Bereits seit einiger Zeit veröffentlich Pegasus Material aus dem – leider eingestellten – „Cthulhu“-Hausmagazin „Cthuloide Welten“ unter dem Titel „Cthuloide Welten Archiv“ als PDF. Mit „Schwanengesang und andere Abenteuer“ liegt nun ein weiteres Mal eine Sammlung beliebter Abenteuer aus dem Magazin vor. Doch ist die Zusammenstellung gelungen?
Vorab folgt die obligatorische Spoilerwarnung. Eine Rezension von Abenteuerszenarien vermag kaum komplett ohne Hinweise auf die Handlung auszukommen. Ich möchte also Lesern, welche die Abenteuer noch als Spieler erleben möchten anraten, bis zum Fazit vorzuspringen.
Eröffnet wird die vorliegende Abenteuersammlung gleich vom titelgebenden Szenario „Schwanengesang“. Eine Wandergruppe trifft im nahe Düsseldorf gelegenen Neandertal auf die grausam entstellte Leiche einer jungen Frau. Den von der Polizei zu Rate gezogenen Charakteren steht eine umfangreiche Recherche in der Welt der Operetten bevor, handelt es sich bei der Toten doch um eine erfolgreiche Sopranistin. Auf der Spur nach den Hintergründen der Tat stoßen sie recht bald auf zwei junge Männer, die mehr als verdächtig erscheinen. Doch es wird nicht leicht sein, sie des Verbrechens zu überführen… „Schwanengesang“ ist ein für das deutsche Cthulhu typisches Rechercheabenteuer. Allerdings ist es mit einer Menge Lokalkolorit angereichert und geht sogar das ernste Thema des in der Weimarer Republik aufkeimenden Nationalsozialismus an. Die Antagonisten und ihre schützenden Hintermänner sind spannend gewählt und ein großartiger Roter Hering ist ebenfalls ausgelegt. Für Fans von Detektivabenteuern absolut empfehlenswert.
Etwas klassischer wird es dann mit dem zweiten Szenario, „Die versunkene Stadt“. Dieses übersetzte Chaosium-Abenteuer führt die Charaktere nach Marokko, genauer gesagt in die Wüste, wo sie sich auf die Suche nach der geheimnisvollen Stadt Katuris begeben. Haben sie die Widrigkeiten einer Reise durch die Wüste erfolgreich überstanden erwarten sie außerweltliche Schrecken… „Die versunkene Stadt“ ist letztendlich ein cthuloider Dungeoncrawl – und damit eine echte Abwechslung zu vielen Szenarien aus deutscher Feder. Gut gefallen haben mir die Ausarbeitungen und Regelvorschläge für die Reise durch die Wüste. Einmal in der Stadt angekommen zeigt sich jedoch, dass das „Cthulhu“-Regelwerk nicht auf dungeoncrawling ausgelegt ist und den Charakteren die typischen Handlungsoptionen eines Fantasy-Rollenspiels fehlen. Stimmungsvoll geht es aber unbestritten zu.
Das dritte Abenteuer heißt „Suite 608“ und führt die Charaktere in ein Spukhotel der besonderen Art. Einer außerirdischen Wesenheit, die sich in dem Hotel eingenistet hat, ist sehr daran gelegen, bestimmter Personen habhaft zu werden, die einen Teil ihrer Essenz in sich tragen. Dummerweise trifft das auch auf einige oder alle Charaktere zu, die sich nach anfänglichen angenehm gruseligen Spukereignissen später wirklich massiv bedroht sehen. Viele gut ausgearbeitete Nichtspielercharaktere, die Freund wie Feind gleichermaßen für die Gruppe werden können bereichern das Szenario, dass mit einem wirklich denkwürdigen Finale ausgestattet ist, an dessen Ende wahrscheinlich kein Stein mehr auf dem anderen steht. Ergänzt wird dieses Abenteuer noch um einen Artikel zum „Hotel Arcadia“, der ein typisches Grand Hotel in den 1920ern vorstellt und gerade im Zusammenhang mit „Suite 608“ viele interessante Informationen bietet.
Wie auch bei den vorhergegangenen „Cthuloide Welten Archiv“-PDFs wurde für die Wiederveröffentlichung das gesamte Layout wurde an das bekannte Layout der 3. Edition angepasst. Die grandios gemachten Handouts sind ein weiteres Mal eine Augenweide. Die PDF ist wiederum mit einem umfangreichen elektronischen Inhaltsverzeichnis ausgestattet. Für Layout und Ausstattung gibt es damit ein weiteres Mal eine gute Note, auch, wenn die Sortierung des Inhaltsverzeichnisses im ersten Abenteuer durcheinander geraten ist.
Fazit: „Schwanengesang und andere Abenteuer“ ist eine abwechslungsreiche und letztendlich rundum gelungene Sammlung cthuloider Abenteuer. Jedes der enthaltenen Szenarien hat seinen eigenen Reiz und letztendlich dürfte auch für jeden Geschmack etwas dabei sein. Absolut empfehlenswert.
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