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CTHULHU: Grundregelwerk Edition 7 €19,95
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CTHULHU: Grundregelwerk Edition 7
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Verlag: Pegasus Press
von Max B. [Verifizierter Käufer]
Hinzugefügt am: 11/11/2016 08:30:55

Cthulhu Grundregelwerk

[Die Rzension bezieht sich zwar auf den gedruckten Band, ist inhaltlich jedoch ebenso für das Pdf relevant.]

Ersteindruck und harte Fakten:

Für 19,95 Euro erhält man einen Hardcoverband, der alles Mögliche - von Regeln bis zu Inspirationen - für den Spielleiter enthält. Auch hier grüßt das charmante Knacken einer Cthulhu-Publikation; entgegen der Tatsache, dass das Buch im üblich stabilen Stil daherkommt. Statt der rauen Seiten von früher erwarten einen wie im Investigatoren-Kompendium dünnere, glatte Seiten, die von der Haptik jedoch angemessen sind. Besonders im Grundregelwerk kommen die Farben zur Geltung, die auf durchdachte Art und Weise Boxen vom Text abheben und meist deren Inhalt widerspiegeln. Blaue Boxen sind Beispiele (die manchmal etwas zu frequentiert vorkommen, generell das Verständnis aber unterstützen), gelbe sind Hinweise. Wie schon in der anderen Rezension erwähnt, gefällt es mir. Einige Zeichnungen sind mir zu knallig, doch alles in allem sagt es mir zu. Dazu trägt auch bei, dass die Seitenhintergründe nun schlohweiß, statt gräulich sind und das Lesen bei Dämmerung erleichtern.

Inhaltlich erwarten einen nicht nur die Regeln und die Hintergründe des Cthulhu-Mythos, sondern auch eine kompetente Hilfe zum Leiten einer Spielrunde. Die Regeln nehmen ungefähr ein Drittel des Umfangs ein, die komprimierten Lexika zum Mythos ebenfalls. Zusätzlich enthält das Buch zwei Abenteuer - ein lineares, ein offen gestaltetes - und ein paar nützliche Tabellen am Schluss.

Im Folgenden gehe ich auf einzelne Punkte näher ein.

Die Struktur und die Kapitel:

Wie auch im Investigatoren-Kompendium erleichtern Symbole für jedes Kapitel die Orientierung. Vom eigentlichen Kern (den Regeln) zur Anwendung (Wie leite ich ein Spiel?) zu Inspirationen (Bestandteile des Cthulhu-Mythos) und schließlich konkreten Beispielen (Abenteuer) gibt das Buch eine klare Struktur vor. Dazu gibt es noch einen Anhang mit Index und einem Glossar.

Dennoch darf eine Einleitung nicht fehlen. Diese ist beinahe identisch gestaltet wie im Kompendium. Schön empfand ich, dass ein anderes Rollenspielbeispiel gewählt worden ist (diesmal das aus alten Editionen bekannte). Ich denke, die Einleitung erfüllt ihren Zweck und kann von langjährigen Spielern und Spielleitern bedenkenlos übersprungen werden. Damit verknüpft, schließt sich eine Einleitung in die Welt Lovecrafts an. Anders als im Investigatoren-Kompendium ist dieser Abschnitt weniger praktisch als vielmehr theoretisch angelegt. Man wird mit Namen bombardiert und irgendwie wird alles Wichtige genannt, beim Lesen hatte ich manchmal trotzdem den Eindruck, als balanciere der Text zwischen Unverständnis und klarer Struktur. Ich halte diesen Text deswegen nicht für gelungen. Er ist jedoch kurz genug, um schnell verdaut zu werden, weswegen etwaige Bedenken unangebracht sind.

An dieser Stelle beginnt der erste große Komplex des Bandes: die Regeln. Ich unterteile an manchen Stellen den Text und bemerke jeweils einige Eindrücke, leider ohne bisher die Möglichkeit gehabt zu haben, Spielpraxis zu sammeln.

Die Charaktererstellungsregeln und Fertigkeiten decken sich mit denen aus dem Begleitbuch. Interessant ist hier, dass sich auch Beispielberufe anschließen, sodass man theoretisch auf das Kompendium verzichten kann. Für mich wäre das nicht denkbar, da die Berufe einer bloßen Auflistung von Fertigkeiten und Bezeichnungen gleichen. Außerdem finden sich hier deutlich weniger Berufe als anderorts. Abseits davon sind die Texte eins zu eins aus dem anderen Buch übernommen. Es finden sich die gleichen Formfehler. Schade - aber dem Zeitdruck geschuldet.

Das Spielsystem legt mit den essentiellen Änderungen los. Dem Spielleiter werden diverse Werkzeuge an die Hand gegeben, der berüchtigen SL-Willkür™ etwas entgegen zu stellen: forcierte Proben und Bonus-/Strafwürfel. Diese sind nach meinem Eindruck der Kern der Neuerungen, um die sich alle anderen Punkte anordnen. Es würde den Rahmen dieser Rezension sprengen, alles durchzusprechen, doch sei gesagt, dass diese Unterschiede zu alten Editionen dezent und wirkunsvoll gleichermaßen daherkommen. Auch die optionalen Regeln bergen ein simples, aber effektives Mittel, um den Spielern ein moderates Kontrollmittel in die Hand zu geben. Besonders toll für meine Gruppe, weil wir dafür vorher eine Hausregel hatten.

Der Kampf ist logischer als vorher und ist gefühlt weniger improvisiert angelegt als in früheren Editionen. Es gibt klare Aktionen und eine Option (Kampfmanöver), die alles andere abdeckt. Übrigens befindet sich an passenden Stellen der Regelabschnitte eine Übersicht der vorgestellten Regeln. Hoffentlich gibt es etwas in der Art auch auf dem Spielleiterschirm. Das Wundensystem finde ich übrigens, ja, nihilistisch, realistisch - wie man es auch nennen mag. Vielleicht ist meine Gruppe pulpiger angelegt, als ich stets vermutet hatte, denn die hier vorgestellten Regeln zur Heilung würden unseren Investigatoren auf täglicher Basis ins Krankenhaus befördern. Immerhin besteht dadurch die Möglichkeit, das ansässige Personal näher kennen zu lernen. Am Ende trumpft das Kapitel mit üppigen optionalen Regeln, von denen einige sinnvoll, einige für meinen Geschmack zu hart geraten sind. Seinen Zweck erfüllen sie jedoch so oder so.

Das kontroverse Kapitel Verfolgungsjagden … ist gar nicht kontrovers. Wer keine Lust darauf hat, kann mit Sicherheit mit den bisher vorgestellten Regeln seine eigene Verfolgunsjagd konstruieren. Ich habe es mir mal durchgelesen und sehe Potenzial. Umsetzbar sind diese Regeln auf jedenfall - aber spontan und improvisiert? Da würde ich meine Probleme bekommen. Schauplätze aus dem Ärmel schütteln, sich diese merken oder mühsam aufschreiben; das stelle ich mir wenig intuitiv vor. Auch hier wird versucht, den Spielern Mitgestaltungsrecht zu geben, was ich lobenswert finde.

Jetzt kommt die Butter bei die Fische: die Geistige Gesundheit. Ein unersetzliches Einstellungsmerkmal Cthulhus. Zunächst funktioniert das System identisch mit dem, was man gewohnt ist. Aber dann folgt der Hammer: Auch hier wird ein in meinen Augen heftiges System vorgeschlagen, das in seiner Unerbittlichkeit jeden Tag eines Investigators zur Bewährungsprobe macht. Es mag sein, dass das auch früher schon so war und ich eben nur meine Hausregeln im Kopf habe. Wie dem auch sei, ich glaube, das System funktioniert und wenn ich ein wenig anpasse, sollte es gehen. Toll finde ich die riesige Tabelle mit Beispielgeisteskrankheiten und wieder die optionalen Regeln.

Magie ist wie gewohnt: vage, subtil und tödlich. So soll es sein. Auch gibt es neue (unspektakuläre) Regeln zum Lesen von Mythos-Werken, die ihren Zweck erfüllen und auf die ich gleichzeitig nicht näher eingehen will. Damit schließt der Regelteil.

Jetzt kommt der Star des Bandes (in meinen Augen): das Spiel leiten. Warum? Na, weil ich trotz jahrelanger Erfahrung genossen habe, diesen Abschnitt zu lesen. Weder versucht er verzweifelt, die alten Inhalte neu aufzuwärmen, noch reduziert er das, was es bereits gab, aufs Mindeste. Hier finden sich praktische, sinnvolle und umfassende Hinweise und Tipps zum Spielleiten, von denen auch ich mir einige Sachen zu Herzen nehmen werde. Soweit ich das sehe, werden viele heikle und wichtige Themen angerissen und in angemessener Kürze besprochen. Das ist eine wahre Fundgrube an Nützlichkeit. Große Klasse!

Der nächste Komplex befasst sich mit dem Mythos und hier kürze ich drastisch ab, da ich nicht von mir behaupten kann, alle Mythoseinträge nochmal gelesen zu haben. Es ist alles da, was man erwartet: Mythos-Werke, Zaubersprüche, Artefakte, Kreaturen, Äußere Götter und Große Alte. Teils ist etwas gefühlt kürzer als zuvor, teils länger - die Auswahl ist für die ersten paar Kampagnen ausreichend und ergiebig. Auch an dieser Stelle möchte ich loben, dass zu fast jedem Mythoswesen ein Beispielabenteuer und -zitat liebevoll herausgesucht worden ist. Da dies stark von den Mitgliedern des Cthulhu-Forums unterstützt worden ist, ist das mal ein Fingerzeig, wie sehr sich Engagement lohnt. Ich freue mich auf das neue Malleus Monstrorum, wenn es ähnlich aufgezogen wird, wie das gegebene Kreaturenlexikon.

Anschließend wird es konkret mit zwei Abenteuern: Inmitten uralter Bäume und ​In der Tinte. Ersteres habe ich gelesen, letzteres als Spieler auf der anRUFung erlebt. Die Abenteuer spiegeln zwei Typenvarianten wider, die ich bisher in einem Grundregelwerk noch nicht gesehen habe: eine lineare und ein offene Struktur.

Inmitten uralter Bäume ist ein kurzweiliges Horror/Action-Gemisch mit unverbrauchter Thematik (wenn man ein Auge zudrückt und dazu bin ich bereit). Der Einstieg ist geradeweg und es werden immer wieder sinnvolle Tipps gegeben, wie man die Charaktere am besten einbinden kann. Dazu bietet das Abenteuer Übersichten, Boxen und wenig ausufernde Bescheibungen. Die Handouts sind überschaubar und generell stimmungsfördernd. ABER ich sehe das Abenteuer (für einen Spielleiter) nicht als Einstiegsabenteuer. Erst dachte ich, hey, wie cool, die haben mal ein normales Abenteuer beigepackt, doch am Ende wird explizit gesagt, dass es ein Einstiegsabenteuer sein soll, was meinem Eindruck zuwider läuft. Dafür sind mir hier zu viele Parteien und Hintergründe am werkeln. Obwohl es linear ist, hat der Spielleiter mittelmäßig zu tun, die Parteien ins Spiel zu integrieren. Besonders hier helfen die Übersichten. Störend fand ich, dass im Text Regeln, die mittlerweile häufig genug erklärt wurden, ein weiteres Mal erklärt werden. Dafür gibt es, wie ich finde, den Regelteil und es handelt sich auch nicht die komplexesten Aspekte des Spiels.

In der Tinte kann ich nur grob einschätzen. Erstmalig findet sich in einem Grundregelwerk ein offenes Abenteuer mit einer Vielzahl an möglichen Akteuren. Man könnte sagen: Sandboxing. Ich fand die Prämisse damals zwar nicht fantastisch, dafür aber ausreichend und klar formuliert. Ohne Umschweife entfaltet sich ein investigativ lastiges Abenteuer mit individueller Entwicklung. Blättere ich durch das Abenteuer, sehe ich viele Charaktere, Übersichten usw., sodass ich vermute, dass hier ebenfalls viel Unterstützung geboten wird. Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass man manchmal Probleme hat, Personen oder Informationen zu finden, weil Charakterwerte und -boxen im Text und nicht am Ende geliefert werden. Insgesamt ein lobenswerter Einsatz und eine interessante Auswahl an Abenteuern.

Der Anhang liefert den eingangs erwähnten Glossar, Konvertierungsregeln (die sich hier endlich am richtigen Ort befinden), nützliche Tabellen, ein Index (den ich lieber als letzte Seiten gehabt hätte, um ihn schneller zur Hand zu haben), willkürlich platzierte Karten und die Charakterbögen. Damit schließt das Buch und enttäuscht nicht.

Fazit:

Das Grundregelwerk stellt keine Revolution dar und trotzdem schafft es, mit leichten und umfassenden Änderungen im Wechsel das Regelsystem zu verbessern. Eine Verbesserung sehe ich in der Spielereinbindung, den häufig intuitiven Regeln und der Grundkonzeption, die für meinen Geschmack aufgeht. Man bekommt eine Menge optionaler Regeln vorgesetzt, die Anstöße liefern, über den Tellerrand schauen und für jeden mehr oder weniger etwas zu bieten haben. Zum Layout möchte ich nur verlieren, dass mir ab und zu aufgefallen ist, dass es weniger Bilder gibt (beispielsweise am Anfang von In der Tinte), was ich schade finde. Ansonsten ist es wie im Investigatoren-Kompendium.

Der Preis ist mehr als fair, die Inhalte überzeugen fast durchweg, das Wichtige nimmt den Platz ein, den es braucht, und allen Skeptikern kann ich empfehlen, der neuen Edition eine Chance zu geben und abzuwägen, ob rund 20 Euro es nicht wert sind, dem abgenutzten alten Regelwerk seine wohlverdiente Ruhe zu gönnen.

8,5/10



Wertung:
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