert. Ein solcher Charakter ist in der Lage, übernatürliche Fähigkeiten wie beispielsweise Telepathie und Wetterkontrolle einzusetzen.
Die Charaktererstellung ist kurzweilig und auch für Einsteiger bzw. Neulinge leicht verständlich. Dem Zufall wird kein Einflussbereich eingeräumt; die Spieler können den Charakter ohne risikobehaftetes Auswürfeln kreieren. Am Ende des Erstellungsprozesses stehen primär junge Menschen, die mehr mit sehr weltlichen und weniger mit absonderlichen Fähigkeiten zu überzeugen wissen. Sie stehen realweltlichen Personen in nichts nach.
Erscheinungsbild
Die PDF-Version von Kids on Bikes, die in diesem Artikel betrachtet wird, ist übersichtlich gestaltet: Absätze, Zwischenüberschriften und Hervorhebungen in Kursivschreibung und/oder Fettdruck sorgen für eine angenehme Leseerfahrung. Zu keiner Zeit sieht sich der Leser mit Textblöcken konfrontiert, die nur mit Mühe zu bewältigen sind. Immer dann, wenn ein Beispiel zum besseren (Regel-)Verständnis aufgeführt wird, ist dies farbig hervorgehoben. Kleine oder auch ganzseitige Illustrationen werten die Optik von Kids on Bikes auf und sorgen für Abwechslung,
Sprachlich weist das Regelwerk nur an wenigen Stellen nennenswerte Komplexität auf, sodass es sich durchaus auch für Leser eignet, die Englisch als Zweit- oder Drittsprache gelernt haben.
Kids on Bikes ist sowohl als PDF- als auch als Softcover-Variante erhältlich. Darüber hinaus gibt es eine Hardcover-Version, die neben zusätzlichen Illustrationen auch einen Comic sowie ein Beispielabenteuer enthält. Die Hardcover-Version ist auf der Website der Renegade Game Studios erhältlich.
Mit 80 Seiten, die die PDF- sowie die Softcover-Variante aufweisen, ist das Regelwerk zu Kids on Bikes alles andere als umfangreich. Das Fehlen eines Indexes kann somit allein vom Inhaltsverzeichnis aufgefangen werden. Ergänzend hierzu und zum Aspekt der Lesefreundlichkeit ist der Inhalt bzw. das Setting nahe genug an unserem Alltag dran, um die Einstiegshürde in das Rollenspiel niedrig zu halten.
Bonus/Downloadcontent
Auf der offiziellen Website der Renegade Game Studios stehen neben den Charakterbögen (Kind, Jugendlicher, Erwachsener sowie Universalbogen) die sogenannten “Ashcan” Rules zur Verfügung, die einen frühen Regelentwurf darstellen, welcher die Kickstarter-Kampagne von Kids on Bikes angekündigt bzw. beworben hat. Darüber hinaus wird der Download des Playbooks angeboten, welches in Teilen vorgefertigte Charaktere bzw. Tropen anbietet, sodass ein schneller Spieleinstieg möglich ist.
Fazit
Das verfluchte leerstehende Haus am Ende der Straße, Aliensichtungen im Kornfeld oder ein gruseliger Nachbar – möglicheAufhänger für ein Abenteuer in Kids on Bikes gibt es viele. Die Spieler finden sich als kindliche, jugendliche oder erwachsene Charaktere innerhalb eines klassischen US-amerikanischen Kleinstadtszenarios wieder. Von ihrer eigenen Neugier getrieben geht es auf Entdeckungstour.
Das klassische US-amerikanische Kleinstadtszenario
Die Lektüre des kompakten Regelwerks bildet die Grundlage dieses Ersteindrucks. Das Regelwerk ist ansprechend gestaltet und lässt sich inhaltlich leicht erschließen. Dies auch aufgrund des zugänglichen Regelsystems. In Verbindung mit einer realitätsnahen Settingidee sowie einer raschen Charaktererstellung entsteht eine nur sehr niedrige Einstiegshürde, die Kids on Bikes auch für Einsteiger attraktiv macht. Es eignet sich überdies aus den gleichen Gründen als spontaner Zeitvertreib, denn viel Leseaufwand zum Spielen ist nicht gegeben.
Das Bestreben der Autoren, dass jeder Spieler sich zu jeder Zeit wohl in seiner Rolle fühlt, ist an dieser Stelle lobend zu erwähnen – ebenso wie der hohe Grad an Diversität im Rahmen der Charaktererstellung.
Negativ zu bedenken ist die verringerte Wiederspielbarkeit des Systems, denn die Grundzüge des Settings dürften sich rasch wiederholen. Die Kampagnentauglichkeit erleidet deswegen ebenfalls Einbußen. Einige Fans des Settings verweisen auf die inhaltliche Ähnlichkeit zu Modiphius' Tales from the Loop, die zwar nicht als Kritikpunkt per se anzusehen ist, jedoch eher dazu führt, dass entweder das eine oder das andere System gespielt wird und somit eine grundlegend kleinere Zielgruppe vorhanden ist.
Wer eine spannende, mit gruseligen und mysteriösen Aspekten gespickte Abwechslung zu fantasy- oder scifi-lastigen Systemen sucht, kann bedenkenlos einen Blick zwischen die Buchdeckel von Kids on Bikes werfen. Das Regelwerk, welches des Öfteren reduziert bei DriveThruRPG zu erhalten ist (und beispielsweise Halloween 2018 kostenlos im Rahmen eines Suchspiels angeboten wurde), verspricht viele Stunden gemeinsame Freude, ohne SL und Spielern vorab umfangreichen Leseaufwand aufzuzwingen.
Also, prüft die Fahrradketten und packt Ersatzbatterien für die Taschenlampe ein – wir treffen uns um acht am alten Rathaus.
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https://www.teilzeithelden.de/2019/01/31/rezension-capers-kanadischer-whisky-und-superkraefte/
Wirtschaftlicher Aufschwung, Alkoholverbot, Verbrechen und … Superkräfte? Die Roaring Twenties bzw. Goldenen Zwanziger, in denen sich der Jazz verbreitete, Art Deco en vogue war und Al Capone zu einer großen Nummer der Mafia wurde - CAPERS mixt all das mit neuen Elementen, und wir haben einen Schluck dieses Drinks probiert.
Es gibt viele interessante Zeitabschnitte in der Geschichte, die Goldenen Zwanziger sind einer davon. Zwischen Weltkrieg und großer Depression entspann sich eine Zeit voller Überfluss, besonders in Amerika. Der Tonfilm entwickelte sich, das Automobil löste nach und nach den Pferdewagen ab, und die neuen Radios spielten allgegenwärtig Jazz. Neue Architekturstile spiegelten den Aufschwung wider, und das organisierte Verbrechen hatte überall seine Finger drin. Man denkt an berühmte Mafiosi, große Partys wie bei The Great Gatsby, Mode, Musik, Tanz und soziale Revolution.
Die Spielwelt
Von den neuen alten Zwanziger Jahren
CAPERS spielt in den USA der 1920er Jahre, behält sich aber vor, einige Fakten zu ändern. So werden Themen wie Rassismus oder die sozialen Unterschiede zwischen Männern und Frauen abgeändert. Auch Homosexualität ist kein Tabu, sondern akzeptierter Bestandteil der Spielwelt. Um das glaubhaft umzusetzen, verleiht das Spiel einigen berühmten Persönlichkeiten ein neues Geschlecht, eine andere sexuelle Ausrichtung oder es wird ethnische Varianz eingeführt, wo realhistorisch keine war. Das romantische Ideal der Zwanziger Jahre wird angestrebt und durch moderne Wertvorstellungen ergänzt.
Eine weitere Änderung sind die namensgebenden Capers. Der Begriff geht auf einen Vorfall in der Spielwelt zurück, bei dem ein Mann mit außergewöhnlichen Fähigkeiten bei einem Verbrechen erwischt wurde: der „Daring Caper in Omaha“. Kurz gesagt sind Caper Menschen mit teils spektakulären Fähigkeiten. Darunter fallen übernatürliche Stärke, ein Greifschwanz oder die Möglichkeit, einen Strahl aus Eis zu entfesseln. Insgesamt stehen 40 dieser Kräfte zur Verfügung, jede davon mit verschiedenen Variationen. Wann immer eine solche Fähigkeit eingesetzt wird, begleitet sie ein spektakulärer Effekt. Natürlich versucht das Militär seit Bekanntgabe des Vorfalls, diese „Ressource“ für sich nutzbar zu machen.
In dieser romantisierten Version der echten Welt stehen die USA im Mittelpunkt, obwohl die Autoren darauf hinweisen, dass auch andere Länder der Erde bespielt werden können. Ausgearbeitet sind sie aber nicht. Im Kern geht es um Verbrecher und Ermittler, die besonders durch die Prohibition immer wieder aneinandergeraten. Spieler können beide Seiten wählen: Entweder verkörpern ihre Charaktere die Verbrecher oder das Gesetz. Es geht um Whisky-Schmuggel und Schwarzbrennerei, um Untergrundclubs und Bestechungsgeld – und alles dazwischen.
Ist die Spielwelt trotzdem glaubhaft?
Das Regelwerk bietet einen guten Einblick in die USA der Zeit, hilft an vielen Stellen mit Begriffen oder durch Illustrationen. Besonders hervorzuheben sind die Hintergrundinformationen zu wichtigen Städten der Zeit, denn dieser Aspekt umfasst beinahe ein Viertel des Gesamtumfangs von CAPERS. Zu Atlantic City, Chicago und New York City gibt es die meisten Informationen, Plot Hooks und sehr schön gestaltete Karten. Atlanta, Boston, Cincinnati, Detroit, Kansas City, Louisville, Miami, Milwaukee, New Orleans und Philadelphia erhalten weniger Aufmerksamkeit, aber wie bei den ersten drei Städten, erfährt man neben einer allgemeinen Beschreibung auch hier etwas über wichtige Organisationen und Personen, die teils mit Werten versehen wurden.
Alles in allem, hat man die Prämissen akzeptiert, dass die Menschen der Zeit moderneren sozialen Ansprüchen folgen und es Caper gibt, ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild einer Spielwelt, die zugänglich und offen dargestellt wird. Durch viele bekannte Filme und Bücher ist die Schwelle aber auch nicht besonders hoch. Das Gefühl der idealisierten 1920er wird durch das Regelwerk trotzdem sehr gut transportiert. Das Regelsystem verstärkt diesen Eindruck.
In der GM-Toolbox finden sich zusätzliche Ideen und Veränderungen für CAPERS. So könnte man unter anderem Androiden einbauen, Tiere mit Kräften zulassen oder als besonderes Setting das „Stone Beach Prison“ einbauen, in dem sich Spieler zurechtfinden müssen.
Die Regeln
CAPERS benötigt keine Würfel, sondern Spielkarten. Genauer gesagt ein Poker Deck. Noch genauer gesagt benötigt jeder Spieler und der Spielleiter ein eigenes Poker Deck. Wenn Proben anfallen, werden Karten von einem Stapel gezogen. Der Stapel wird immer auf Ansage des Spielleiters gemischt, spätestens aber am Ende einer Szene, oder wenn keine Karten mehr übrig sind.
An dieser Stelle sei ein Hinweis gegeben: Da es zwischen englischem und deutschem Vokabular eklatante Unterschiede gibt, sollte man sich im Vorfeld auf eine einheitliche Ausdrucksweise einigen. Wir haben uns für die deutsche Variante entschieden, um eine bessere Lesbarkeit zu gewährleisten. Suit wird im Folgenden als Farbe bezeichnet und meint Pik, Herz, Karo und Kreuz. Rot und schwarz heißen Color und werden in diesem Artikel als Kartenfarbe betitelt. Als Value werden die auf den Karten stehenden Werte benannt, also die Zahlen zwischen 2 und 10, Bube, Dame, König, Ass und die Joker. Auf Deutsch nennen wir das den Wert.
Mit Karten ziehen zum Erfolg
Beispiel für eine Probe
Die Charaktere in CAPERS haben sechs traits (Attribute) und eine unterschiedliche Anzahl an skills (Fertigkeiten). Die Attribute Charisma, Agility, Perception, Expertise, Resilience und Strength sind für Rollenspielkenner in einer seltsamen Reihenfolge angeordnet, aber nicht zufällig ergeben sie mit ihren Anfangsbuchstaben zusammen den Titel des Regelwerkes.
In der Regel liegen sie zwischen eins und drei und zeigen an, wie viele Karten vom Stapel gezogen werden dürfen, wenn eine Probe ansteht. Hat man eine passende Fertigkeit, darf eine Karte mehr gezogen werden. Die Anzahl an Karten, die man ziehen darf, bildet den Card Count. Dabei kann man jederzeit stoppen und die momentan gezogene Karte als Endergebnis werten lassen. Als Zielwert gelten feste Schwierigkeitsgrade oder die Defensivwerte des Gegenübers.
Beispiel 1: Roger möchte einen Kistenstapel umstoßen. Die Kisten sind schwer, deswegen ist es eine herausfordernde Aufgabe und erfordert eine Karte mit dem Wert 10 oder höher. Er hat einen Stärkewert von 2 und keine passende Fertigkeit, darf also zwei Karten aufdecken. Als erstes deckt Roger eine 4 auf und hätte diese Probe nicht bestanden. Glücklicherweise zieht er danach einen Buben, der einer 11 entspricht, und ihm gelingt sein Vorhaben.
Beispiel 2: Es kommt zu einem Faustkampf und Roger möchte seinem Kontrahenten eine verpassen. Er hat immer noch 2 Strength und die Fertigkeit Fisticuffs, die den unbewaffneten Kampf darstellt. Er darf also drei Karten aufdecken. Sein Gegner hat einen Verteidigungswert von 9. Wenn Roger eine 9 oder höher aufdeckt, gelingt sein Schlag.
Von Freiheiten und Glücksspiel
Es können weitere Modifikatoren die Anzahl an zu ziehenden Karten verändern, sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. Attribute und Fertigkeiten können beliebig kombiniert werden, solange es einen logischen Zusammenhang gibt. So kann man beispielsweise mit Charisma/Guns eine Bühnenshow mit Waffen veranstalten, mit Agility/Guns schießen, mit Strength/Guns damit zuschlagen oder mit Expertise/Guns diese zerlegen oder zusammensetzen.
Stellt der Wert einer Karte dar, ob man Erfolg hat oder nicht, so legt die Farbe fest, wie gut der Erfolg war. An dieser Stelle wird das System das erste Mal kompliziert. Das liegt nicht nur an den Schwierigkeiten mit den Begriffen. Grundsätzlich kann man festhalten, dass Erfolge und Fehlschläge mit roten Farben keine zusätzlichen Effekte haben.
Ein Erfolg mit Pik verschafft dem Spieler einen Boon, also einen Vorteil. Beispiele dafür werden ausführlich beschrieben und reichen von Bonusschaden bis hin zum Erhalt von zusätzlichen Informationen bei einer Befragung. Bei einem Misserfolg mit Pik, erhält er Motivation, die ihm die Sonderressource Moxie für den nächsten Zug gewährt (und nur für den).
Pokerchips können dem Spieltisch noch mehr Ambiente verleihen
Gelingt eine Probe und die Karte zeigt Kreuz, hat man Pech, denn eine Komplikation entsteht. Der Erfolg wird nicht beeinträchtigt, aber vielleicht verliert der Charakter einen Gegenstand, während er über den Abgrund balanciert oder verletzt sich aus Versehen. Noch schlimmer trifft es einen, dem eine Probe mit einer Kreuzkarte misslingt. Das Resultat ist ein Botch (zu Deutsch etwa Pfusch oder Murks), durch den vielleicht eine Person verärgert wird, die man betören wollte, oder man wird sogar ohnmächtig.
Schaden berechnet sich je nach Waffe nach der aufgedeckten Karte mit eventuellem Bonus. Waffenlose Schläge machen Schaden nach Kartenfarbe, stärkere Waffen dann auch mal nach Farbe oder sogar Farbe+1. Pik hat einen Schadenswert von vier, Herz von drei, Karo von zwei und Kreuz von eins. Die Kartenfarbe Schwarz steht für zwei und Rot für einen Schaden.
Beispiel: Roger, der seinen Gegner jetzt lange genug studiert hat, holt aus und schlägt zu. Er deckt von seinen drei möglichen Karten die erste auf, und es ist eine Kreuz 9. Die Verteidigung des fiesen Gesellen auf der Gegenseite ist 9 und Roger würde ihn treffen, aber eine Komplikation in Kauf nehmen. Jetzt kann sich Roger entscheiden, ob er es riskieren will, eine weitere Karte zu ziehen, oder den Erfolg trotz der Komplikation zu akzeptieren. Bleibt er bei der Kreuz 9, verursacht er mit seinem Faustschlag Schaden in Höhe der Kartenfarbe (schwarz), also in diesem Fall zwei.
Spezialfälle können alles verändern
Es gibt zwei Arten von Sonderkarten: Asse und Joker. Asse bescheren einen sofortigen Erfolg und einen Boon. Das Pik Ass gewährt somit sogar zwei Boons, einen für das Ass und einen, weil es Pik ist. Joker müssen vor dem Spiel markiert bzw. bestimmt werden. Es gibt einen guten und einen bösen Joker. Der gute Joker sorgt für Erfolg und Boon und zusätzlich darf man noch einmal handeln. Der böse Joker verkündigt den sofortigen Fehlschlag, einen Botch und das Ende des Zuges.
Die Sonderressource Moxie erhalten Spieler zu Beginn der Sitzung, für gutes Rollenspiel, Charakterentwicklung und ähnliche Dinge. Mit Moxie kann man zum Beispiel seinen Card Count erhöhen, erlittenen Schaden verringern oder noch einmal in seinem Zug handeln.
Insgesamt funktionieren die Regeln gut. Nach einer Eingewöhnungsphase sind Proben schnell und mit gewisser Spannung abgehandelt, denn die Karten bringen den Aspekt des Glücksspiels an den Tisch und schaffen so eine Verbindung zur Spielwelt. Die Unterschiede zwischen den Charakteren sind aber eher gering, da sich die Card Counts nur marginal unterscheiden.
Charaktererschaffung
Spieler sind immer außergewöhnlich
Es dauert nicht lange, einen Charakter zu erschaffen. In wenigen Schritten hat man den Charakterbogen gefüllt und kann losspielen. Vor der eigentlichen Erschaffung muss man sich jedoch einigen Entscheidungen stellen: Will man Krimineller oder Gesetzeshüter sein? Möchte man ein Caper sein, mit allen Vor- und Nachteilen, oder ein Exceptional, also ein herausragender Mensch ohne magische Fertigkeiten. Exceptionals können zum Ausgleich so genanntes Trem-Gear erhalten, das sind Waffen oder Gegenstände, die die Fähigkeiten der Caper imitieren. Außerdem wählen sie besondere Perks (Vorteile).
Lügen hilft jetzt wohl nicht mehr
Dann bestimmt man ein Konzept (Fluchtwagenfahrer, Gangster, Scharfschütze, …), das frei ausgedacht sein kann und als Richtlinie für die Erstellung dient, Name, Aussehen und die drei Charakteranker Identity, Virtue und Vice (Identität, Tugend und Laster). Die Anker spiegeln wichtige Charaktermerkmale wider und sind für den Zugewinn von Moxie mit entscheidend. Sie können auch bestimmt werden, indem man Karten zieht.
Bei den harten Zahlen werden zuerst die Attribute festgelegt: Ein Attribut muss den Wert 1 haben, eines den Wert 3 und der Rest erhält den Wert 2. Die festen Verteidigungswerte errechnen sich aus den Werten der Attribute: je höher das Attribut, desto besser die Verteidigung. Daraufhin werden Skills (Fertigkeiten) vergeben. Jeder Charakter bekommt aus einer Liste von 18 Fertigkeiten mindestens drei. Je höher der Expertise-Wert ist, desto mehr Fertigkeiten hat man.
Ist das erledigt, kommt der spannende Teil, denn jetzt wählen Caper ihre Powers und Exceptionals ihre Perks und eventuelles Trem-Gear. Das System erlaubt eine hohe Flexibilität an diesem Punkt der Erstellung. Es gibt Minor Powers und Major Powers, die in der Regel noch mehrere Stufen haben und verschiedene Varianten (so genannte Buffs) erlauben. Es gibt Perks, die das Tempo erhöhen oder besondere Widerstände gewähren. Die Auswahl ist leider recht klein.
Anschließend berechnet man die körperliche und mentale Widerstandskraft, die Trefferpunkte und das Lauftempo. Den Abschluss bilden Moxie, wovon man zu Beginn drei hat, das abstrakte Level, welches natürlich eins ist und weitere Ausrüstung, die man für seine 150 Dollar kaufen kann.
Anschaulich dargestellter Charakterbogen mit Farbmarkierungen zur Erläuterung
Wenn man sich nicht mit allen Powers einzeln befassen will, dauert die Erstellung im günstigsten Fall unter 20 Minuten, und man hat nicht das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Sie ist einfach zu verstehen, übersichtlich und durchaus gelungen. Wählt man die drei Anker aber zufällig, indem man Karten zieht, kommen oft seltsame, sich gegenseitig ausschließende oder wenigstens behindernde Eigenschaften heraus, weshalb das nicht zu empfehlen ist.
An dieser Stelle sei noch ein Wort zur Charakterentwicklung gesagt: Das Regelwerk geht von einem Stufenaufstieg alle zwei bis drei Spieleabende aus, wobei der höchste gelistete Charakter im Buch Stufe 5 hat. Diese Stufe ist also recht schnell erreicht, was darauf schließen lässt, dass lange Kampagnen mit diesem System nicht möglich sind.
Spielbarkeit aus Spielleitersicht
Dem Spielleiter werden viele Hilfen an die Hand gegeben. So finden sich eine ganze Menge NSC, darunter Tiere, normale Bewohner, Exceptionals und Caper verschiedener Bekanntheitsgrade und Level vollständig ausgearbeitet in den verschiedenen Kapiteln. Die Plot Hooks und Karten eignen sich wunderbar, schnell ins Spiel einzusteigen, und das ganze System lädt zum Improvisieren ein. Durch das Aufdecken der Karten kann man eine dynamische und schnelle Welt darstellen, ohne lange Würfel zählen oder Panzerungswerte vergleichen zu müssen. Die 1920er Jahre eignen sich gut als Setting, doch sind weder die Powers, noch die Perks oder das Trem-Gear wirklich notwendig für das Setting. Manche Informationen fehlen aber einfach. So gibt es zum Beispiel keine Angaben zu Fahrzeugwerten und -geschwindigkeiten in Relation zu anderen. Hier stellt sich heraus, dass das System viele Freiräume lässt, was man gutheißen kann oder nicht.
Spielbarkeit aus Spielersicht
Als Caper setzt man seine Fähigkeiten eher selten ein, da das im schlimmsten Fall Probleme mit sich bringen kann, wenigstens aber Aufmerksamkeit. Vielleicht ändert sich das nach einiger Zeit. Die Spieler empfanden das System als spannend und angenehm, vermissten aber Unterschiede zwischen den Charakteren. Charaktere, die in bestimmten Bereichen besonders stark sind, können diese Stärken nicht unbedingt zeigen, was schade ist.
Erscheinungsbild
Der Comicbuchstil von CAPERS ist einheitlich, gut gemacht und bereichert das Setting. Kapitelüberschriften im Art Deco-Stil und viele sinnvolle Zwischenüberschriften machen das Lesen angenehm und das Regelwerk übersichtlich. Der Text wird durch kleine Geschichten, Tabellen und Illustrationen aufgelockert. Lange Suchphasen während des Spiels entfallen durch das geordnete Inhaltsverzeichnis, ein Glossar und weitere Appendizes inklusive umfangreichem Index. Für Spieler gibt es eine Regelzusammenfassung auf einer Seite, und der Charakterbogen ist ebenso kurz. Letzteres sorgt für beengte Verhältnisse auf dem sonst schönen Blatt.
Bonus/Downloadcontent
Das Kernsystem des Spiels wurde unter der Creative Commons Lizenz veröffentlicht und ist damit auch frei verfügbar. Nähere Informationen dazu finden sich auf der Seite von NerdBurger Games.
Es gibt eine Vielzahl an Zusatzmaterialien. Darunter ein kostenloses Abenteuer mit dem Titel "Rivals", digital ausfüllbare Charakterblätter und viele weitere Hilfen und Zusätze. Auch einige nicht kostenlose Ergänzungen wie zum Beispiel Spielkarten mit dem CAPERS-Motiv auf der Rückseite sind bereits erschienen.
Fazit
Beim CAPERS RPG handelt es sich um ein in den idealisierten Goldenen Zwanzigern angesiedeltes Rollenspiel, in denen Charaktere Superkräfte haben können. Das Setting wird übersichtlich und anschaulich beschrieben sowie mit Illustrationen im Comic-Stil unterstrichen, und die Atmosphäre wird gut vermittelt. Einfache und funktionale Regeln erleichtern den Einstieg und durch das Poker Deck, das die Würfel ersetzt, wird ein schönes Element an den Spieltisch gebracht.
Ein Charakter ist schnell erstellt, aber leider ist das System nicht auf lange Kampagnen ausgelegt. Dem Autor lag offensichtlich am Herzen, alle fesselnden Merkmale der 1920er darzustellen, ohne auf moderne soziale Errungenschaften verzichten zu müssen, und stellt den Spaß in den Vordergrund. Mit vielfältigen Ergänzungen kann das Spiel variiert werden, und zahlreiche Hilfsmittel erleichtern das Leben des Spielleiters. Für einen geringen Preis erhält man kein perfektes, aber lohnenswertes Rollenspiel, das wirklich Spaß macht, wenn man keine langwierigen Kampagnen plant.
Die Rezension basiert auf der ausführlichen Lektüre des Regelwerkes und Planung sowie Durchführung eines OneShots.
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