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Avatar – Der Herr der Elemente ist eine Fernsehserie mit vielen Fans. Wie viele Rollenspieler:innen haben sich gewünscht, diese Welt auf eigene Faust zu erkunden? Nach einer erfolgreichen Kampagne auf Kickstarter ist Avatar Legends jetzt erhältlich. Am Spieltisch in die Welt von Avatar einzutauchen, ist durch dieses gelungene Rollenspielsystem nun möglich.
Die Spielwelt
Avatar Legends spielt in der Welt, die in den beiden Fernsehserien Avatar – Der Herr der Elemente und Die Legende von Korra sowie zahlreichen Comics geschaffen wurde. In dieser Fantasywelt besitzen einige Menschen und andere Lebewesen die Fähigkeit, eines der vier Elemente – Wasser, Erde, Feuer und Luft – zu bändigen, also zu kontrollieren. Unter den Menschen gibt es einen, der in der Lage ist, alle Elemente zu bändigen: der Avatar.
Dieser gilt als mächtigstes Wesen und als Vermittler nicht nur zwischen Menschen, sondern auch zwischen Menschen und Geistern, die in der Geisterwelt leben. Denn der Avatar selbst ist eine Verbindung aus einem Mensch und einem mächtigen Geist. Daher ist er einem Zyklus unterworfen, durch den er nach dem Tod nach einer festen Reihenfolge in der nächsten Nation wiedergeboren wird. Somit hat jeder Avatar Zugriff auf die Erinnerungen seiner vorherigen Leben.
Die bereits angesprochenen Nationen orientieren sich an den Elementen:
Das Erdkönigreich ist die mit Abstand größte Nation und erstreckt sich über den Osten der Welt. Deshalb weisen ihre Landschaft und Bevölkerung die größte Diversität aller Nationen auf. Die Hauptstadt ist das riesige Ba Sing Se, das durch gewaltige Mauern geschützt wird.
Die Feuernation befindet sich auf einer vulkanisch aktiven Inselkette im Westen. Sie ist von allen Nationen technologisch am fortschrittlichsten und weist ein beachtliches Militär auf.
An den beiden Polen leben die Menschen des Nördlichen und Südlichen Wasserstamms. Ihr Leben ist einfach und von den extremen Bedingungen geprägt, die das Leben an den Polen mit sich bringt.
Die Luftnomaden sind in vier für Nichtluftbändiger:innen schwer zugänglichen Tempeln heimisch, die sich in jeweils einer der Haupthimmelsrichtungen befinden.
Die Welt von Avatar. Markiert sind wichtige Orte.
In Avatar Legends kann man diese Welt anhand von fünf sehr unterschiedlichen Ären erleben, die insgesamt mehrere Jahrhunderte mit vier verschiedenen Avataren umspannen: die Kyoshi-Ära, die Roku-Ära, die Hundertjähriger-Krieg-Ära, die Aang-Ära und die Korra-Ära. Zu erwähnen ist hierbei, dass die Zeiträume, zu denen die beiden Fernsehserien spielen, ausgenommen sind. Die Ereignisse der Abenteuer setzen erst danach ein.
Die Regeln
Avatar Legends ist ein Rollenspiel, dessen Fokus deutlich auf den erzählerischen Aspekten liegt und das auf den PbtA-Regeln basiert. So wird erst gewürfelt, wenn eine Aussage oder Handlung der Charaktere einen der „Moves“ (zum Beispiel „assess a situation“, „guide and comfort“ oder „imtimidate“) triggert. In diesem Fall werden 2W6 gewürfelt und addiert. Hinzu kommt der Wert eines der vier Attribute (der zwischen –1 und +3 liegen kann), welches dem Move zugeordnet ist. Ist das Endergebnis größer als 6, hat man einen schwachen Erfolg erzielt, bei einer 10 oder höher einen starken Erfolg.
Ein Fehlschlag, also 6 oder niedriger, bedeutet nicht zwingend einen Misserfolg. Genauso gut kann das gewünschte Ergebnis eintreffen, jedoch gepaart mit einer negativen Konsequenz. Das Bändigen stellt keinen eigenen Move dar, sondern bietet dem Charakter andere Möglichkeiten, mit seiner Umwelt zu interagieren. So könnten Erdbändiger:innen versuchen, jemanden nicht mit Worten, sondern mit dem leichten Beben der Erde unter ihren Füßen einzuschüchtern.
Die Charaktere besitzen keine Lebenspunkte im eigentlichen Sinn, sondern erhalten „Fatigue“ und „Conditions“. Fatigue kann durch verschiedene anstrengende Aktionen, wie etwa im Kampf, angesammelt werden, wobei fünf Punkte das Maximum sind. Würde man, aus welchem Grund auch immer, mehr bekommen, erhält man stattdessen Conditions. Diese sind Afraid, Angry, Guilty, Insecure und Troubled. Für jede angekreuzte Condition erhält man einen Malus auf zwei bestimmte Moves. Sind bereits alle angekreuzt und man würde eine weitere bekommen, so wird man außer Gefecht gesetzt. Charaktertode sind hierbei nicht vorgesehen – es gibt immer eine andere Lösung, was zudem erzählerisch viel wertvoller ist.
An Orten wie diesem können die Charaktere Ruhe finden.
Wichtig für jeden Charakter ist die „Balance“. Sie stellt zwei (scheinbar) gegensätzliche Prinzipien dar, welche die Grundüberzeugungen widerspiegeln. Diese Prinzipien sind an die Playbooks gebunden, die man als eine Art Archetyp verstehen kann und von denen jeder Charakter einem angehört. So sind die beiden Prinzipien des „Guardian“ Selbstständigkeit und Vertrauen. Während der Abenteuer wird es Situationen geben, die den Charakter mehr in die eine oder andere Richtung treiben. Lehnt er sich zu sehr in eine davon, verliert er die Balance – etwas, das weder für ihn selbst noch die anderen Charaktere gut ist.
Kämpfe sind in Avatar Legends nur als letzter Ausweg vorgesehen. Und selbst dann müssen sie nicht zwingend ausgewürfelt werden, wenn etwa von Anfang an klar ist, welche Seite gewinnen wird. Einen Kampf der Charaktere gegen zwei einfache Straßenräuber muss man ebenso wenig auswürfeln wie den Kampf der Gruppe gegen eine Einheit des Feuernation-Militärs. Ist der Ausgang jedoch unklar, kommt es zu „Exchanges“ zwischen den Parteien. Diese kann man sich wie kurze Kampfszenen vorstellen, die aus mehreren Aktionen zwischen Kontrahent:innen bestehen, bevor der Fokus auf andere Kämpfende gelegt wird und so weiter.
Zu Beginn des Kampfes wählen alle eine von drei Herangehensweisen, die sich als offensiv, defensiv und passiv zusammenfassen lassen. Die Herangehensweise bestimmt, welche Aktionen man im ersten Exchange anwenden kann. Sind alle Exchanges abgehandelt, kann eine andere Taktik gewählt werden. Schaden, also Fatigue, wird durch Aktionen der offensiven Herangehensweise erhalten und ausgeteilt.
Über die Spielregeln hinaus vermittelt Avatar Legends auf über 60 Seiten alles Wichtige und viel Interessantes über die Spielwelt und gibt auf weiteren 38 Seiten der Spielleitung alles an die Hand, um das System leiten und eigene Abenteuer erstellen zu können. Für erfahrene SL handelt es sich hierbei eher um hilfreiche Tipps, für neue SL allerdings um nützliche Richtlinien, an denen man sich entlanghangeln kann. Das Gelernte lässt sich am ebenfalls enthaltenen Abenteuer „The Vanishing Act“ austesten.
In der Welt von Avatar gibt es viel zu entdecken.
Charaktererschaffung
Die Basis für die Erschaffung jedes Charakters stellt eines der zehn Playbooks dar. Durch sie wird wertetechnisch das Meiste vorgegeben, doch einige wichtige Entscheidungen gilt es dennoch zu treffen. Jedes Playbook enthält Angaben über die Startwerte der Attribute (eines davon darf um einen Punkt erhöht werden) sowie verschiedene Moves, von denen zwei ausgewählt werden. Neben Vorschlägen zum grundlegenden Auftreten des Charakters und dazu, wie die Verbindungen zu den anderen SC aussehen könnten, besitzt jedes Playbook zwei zu ihm passende Prinzipien, zwischen denen die Balance gehalten werden muss. Sie bestimmen tiefergreifend, wie der Charakter sich verhält.
Das Konzept der Playbooks erklärt – Ein Beispiel: The Bold
Charaktere mit diesem Playbook sind davon überzeugt, dass sie das Potenzial für etwas Großes in sich tragen. Auch wenn sie wissen und es von außen bestätigt bekommen, dass sie noch nicht so weit sind – irgendwann werden sie es sein! Diese Charaktere versuchen, sich zu beweisen. Sie stellen sich als selbstsicher dar, auch wenn dies oft nur eine Fassade ist, um von sich und den eigenen Fähigkeiten zu überzeugen. Dennoch ist nicht alles nur Schein, denn sie sind bestrebt, die Welt zu verbessern – besonders für die Personen, die ihnen am wichtigsten sind.
Die beiden Prinzipien dieser Charaktere sind Loyalität und Selbstvertrauen. Auf der einen Seite kümmern sie sich um andere, manchmal mehr als um sich selbst, und ordnen sich ihnen gar unter, und auf der anderen Seite steht der Glaube an sich selbst, die eigenen Fähigkeiten und somit auch eine gewisse Unabhängigkeit.
Im Playbook selbst heißt es:
„The Bold fights to live up to their self-image and earn others’ trust and confidence. Play the Bold if you want to build your reputation and leadership skills.“
Neben der Wahl des Playbooks ist die Entscheidung, welches Training der Charakter absolviert hat, am wichtigsten. Hier steht das Bändigen eines der vier Elemente, Waffen oder Technologie zur Auswahl. Damit verbunden sind weitere Moves und Spezialisierungen (wie etwa das Metallbändigen), die mit der Zeit erlernt werden können. Zum Schluss werden Aussehen, Herkunft und Verhalten des Charakters festgelegt. Ausrüstung kann frei gewählt werden, wobei sich manches bereits durch das Playbook ergibt.
Mit der Zeit können Charaktere fortgeschrittene Techniken erlernen – wie das Lavabändigen.
Da mit der Wahl des Playbooks aus regelseitiger Sicht das meiste bereits abgehandelt ist, dauert die Erschaffung nur wenige Minuten. Um dem Charakter einen Hintergrund und eine Persönlichkeit zu geben, kann man sich natürlich so viel oder wenig Zeit nehmen, wie man möchte.
Spielbarkeit aus Spielleitungssicht
Das Regelsystem und die Welt von Avatar passen sehr gut zusammen. Die Regeln sind leicht zu lernen, was Avatar Legends auch für Rollenspielneulinge interessant macht. Der narrative Fokus des Systems ist hervorragend, denn so lassen sich am Spieltisch gemeinsam Geschichten erzählen, die ebenso gut eine Episode aus der Serie sein könnten – so authentisch und nahtlos fügen sich die Handlungen aus dem Rollenspiel ein.
Positiv ist auch, dass Kämpfe meist als optional angesehen werden. Das macht kreativere Optionen attraktiv und schafft mehr Raum für Rollenspiel. Lediglich die Moves können anfänglich einschränkend wirken. Oft möchten die Spieler:innen etwas unternehmen, das nicht durch einen Move abgedeckt, aber dennoch zu wichtig ist, um nicht ausgewürfelt zu werden. Hier ist Kreativität bei der Auslegung der Moves gefragt – und genau diese Freiheit besitzen sowohl SL als auch Spieler:innen in Avatar Legends.
Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Einfälle.
Das Abenteuer „Earth & Root“ (aus dem Erweiterungsband Wan Shi Tong’s Adventure Guide) bietet der Spielleitung viele Gestaltungsmöglichkeiten. Es werden lediglich die Rahmenbedingungen sowie die unterschiedlichen Fraktionen und deren Wünsche vorgestellt. Alles andere entwickelt sich am Spieltisch und ist primär spieler:innengeleitet. Railroading gibt es hier keines. Die vorgefertigten SC bestehen nicht nur aus Werten, sondern haben auch kleine Vorstellungstexte, die sie lebendig machen. Die Charaktere passen wunderbar in das Abenteuer, und trotzdem war das Integrieren eines selbst erstellten SC kein Problem.
Spielbarkeit aus Spieler:innensicht
Auch bei den Spieler:innen ist der Eindruck entstanden, dass das System sich gut in das Avatar-Universum einfügt. Sowohl für Fans als auch für Neulinge gestaltet sich das Einfinden in die Welt und die Regeln leicht und schnell. Ebenso wurde die Diversität der Serien und Comics weitergeführt. So stehen Bändiger:innen keineswegs im Mittelpunkt, und es gibt die Möglichkeit für verschiedenste Charakterkonzepte auch außerhalb des Bändigens. Menschen mit Behinderung werden ebenso einfach integriert und nicht ausgeschlossen.
Menschen, die kein Element kontrollieren können, sind Bändiger:innen keineswegs unterlegen.
Der narrative Ansatz ist zunächst etwas ungewohnt, wenn er nicht dem normalen Spielstil der Mitspielenden entspricht, wurde aber am Ende als sehr positiv empfunden. Die Möglichkeit der Mitgestaltung sowie der spieler:innengeleitete Fokus des Abenteuers und die Wichtigkeit der Dialoge untereinander hat allen gut gefallen.
Das Konzept der Balance ist zu Beginn etwas schwer zu greifen, dennoch ist es spannend und wird gerade bei längeren Kampagnen zusätzliche Tiefe für die Charaktere mit sich bringen.
Spielbericht
Für den Spieltest wurde das Abenteuer „Earth & Root“ aus dem Erweiterungsband Wan Shi Tong’s Adventure Guide gespielt. Es findet während der Kyoshi-Ära in Ba Sing Se, der Hauptstadt des Erdkönigreichs, statt. Drei Charaktere, zwei vorgefertigte und ein selbst erstellter, stürzten sich in das Abenteuer. Doch zuvor wurden noch die Beziehungen untereinander sowie zu zwei wichtigen NSC festgelegt. Insgesamt nahm das Abenteuer etwa drei Stunden in Anspruch.
Wer es noch selbst als Spieler:in erleben möchte, sollte den nächsten Teil überspringen.
Die Charaktere
Jing (Playbook: The Prodigy, vorgefertigt)
Sie ist eine Überfliegerin, die schon in jungen Jahren an der Universität von Ba Sing Se studierte. Jing entwickelt unzählige sonderbare Tränke und Tinkturen. Mit einem offenen Herzen hat sie sich ihrer Freunde angenommen, auch wenn diese so ihre Macken haben – aber Jing kann alles reparieren.
Sarnai (Playbook: The Guardian, vorgefertigt)
Er ist ein eher kurz geratener, junger Mann, dem man das Aufwachsen auf der Straße im unteren Ring von Ba Sing Se ansieht. Besonders der leicht grimmige Gesichtsausdruck, die dunklen, durcheinander zurückgebundenen Haare und die wachen, grünen Augen zeugen von einer eher durchwachsenen Kindheit. Nichtsdestotrotz trägt der Wächter sein Herz auf der Zunge und würde alles für seine Freunde geben, welche mehr eine Familie für ihn sind. Er ist in unauffällige Farben gehüllt und trägt einen Kampfstab bei sich, auf dessen Enden er beliebige Gegenstände oder Waffen schrauben kann.
Cai (Playbook: The Bold, selbsterstellt)
Sie ist eine junge und quirlige Erdbändigerin, die ursprünglich aus dem oberen Ring von Ba Sing Se stammt. Nach einem Zerwürfnis mit ihrer Familie zog sie zusammen mit ihrem Sugar-Glider Qifu in den mittleren Ring. Dort verdient sie ihr Geld als Künstlerin, doch ihre wahre Leidenschaft gilt ihrer zweiten Tätigkeit: dem Instandhalten der gewaltigen Inneren und Äußeren Mauern Ba Sing Ses. Cai hat oft waghalsige Ideen, ist stets darauf bedacht, ihr Bändigen zu verbessern, und will sich anderen – nicht zuletzt ihren Freunden – beweisen.
Earth & Root
Zu Beginn werden die Charaktere von Rangi zu einem dringenden Treffen gebeten. Rangi stammt aus der Feuernation und ist eine enge Vertraute von Avatar Kyoshi. Vor einigen Wochen haben die drei SC ihr geholfen und sie anscheinend nachhaltig beeindruckt. Nun eröffnet sie ihnen, dass Gerel und Keiko, die beiden Kinder der Feuerbotschafterin Quin, entführt wurden. Sowohl die Feuerbändiger:innen unter dem Kommando der Botschafterin als auch die Antikorruptionseinheit (ACTF) der Stadt hatten bisher keinen Erfolg bei der Suche. Letztere nutzen jedoch die Gelegenheit, um reihenweise Verhaftungen im unteren Ring vorzunehmen. Zu allem Überfluss soll Mengyao, eine Freundin der Charaktere, etwas damit zu tun haben. Es steht also außer Frage, dass sie helfen werden.
Zuerst suchen die drei Mengyao in ihrem Zuhause im unteren Ring auf, müssen aber feststellen, dass die ACTF bereits dort ist. Da die Wohnung sich direkt an der inneren Mauer befindet, kann Cai sich mit der Behauptung, es gäbe Sicherheitsbedenken, was den Zustand der Mauer angeht, Zutritt verschaffen. Zwei von Quins Feuerbändigern, die ebenfalls Eintritt verlangen, werden jedoch abgewiesen. Jing verwickelt sie in ein Gespräch und wird in das Teehaus Weißer Kranich im mittleren Ring eingeladen, um dort weitere Informationen zu erhalten. Schließlich stößt Cai wieder zu ihnen. Sie hat herausgefunden, dass Mengyao noch nicht gefunden wurde und dass der Anführer der ACTF Vorbehalte gegenüber Leuten aus der Feuernation hegt – um es milde auszudrücken.
Im Teehaus angekommen stellt sich heraus, dass die Kinder von dort entführt wurden. Ein Pfeil wurde gefunden, der Mengyao zugeordnet werden konnte. Die Charaktere glauben jedoch nicht an ihre Schuld und halten es eher für ein abgekartetes Spiel. Sarnai erfährt schließlich von einem Angestellten, dass dieser nach der Entführung den Geruch von stinkender Nudelsuppe wahrnehmen konnte. Und tatsächlich erinnert Sarnai sich an einen Laden im unteren Ring, der die stinkendste Nudelsuppe der ganzen Stadt verkauft.
Ba Sing Se, die Hauptstadt des Erdkönigreichs, besitzt gigantische Ausmaße.
Das nächste Ziel steht also fest: Gan’s Nudelladen. Dort fällt den Charakteren auf, dass immer wieder Leute eintreten, aber direkt in einem Hinterzimmer verschwinden. Eine von ihnen erkennt Sarnai als Hana, ein Mitglied der Triade „Goldener Flügel“. Die Versuche, selbst in den abgesperrten Bereich zu gelangen, sind erfolglos. Dafür erfahren die Charaktere, dass Lei Fang, der Anführer einer anderen kriminellen Bande, die undurchsichtige Situation nutzt, um Konkurrent:innen auszuschalten.
Nach einigem Hin und Her beschließen die drei, sich auf die Lauer zu legen und Hana abzufangen, wenn sie den Nudelladen verlässt. Tatsächlich gelingt es ihnen, die Frau zu überraschen. Da Hana hoffnungslos unterlegen ist, ist ein Kampf aussichtslos. Leider weiß sie nicht genau, wo die Kinder sind, vermutet sie aber an einem von zwei möglichen Orten.
Die Wahl der Charaktere fällt auf einen leerstehenden Holzlagerplatz. Dort können sie zwei Wachen belauschen. Und wirklich: Gerel und Keiko werden hier festgehalten. Während eine der Wachen den Kindern etwas zu Essen bringt, lenken die SC die andere ab und folgen der ersten. In einer Ecke finden sie ein Erdloch, das Cai mithilfe ihres Bändigens öffnen kann. Sie hält die Wache in Schach, während Jing und Sarnai die Kinder in Sicherheit bringen. Zu fünft schlagen sie sich bis zum Teehaus durch, wo eine überglückliche Botschafterin ihre Kinder endlich wieder in die Arme schließen kann.
Erscheinungsbild
Das Grundregelwerk ist ein hochwertiger Hardcoverband im DIN-A4-Format. Die Schrift ist gut zu lesen, wichtige Begriffe sind hervorgehoben. Viele vollfarbige Bilder und Zeichnungen lassen den Text lebendig werden. Diese stammen teilweise direkt aus den Fernsehserien oder wurden überzeugend im gleichen Stil erstellt. Jedes Kapitel wird mit einer beeindruckenden, zweiseitigen Zeichnung eingeleitet. Inhaltsverzeichnis, Index, zwei Lesebändchen sowie Seitenverweise im Text erleichtern die Navigation sehr. Davon abgesehen ist das Buch inhaltlich logisch aufgebaut. Insgesamt überzeugt es in Aufmachung, Stil und Layout auf ganzer Linie.
Die neuen Charaktere sind so überzeugend, dass sie aus den Serien oder Comics stammen könnten.
Bonus/Downloadcontent
Auf der Internetseite von Magpie Games lassen sich PDFs zu den grundlegenden Regeln sowie die Charakterbögen der Playbooks aus dem Grundregelwerk und Wan Shi Tong’s Adventure Guide zum Ausdrucken herunterladen.
Fazit
Avatar Legends erfindet das Rad nicht neu – das muss es aber auch gar nicht. Vielmehr ist es gelungen, ein Regelwerk zu schaffen, das zur bereits bestehenden Welt von Avatar passt. Damit ist es genau das, was es sein soll: die Umsetzung einer großartigen Fernsehserie in ein großartiges Rollenspielsystem. Auf 300 Seiten bekommt man durchgehend hochwertige Arbeit geliefert. Ein Muss für rollenspielende Avatar-Fans.
Wir vergeben für Avatar Legends fünf von fünf Kohlköpfen.
Dennoch wurde darauf geachtet, ein Produkt zu liefern, das nicht nur für Fans der Serie geeignet ist. Auf mehr als 60 Seiten wird die Welt von Avatar beschrieben und erklärt. Die Regeln sind auch für Rollenspielneulinge gut zu verstehen und fügen sich nahtlos in die Atmosphäre des Settings ein. Man kann das System spielen und genießen, egal, ob man alle Episoden geschaut und alle Comics gelesen hat oder nicht. Es ist keine Voraussetzung, um die Welt von Avatar uneingeschränkt erleben zu können. Das System verfügt über einen sehr niedrigschwelligen Einstieg für alle Rollenspielenden, die auch nur ein bisschen an der Welt interessiert sind.
Und seien wir ehrlich: Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, eines der Elemente kontrollieren zu können?
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